SOZIALES

Potenziale erkennen und Chancen geben

lw; 07.10.2024, 14:37 Uhr
Foto: Lars Weber --- Freuen sich über den neuen Inklusionsbetrieb (v.li.): Geschäftsführer Jens Kämper, Prokuristin Doreen Fiedler, Marita Cordes, stellvertretende Vorsitzende des Vereins Lebenspfade, Josef Neumann von der Sozialstiftung NRW, SHO-Betriebsleiter Florian Hogrebe und Magnus Liebetanz vom Inklusionsdienst.
SOZIALES

Potenziale erkennen und Chancen geben

lw; 07.10.2024, 14:37 Uhr
Oberberg – Lebenspfade Oberberg hat einen Inklusionsbetrieb gegründet, in dem Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten – Förderung unter anderem von der Sozialstiftung NRW.

Von Lars Weber

 

Als Mensch mit einer Beeinträchtigung hat man es nicht leicht, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden. „Diese Menschen sind doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen wie Menschen ohne Beeinträchtigung, und das trotz teils sehr guter Qualifikationen“, sagt Josef Neumann, SPD-Landtagsmitglied und stellvertretender Stiftungsratsvorsitzender der Sozialstiftung NRW. Neumann war heute nach Bomig gekommen, um einen Förderbescheid über 130.000 Euro zu übergeben, damit es wieder ein paar mehr Chancen für diese Menschen gibt. Bestimmt ist das Geld für den neuen Betrieb SHO Service.Handwerk.Oberberg, in dem Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gemeinsam auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten werden. Dahinter steht neben dem Verein Lebenspfade Oberberg als Gesellschafter auch die BWO.

 

Die neu gegründete SHO gGmbH hat ihren Betrieb offiziell vor einer Woche aufgenommen. Die Idee und die Planungen haben aber schon einige Jahre auf dem Buckel, wie Jens Kämper, Geschäftsführer der BWO, der HBW und nun auch der SHO heute bei einem Pressetermin erklärt. „Eigentlich hatten wir die Gründung schon vor Corona geplant.“ Als die Pandemie dann aber kam, ließen sie die Pläne erstmal ruhen. „Die richtige Entscheidung“, so Kämper mit Blick auf die vielen auch finanziellen Unsicherheiten, die durch Corona ausgelöst wurden. Nun war die Zeit aber reif, und Magnus Liebetanz vom Inklusionsdienst trieb mit SHO-Betriebsleiter Florian Hogrebe die Pläne wieder voran. An Bord ist außerdem Doreen Fiedler als kaufmännische Leiterin der SHO.

 

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Eine Lücke schließen: Das ist das primäre Ziel mit der Gründung des Inklusionsbetriebs. Ohne solch ein Unternehmen gelinge es zwar auch ab und an, die Menschen im allgemeinen Arbeitsmarkt unterzubringen. „Aber es ist sehr schwierig“, sagt Kämper. „Trotz des Fachkräftemangels entdecken noch viel zu wenig Betriebe das Potenzial von Menschen mit Behinderung“, ergänzt Josef Neumann. Mehr als 8.000 Arbeitsplätze in NRW in mehreren hundert Inklusionsbetrieben unterschiedlichster Größe gebe es für die Zielgruppe. Im Oberbergischen Kreis gibt es mit der WRS aber nur einen weiteren. WRS bietet unter anderem Serviceleistungen für Krankenhäuser, Reha-Kliniken, Senioren- und Behinderteneinrichtungen oder Ärztehäuser an.

 

Die SHO habe sich bewusst andere Aufgabenbereiche gesucht, die ebenfalls viel Potenzial für einen wirtschaftlich erfolgreich arbeitenden Betrieb bieten sollen. Schwerpunkte werden Hausmeisterservices, Gartenbau und sogenannte E-Checks sein, also die jährliche nötige Überprüfung sämtlicher Elektrogeräte in Unternehmen. „Für größere Elektronikerbetriebe ist diese Aufgabe oft nicht so interessant“, so Hogrebe über den Bereich E-Check.

 

Richtig viel Möglichkeiten sehen die Verantwortlichen für die Hausmeisterservices und Gartenbauarbeiten. Nicht nur, was die Kunden angeht, sondern gerade auch im Aufgabenbereich für ihre Angestellten. Reparaturen, Malerarbeiten, kleine Bauarbeiten, Pflanzungen, Grünpflege und und und – „im Handwerk können wir den Menschen gerecht werden“. Vier Arbeitsplätze für Menschen mit Beeinträchtigungen soll es zunächst geben. Eine Anstellung gibt es bereits, zwei weitere würden zunächst über ein Praktikum an die Aufgabe herangeführt. Auf Sicht könnten die Aufgabenbereiche aber auch erweitert werden, ebenso wie die Zahl der Arbeitsplätze.

 

Besuch im Reichshof
 

Josef Neumann stattete heute auch dem Verein zur Hilfe für psychisch beeinträchtigten Menschen einen Besuch ab. Im Gepäck hatte er einen Förderbescheid über 34.700 Euro für die energetische Sanierung der Wohneinrichtung Hof Müllerheide. Vor allem das Dach soll davon gemacht werden. Im dem zweistöckigen Gebäude wohnen aktuell zwölf Bewohner mit psychischen Beeinträchtigungen, andere Bewohner leben selbstbestimmt an Außenwohnplätzen in der Nähe. Für die Menschen bedeute die energetische Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes „einen enormen Gewinn an Lebensqualität sowie eine langfristige und nachhaltige Sicherung des Wohnens in unserer ländlichen Region im Oberbergischen Kreis“, wird Vereinsvorsitzender Rainer Drevermann in einer Mitteilung zitiert.

 

Zum Start werden insgesamt rund 600.000 Euro in die Hand genommen, neben der Sozialstiftung NRW unterstützen auch die Aktion Mensch und der LVR die Gründung. 20 Prozent des Eigenkapitals kommt von Lebenspfade Oberberg. An der Fritz-Kotz-Straße wird für die SHO eine Industriehalle umgebaut. Es müssen Türen, Fenster, Rolltore und Fenster verändert und barrierefreie Betriebsflächen, Büroräume, Sozialräume und Sanitäranlagen geschaffen werden. Unter anderem mit der Fördersumme der Sozialstiftung werden Maschinen, Fahrzeuge und Werkzeuge gekauft.

 

Neumann freut sich, dass die Sozialstiftung NRW der Neugründung unter die Arme helfen kann. Und er weiß aus Erfahrung: „Die Inklusionsbetriebe in NRW sind sehr stabile Unternehmen." Und das Konzept lohnt sich gerade auch für die Menschen mit Beeinträchtigung. "Wer den Übergang von der Werkstatt in den allgemeinen Arbeitsmarkt schafft, ist für gewöhnlich dort lange beschäftigt.“

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