SPORTMIX
Flinke Hände und explosive Tritte
Oberberg - Muay Thai gilt als härteste Kampfsportart überhaupt - und Viktorija Molčanova aus Dieringhausen gehört zu den Besten ihrer Zunft.
Von Peter Notbohm
Die Schläge und Tritte prasseln präzise auf die Schutzausrüstung ihres Trainers ein. Seine Kommandos sind kurz und knackig, während sie immer wieder ihre Muskeln anspannt und den nächsten Treffer landet. Würde man Viktorija Molčanova zufällig auf der Straße begegnen, käme man nicht unbedingt sofort auf die Idee, dass es sich bei der attraktiven Blondine um eine waschechte Kämpferin handelt, die davon träumt, Deutschland einmal bei den Olympischen Spielen zu vertreten.
Die 19-jährige Dieringhausenerin ist Mitglied beim Bergneustädter Verein Bodyguard und holte bei der kürzlich ausgetragenen IFMA-Weltmeisterschaft in Bangkok die Bronzemedaille. Nach einem Auftaktsieg über die starke frühere österreichische Junioreneuropameisterin Stella Hemetsberger und einem Viertelfinalerfolg über die Marokkanerin Tabila Tabit folgte im Halbfinale das unglückliche Aus gegen die US-Amerikanerin Selina Flores.
„Wir haben kein Bronze gewonnen, sondern Gold verloren“, unterstreicht ihr Trainer René Müller den Ehrgeiz, der ihn und seine junge Boxerin, die vor zwei Jahren noch Juniorenweltmeisterin wurde und als erste Deutsche überhaupt den Youth Rising Star Arward erhielt, antreibt. Wie sehr sie ihren Sport lebt, dokumentiert auch ein Blick auf das tägliche Pensum, das Molčanova abspult. In den Wochen vor einem Kampf steht sie morgens um fünf Uhr auf und beginnt um sechs Uhr mit dem ersten Training, bevor es anschließend zum Schulunterricht geht. Nachmittags kümmert sich die angehende Abiturientin der Gesamtschule Derschlag noch um ihren Jack Russel, ehe um 18:30 Uhr das zweite anderthalbstündige Training ansteht und sie um 21:30 Uhr endgültig zu Hause abschalten kann.
[Momentan bereitet sich Molčanova auf einen Kampf Ende des Monats in Hannover vor.]
„Während der Kampfphasen dominiert der Sport mein Leben“, sagt die gebürtige Lettin, die im Alter von 13 Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland kam und sich zunächst im Taekwondo und Ju-Jutsu ausprobiert hatte, aber erst im Muay Thay ihre Erfüllung fand. Ihr aktueller Kampfrekord steht bei 19 Siegen, davon 13 vorzeitig, und einer Niederlage. Am 31. August soll nach Möglichkeit der 20. Sieg in der Statistik stehen. Dann tritt sie in der Swiss Life Hall zu einem verbandsoffenen „K1-Fight“ gegen die starke Hamburgerin Pia Peters an. Bis zu 5.000 Zuschauer werden bei dem Event in der niedersächsischen Landeshauptstadt erwartet.
Nach den Sommerferien erwartet Molčanova allerdings ein einschneidendes Jahr. „Ihr Abitur geht vor“, sagt Müller. Die Qualifikation zu den kommenden Meisterschaften werde dadurch zwar schwierig, „aber vielleicht bekommen wir für sie ja eine Wild-Card“, so der frühere Weltmeister und amtierende Vize Präsident vom Muay Thai Bund Deutschland. Er gehört auch zu denjenigen, die dafür kämpfen, dass Muay Thai künftig olympisch wird: „Viele Bedingungen sind schon erfüllt und wir stehen in der engeren Auswahl.“
[Der NDR drehte während der Weltmeisterschaft eine Dokumentation über Molčanova und die deutsche Nationalmannschaft im Muay Thai, die demnächst ausgestrahlt werden soll.]
Bevor Molčanova sich auf dieser höchsten Ebene messen darf, hat sie aber noch andere Pläne. Nach dem Abitur will sie für ein halbes Jahr nach Thailand ins Mutterland der Sportart reisen. „Ich möchte dort Erfahrungen sammeln“, sagt die Oberbergerin. Anschließend will sie sich bei der Polizei oder der Bundeswehr bewerben. „Die Sportkompanie wäre optimal, damit sie ihren Sport weiter ausüben kann“, hat Müller noch viel vor mit seinem Schützling.
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