REICHSHOF

Letzte Ruhe im Wald: Reichshof plant Bestattungswald

pn; 16.07.2025, 16:00 Uhr
Symbolfoto: Johannes Plenio auf Pexels
REICHSHOF

Letzte Ruhe im Wald: Reichshof plant Bestattungswald

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pn; 16.07.2025, 16:00 Uhr
Reichshof – Eine naturnahe Bestattung soll bald in Sinspert möglich sein – Im Gemeinderat wurden Pläne für einen Bestattungswald in einem 18 Hektar großen Waldgebiet vorgestellt – Betrieben werden soll er durch die Firma RuheForst.

Von Peter Notbohm

 

Die Bestattungskultur hat sich längst gewandelt. Vor allem der Trend zur Urnenbestattung ist ungebrochen hoch. Die Gräber müssen dabei nicht unbedingt auf einem Friedhof angelegt sein. Besonders die letzte Ruhe in Bestattungswälder erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Auch in Reichshof, wo die Bestattungszahlen zuletzt rückläufig waren, soll nun eine weitere Möglichkeit der letzten Ruhe eröffnet werden, um verstorbene Menschen naturnah und würdevoll zu bestatten.

 

Im Reichshofer Gemeinderat haben Waldbesitzer Eckhard Schulte und Frank Zulauf, von der Firma RuheForst aus Erbach, einem der beiden großen Anbieter für Bestattungswälder in Deutschland, entsprechende Pläne vorgestellt. Der Ruheforst soll in einem 18 Hektar großen Waldgebiet in Nähe der Ortschaft Sinspert nördlich der Kapelle entstehen. Das Areal verfügt über einen Laubwald in zentraler Lage und eine gute Autobahnanbindung, was das Projekt auch für auswärtige Bürger zusätzlich attraktiv machen soll.

 

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Schulte hat selbst bis 1995 in Sinspert gelebt, ehe es ihn beruflich ins Siegerland verschlug. „Meine Liebe und Verbundenheit galt immer dem Wald“, sagt er. Über die Jahre hat er deshalb seinen Waldbesitz im Oberbergischen sukzessive ausgebaut und betreibt mit weiteren Waldbesitzern einen mittelgroßen forstwirtschaftlichen Betrieb; ihm selbst gehören 12,8 Hektar „Was gibt es Schöneres, als im eigenen Wald beerdigt zu werden?“ Mit dieser Frage ging er auf zehn weitere Waldeigentümer zu und traf damit einen Nerv. Mit einer Ausnahme waren alle an Bord. Er sieht den Ruheforst als überregionales Projekt, das ein Potential für den gesamten Kreis und darüber hinaus bietet.

 

Mit der Firma RuheForst wendete er sich an Profis. Die Firma hat bundesweit zurzeit 86 Bestattungswälder in ihrem Portfolio. Rund 16.000 Beisetzungen finden dort pro Jahr statt; insgesamt werden jährlich etwa 25.000 Kundennutzungsverträge abgeschlossen. Die Besonderheiten eines Ruheforst erklärt Frank Zulauf: „Die Urne eines verstorbenen Menschen wird in einem Ruhebiotop beigesetzt. Die Grabpflege übernimmt die Natur.“

 

Bei Ruhebiotopen handelt es sich um kleine Areale innerhalb eines Ruheforsts. Sie unterscheiden sich durch verschiedenartigste Naturelemente unter Bäumen, Baumgruppen, Findlingen oder Stubben. Bis zu 18 Urnengräber finden dort in einem Abstand von 2,5 Metern zum Stammfuß Platz. Die Gräber werden präzise vermessen, dokumentiert und dauerhaft mit Nummern gekennzeichnet. Zusätzlich werden sie in einem Kataster erfasst und sind IT-unterstützt. Die Planer rechnen mit 80 bis zu 100 Bäume pro Hektar. Das Areal gilt als befriedet. Zulauf: „Es gibt keine Forstwirtschaft, keine Jagd, keine Friedhofsatmosphäre, einfach Natur pur.“

 

Ruhebiotope können durch eine Einzelperson, durch Familien (nicht zwingend blutsverwandt) von bis zu zwölf Personen oder als Gemeinschaftsbiotop für bis zu 18 Personen schon vor dem Tod erworben werden. Das Nutzungsrecht gilt für 99 Jahre. Auf Interessierte kommen zweimal Kosten zu: Zum einen das einmalige Nutzungsendgeld für die gesamte Vertragslaufzeit mit der RuheForst sowie das Beisetzungsgeld für die eigentliche Beerdigung, das durch die Gemeinde festgelegt wird. Ein einzelner Urnenplatz kostet etwa 600 Euro. Für Familien gibt es vier Kategorien, die zwischen 3.000 und 7.000 Euro variieren – je nach Baumart und Alter.

 

Im Rathaus begrüßt man das Projekt und sieht vor allem den Vorteil der finanziellen Beteiligung, die den defizitären Friedhofshaushalt ausgleichen könnte, da der Ruheforst nicht auf Bürger Reichshofs beschränkt wäre. Uwe Hoffmann (Grüne) sprach von einem guten Angebot, gab aber auch zu bedenken, dass man Parkplätze mitdenken müsse, da die Zahlen in anderen Friedwäldern explodieren würden. Auch Thomas Funke (CDU) lobte das Projekt: „Das würde unser Angebot im Reichshof abrunden und wäre eine echte Bereicherung.“ Über Themen wie den Verkehr und das Parken müsse man in Zukunft aber noch einmal reden.

 

Die Politik beauftragte die Gemeinde einstimmig, weitere Vertragsverhandlungen mit den Eigentümern der Waldflächen und der RuheForst aufzunehmen. Als Zeitrahmen für die Umsetzung gab Zulauf „mindestens ein Jahr“ an, das hänge von mehreren Faktoren ab. Eckhard Schulte gab bereits ein Versprechen: „Ich werde alles tun, diesen Wald zu einem schönen Ruheforst hinzuführen, mit allen Investitionen und Maßnahmen.“

 

Aus dem Rat

 

  • Einstimmig hat Reichshofs Politik beschlossen, am Entschuldungsprogramm des Landes NRW teilzunehmen. Die Landesregierung hat angekündigt, verschuldete Kommunen über ein Altschuldenentlastungsgesetz bei der Entschuldung zu unterstützen. Jährlich werden hierfür 250 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

 

  • Nächster Schritt für die geplante Sommerrodelbahn in Eckenhagen. Mehrheitlich (4 Nein-Stimmen von Grünen und ÖSL sowie zwei Enthaltungen von SPD und FWO) wurde die Beteiligung der Öffentlichkeit, der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange zur Kenntnis genommen und der die 101. Änderung des Flächennutzungsplanes in Eckenhagen und die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 72 „Freizeitpark Eckenhagen“ beschlossen. Vor dem Rathaus verteilten Kritiker des Projektes Gutscheine „für eine Baumrodungs- und Flächenversiegelungsschau“, die bei Investor Markus Lüdorf einzulösen seien. Sie befürchten eine Totalrodung auf dem Areal sowie eine große Flächenversiegelung. Auch Jürgen Barth (Grüne) kritisierte eine fehlende Anbindung an den ÖPNV, ein steigendes Verkehrsaufkommen und den Eingriff in die Natur und Biodiversität: „Der Mehrwert durch die Rodelbahn ist zu gering und die Belastungen zu groß.“

 

  • Ein Antrag der Grünen, Anhebungen des Grundsteuer B-Hebesatzes künftig an die Inflationsrate zu koppeln, wurde mehrheitlich bei vier Enthaltungen und vier Ja-Stimmen von Grünen, ÖSL und SPD abgelehnt. Jürgen Barth (Grüne) sprach von einem Kompromiss zwischen der Notwendigkeit des Gemeindehaushalts und der Belastbarkeit der Bürger. Marlies Schirp (SPD) nannte es einen wunderbaren Vorschlag, der aber „weder umsetzbar noch realistisch“ sei. Ähnlich äußerte sich Thomas Funke (CDU): „Wir würden gerne zustimmen, aber das wäre Augenwischerei. Wir werden um ein Haushaltssicherungskonzept nicht herumkommen. Die Kommunalaufsicht würde uns sehr schnell auf die Finger klopfen und uns sagen, dass wir unsere Struktur verbessern müssen.“

 

  • Einstimmig bei zwei Enthaltungen von ÖSL und FWO hat der Gemeinderat die kommunale Wärmeplanung beschlossen.

 

  • Die Verabschiedung der neuen ordnungsbehördlichen Verordnung wurde auf Antrag der FDP einstimmig in die neue Ratsperiode verschoben. „Es haben sich einige offene Fragen aufgetan und wir diskutieren noch Themen wie die Plakatierung. Da wäre es nicht gut, das ganze zweimal anpacken zu müssen“, meinte Anja Krämer (FDP).

 

  • Reichshofs Gewerbesteuer stagniert. In seinem Quartalsbericht sprach Kämmerer Dresbach von einem vom 3,9 Millionen großen Fehlbetrag. Aktuell würde die Gemeinde ihre Ausgleichsrücklage noch in diesem Jahr vollständig aufzehren und Kerneigenkapital in Höhe von zwei Millionen Euro in Anspruch nehmen müssen.

 

  • Auf Anfrage der CDU teilte die Verwaltung mit, dass die Kreisverwaltung sich gemeinsam mit der Gemeinde um die Ansammlung von Campingwagen zwischen Odenspiel und Grünschlade kümmern will. Familien der Volksgruppe der Sinti und Roma haben sich hier auf der Durchreise in einer Wasserschutzzone und einem Landschaftsschutzgebiet niedergelassen.

 

  • In Erdingen wird aus Reihen der Bürgerschaft weiterhin ein Tempolimit gefordert. Die SPD schlug erneute Geschwindigkeitsmessungen vor. Bürgermeister Rüdiger Gennies (CDU) sagte, dass dies möglich sei, aber wohl nichts am Verhalten der Autofahrer ändern werde.

 

  • CDU, FDP und Bürgermeister Rüdiger Gennies haben Kritik aus Reihen der SPD und der ÖSL aufs Schärfste zurückgewiesen, wonach viele Entscheidungen mittlerweile in den Ältestenrat verlegt werden und nicht mehr in Rat und Ausschüssen diskutiert werden. Stephanie Schneider (SPD) sprach von fehlender Transparenz und fehlendem Mitbestimmungsrecht. Gennies widersprach vehement: „Es ist legitim, im Ältestenrat Vorabinformationen an die Fraktionsvorsitzenden zu geben. Sämtliche Themen sind anschließend in Rat und Ausschüssen gelandet.“

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