REICHSHOF

Keine Koalitionsgespräche: Reichshofs Politik steht vor Wechselmehrheiten

pn; 04.11.2025, 15:58 Uhr
Foto: Peter Notbohm ---- Gerald Zillig (li.) und Karl Bodo Leienbach (r.) wurden in der ersten Sitzung des Reichshofer Gemeinderates zu den Stellvertretern des neuen Bürgermeister Jan Gutowski (m.) gewählt.
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Keine Koalitionsgespräche: Reichshofs Politik steht vor Wechselmehrheiten

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pn; 04.11.2025, 15:58 Uhr
Reichshof – Das Ergebnis der Kommunalwahl im Reichshof macht die Bildung einer Koalition nicht einfach – Bürgermeister Gutowski wünscht sich faire Zusammenarbeit auf Augenhöhe – Vertreter des Bürgermeisters gewählt.

Von Peter Notbohm

 

Als erster der neun neuen Bürgermeister im Oberbergischen Kreis wurde Jan Gutowski am Montagabend offiziell von der Reichshofer Gemeindepolitik in sein Amt eingeführt. Kurz und knackig verlief dabei die konstituierende Sitzung des neuen Reichshofer Gemeinderates im Rathaus in Denklingen. Viel zu entscheiden gab es allerdings auch noch nicht. Nachdem der Altersvorsitzende Karl Bodo Leienbach die Sitzungsleitung an den neuen Bürgermeister übergeben hatte, standen nur wenige formelle Punkte auf der Tagesordnung.

 

Auch der parteilose Gutowski hielt sich vor einigen Zuschauern im Ratssaal in seiner Antrittsrede kurz und knapp. Der Wahlkampf sei nun beendet, er freue sich auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit mit dem Rat, sagte der 48-Jährige. An die erfahrenen Ratsmitglieder hatte er die Bitte, die neuen Kollegen mitzunehmen: „Lassen Sie uns fair und auf Augenhöhe arbeiten und diesem Gremium die Würde erweisen, die ihm gebührt. Das Wohl der Gemeinschaft muss unser Ziel sein.“

 

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Wie gut diese Zusammenarbeit in Zukunft funktionieren wird, dürfte eine der spannendsten Fragen der kommenden fünf Jahre im Reichshof werden. Vieles deutet auf Wechselmehrheiten hin. Zumindest bei der Wahl der beiden Stellvertreter von Jan Gutowski gab es zwei klare Lager. CDU, SPD, Grüne und FDP waren eine Listenverbindung eingegangen und hatten Gerald Zillig (SPD) und Lukas Hillen (FDP) nominiert. Die neu im Gemeinderat vertretene AfD, die auf Anhieb zweitstärkste Fraktion geworden ist, verzichtete auf einen eigenen Kandidaten. Die FWO nominierte erneut Karl Bodo Leienbach.

 

23 Stimmen entfielen auf die Listenverbindung der vier Parteien, 14 Stimmen auf Leienbach bei einer Enthaltung. Zwar fand die Wahl geheim statt, es dürfte allerdings offensichtlich sein, dass Leienbach mit Stimmen der AfD zum 2. stellvertretenden Bürgermeister gewählt wurde. „Das war von uns überhaupt nicht ins Kalkül gezogen und auch so nicht geplant“, gab der FWO-Fraktionsvorsitzende Reinhard Krumm am Dienstag gegenüber Oberberg-Aktuell zu Protokoll.

 

Seine Partei hatte sich im Wahlkampf deutlich von der AfD abgegrenzt und auch nach der Kommunalwahl keinen Kontakt aufgenommen, eine Anfrage der AfD sogar unbeantwortet gelassen. Daran werde sich auch vorerst nichts ändern, so Krumm, dessen Ziel es bleibt, eine Politik für die Bürger Reichshofs zu machen: „Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir keine Veranlassung für Gespräche mit der AfD. Für eine Zusammenarbeit müsste man erst einmal gemeinsame Ziele haben.“ Das neue Team aus Gutowski, Zillig und Leienbach ist für ihn dabei eine starke Besetzung. Enttäuscht zeigte sich Krumm hingegen von CDU und SPD, die bislang keinerlei Signale in Richtung der FWO für Koalitionsgespräche geschickt hätten. „Das war in meinen 16 Jahren als Ratsmitglied sonst immer üblich. Wir werden nicht nur ignoriert, sondern fast schon geschnitten.“

 

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Funke gab indessen an, dass seine Partei bewusst keine Koalitionsgespräche geführt habe: „Wir sind vom Wähler abgestraft worden. Mit 13 Sitzen sind wir zwar weiter die stärkste Fraktion, daraus leiten wir bei einem Rat mit 39 Mitgliedern aber nicht zwingend einen Regierungsauftrag ab.“ Man wolle nun zunächst einmal abwarten, bei welchen Themen der neue Bürgermeister Schwerpunkte setzen wird. Die CDU wolle themengebundene Politik zum Wohl der Gemeinde machen, so Funke gegenüber Oberberg-Aktuell. Dabei müsse man auch sehen, wie AfD und FWO künftig auftreten werden. Dass es dabei auch zu gemeinsamen Beschlüssen mit der AfD kommen wird, sei nicht auszuschließen, so der CDU-Fraktionsvorsitzende: „In der Regel werden mehrheitliche und einstimmige Beschlüsse gefasst. Bei Themen, die dem Wohl der Gemeinde dienen, sollte das nicht verhindert werden.“

 

Beschlossen wurden am Montag schon einmal die Bildung und die Größe der künftigen Ausschüsse. Auf Antrag des Bürgermeisters wurde der Ausschuss für Tourismus und Kultur einstimmig aufgelöst. Die Themen werden künftig im Haupt- und Finanzausschuss besprochen. Im Rathaus erhofft man sich dadurch mehr Effizienz. Die Streichung habe nichts mit der inhaltlichen Bedeutung der Themen für die Gemeinde zu tun. Die sei weiterhin gegeben, betonte Gutowski. Vielmehr habe der Ausschuss zuletzt nur wenig selbst beschlossen, sodass man die Zeit der Ratsmitglieder und der Rathausmitarbeiter durch den Zusammenschluss effizienter einsetzen könne. Wie die Ausschüsse personell besetzt werden, beschließt Reichshofs Politik erst kommende Woche.

 

Seinen ersten offiziellen Arbeitstag bezeichnete der neue Bürgermeister indessen als „lang und dennoch angenehm“. Von der Verwaltung sei er sehr gut aufgenommen worden. Dringlichste Aufgabe ist für ihn nun die Haushaltseinbringung kommende Woche, für die er sich mehr Zeit gewünscht hätte – auch für die neuen Ratsmitglieder, die nun kaum die Zeit hätten, sich in der Tiefe in die Themen einzuarbeiten. „Der Haushalt wird die erste große Hürde. Sobald die Eckdaten stehen und ich weiß, wofür welche Gelder zur Verfügung stehen, werden wir die Themen priorisieren“, so Gutowski.

 

Sitzverteilung im Rat

CDU: 13; AfD: 8; FWO: 6; SPD: 5; Grüne: 3; FDP: 2; Die Linke: 1

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