REICHSHOF
Kampf ums Schwimmbad Bergerhof: Bürgerbegehren geplant
Reichshof – Die Bürgerschaft rund um Wildbergerhütte will um den Erhalt des Schwimmbades kämpfen - DLRG-Ortsgruppe sammelte über die Ferien bereits fast 800 Unterschriften für eine Petition, weitere Schritte sollen folgen.
Von Peter Notbohm
Gibt es doch noch eine Zukunft für das Schwimmbad Bergerhof in Wildbergerhütte (OA berichtete)? Aus Reihen der Bürgerschaft (unter anderem von der Dorfgemeinschaft Wildbergerhütte) gibt es Bestrebungen, zur nächsten Ratssitzung in Reichshof ein Bürgerbegehren zu initiieren. Eine Petition zum Erhalt des Schwimmbades von der DLRG-Ortsgruppe Reichshof wurde bereits von 780 Bürgern unterschrieben und soll in Kürze an das NRW-Kultusministerium überreicht werden.
Mitte Dezember hatte Reichshofs Politik im Rahmen der Haushaltsplanungen mit Stimmen von CDU, FDP und Grünen bei den Sanierungsmaßnahmen den Rotstift angesetzt (OA berichtete). Für das gesamte Projekt plante man im Rathaus mit Kosten zwischen 7,8 und 8 Millionen Euro. Ein bereits sicherer Fördermittelbescheid über 2,5 Millionen Euro wurde an den Bund zurückgegeben, der Antrag auf weitere Landesförderung zurückgezogen. Durch die Landesmittel wären bis zu 80 Prozent der Sanierungsarbeiten gefördert worden (OA berichtete). Es gibt Pläne, das Schwimmbad in das Raumkonzept der Grundschule einfließen zu lassen und daraus eine Aula zu machen.
Die Vorsitzende der DLRG-Ortsgruppe Liane Prübusch nannte das Vorgehen der Politik im Rahmen eines Pressegesprächs eine Frechheit. Man sei weder von Vertretern der Gemeinde noch von Parteien hierzu befragt oder angehört worden. Auch Teile der Politik seien von dem Vorschlag in der Ratssitzung vollkommen überrascht worden. Die geplanten Kosten für die Sanierung und vor allem die Kosten für die Unterhaltung des kleinen Bades zweifeln die DLRG-Mitglieder angesichts der geplanten energetischen Arbeiten an.
In derselben Ratssitzung war der Hahnenseifenerin noch der Ehrenamtspreis für ihr langjähriges Engagement überreicht worden (OA berichtete). Den Ratsbeschluss fast zwei Stunden später empfinden die Ehrenamtler hingegen so, als ob man ihnen den Teppich unter den Füßen weggezogen hätte. „Den Kindern wird die Grundlage des Schwimmens in diesem Bad durch unseren Verein ermöglicht“, spricht Prübusch von einer Herzensangelegenheit.
[Schwimmbecken verfügt über einen absenkbaren Hubboden und ist damit optimal für den Schwimmunterricht geeignet.]
In den Schwimmstunden der DLRG Reichshof, die seit 1968 den Schwimmbetrieb in dem Bad verrichtet, nutzen etwa 50 bis 70 Kinder wöchentlich das 12,5 x 8 Meter kleine Schwimmbecken, das mit einem Hubboden ausgestattet ist, der auf bis zu 1,70 Meter Wassertiefe abgesenkt werden kann. Zusätzlich findet vormittags das Schulschwimmen der Regenbogenschule statt. Genutzt wird das Schwimmbad zudem von Gruppen der Fuchsberger Jugendhilfe, der DJK Friesenhagen, dem DRK Freudenberg und der Kreisvolkshochschule.
Dass die Wasserzeiten auf die Schwimmbäder in Hunsheim und Eckenhagen aufgeteilt werden, hält Tanja Hacke, die seit sieben Jahren ehrenamtlich das Schwimmtraining organisiert und durchführt, für nicht umsetzbar: „Die Fahrten wird nicht jedes Elternteil stemmen können.“ Auch für die Ehrenamtler seien die deutlich weiteren Strecken nur schwer zu bewältigen. Häufig kämen sie direkt vom Job in die Schwimmhalle.
Auch das Schulschwimmen wird aus Sicht der Ehrenamtler Abstriche machen müssen. Die Schüler aus Wildbergerhütte und Denklingen müssten zunächst mit dem Schulbus transportiert und dann auch noch in bereits volle Belegungspläne hineingequetscht werden. 30 Minuten alle 14 Tage in einer Doppelstunde Schulunterricht- mehr werde wohl nicht übrig bleiben. Aus Prübuschs Sicht auch ökologisch ein völliger Irrsinn: „Die Kosten gehen zu Lasten der Gemeinde, der Problematik der Klimaerwärmung dient es auch nicht.“
Die DLRG-Ortsgruppe Reichshof sieht sich durch den Ratsbeschluss auch in ihrer Existenz bedroht. Aktuell habe man 207 Mitglieder (allein 37 Neuzugänge in 2024). Einen Umzug in ein anderes Bad werde nicht jedes Mitglied mitmachen können. Die Folgen: sinkende Mitgliedsbeiträge. Darunter leide am Ende auch das Ehrenamt, so André Gundlach: „Ein Rettungsschwimmer ohne Schwimmbecken funktioniert nicht.“ Der Verein habe immer wieder Anfragen aus Eckenhagen für Bademeistertätigkeiten. „Wenn wir keine Schwimmer heranziehen, können wir auch niemanden nachliefern!“
Wie wichtig die Arbeit der DLRG ist verdeutlicht Trainerin Kristin Liedke-Uhle: „Nach Corona konnten hier 95 Prozent der eingeschulten Kinder nicht schwimmen. Das hat sich zum Glück inzwischen wieder geändert, sodass wir auch wieder Vierjährige zur Wassereingewöhnung einladen konnten und nicht erst im Alter von sechs Jahren starten können.“
[Bis zur nächsten großen Reparatur soll das Schwimmbad noch genutzt werden. Im Anschluss könnte eine Aula für die Schule entstehen. Was genau größere Reparaturen bedeuten kann im Reichshofer Rathaus derzeit aber niemand genau beantworten. Kleine Arbeiten sollen weiterhin gemacht werden.]
Für das Bürgerbegehren müssen die Initiatoren eine Mindestzahl der Wahlberechtigten mobilisieren. In Reichshof mit seinen fast 19.000 Einwohnern sind das laut NRW-Gemeindeverordnung neun Prozent. „Wir werden von Tür zu Tür gehen“, so Prübusch. Liegen alle Voraussetzungen vor, muss sich der Gemeinderat mit dem Bürgerbegehren innerhalb von acht Wochen befassen. Stimmt er diesem zu und setzt es um, ist das Verfahren beendet. Tut er dies nicht, kommt es zu einem Bürgerentscheid: Alle Stimmberechtigten der Gemeinde können dann über das Begehren abstimmen. Das Ergebnis eines Bürgerentscheids hat die Wirkung eines Ratsbeschlusses und kann innerhalb von zwei Jahren nur durch einen vom Rat beantragten neuen Bürgerentscheid abgeändert werden.
Sarah Schmidt, Allgemeine Vertreterin des Bürgermeisters, sagte auf OA-Nachfrage, dass die Verwaltung den Fördermittelbescheid noch vor den Weihnachtsferien schriftlich zurückgeschickt, hierrüber aber noch keine Bestätigung erhalten habe. Ob die Fördermittel damit – selbst bei einem erfolgreichen Bürgerbegehren - bereits endgültig verloren sind, dazu konnte sie keine Angaben machen. Dies müsste dann juristisch geklärt werden.
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