SPORTMIX
Nur noch drei Profis: Schwalben vor Saison mit vielen Fragezeichen
Bergneustadt – Der TTC Schwalbe Bergneustadt startet am Sonntag gegen den 1.FC Saarbrücken in die neue Bundesligasaison – Vertrag von Omar Assar aufgelöst, nachdem dem Ägypter die Spielerlaubnis entzogen wurde.
Von Peter Notbohm
Wenn an diesem Sonntag, 13 Uhr, für die Tischtennisprofis des TTC Schwalbe Bergneustadt im Heimspiel gegen Saarbrücken die neue Bundesligasaison beginnt, steht das Team von Frederik Duda vor einer echten Herkulesaufgabe. Die meisten Bundesligakonkurrenten haben für die kommenden Monaten fünf oder sechs Spieler gemeldet – um taktisch zu variieren oder auch um die Strapazen des internationales Spielkalenders abfedern zu können. Der erste Schwalbe-Gegner aus dem Saarland hat mit acht Spielern sogar den tiefsten Kader aller elf Bundesligisten.
Zum Vergleich: Das Schwalbe-Team wird diese Saison nur auf drei Profispieler zurückgreifen können. Taktische Spielereien bei der Aufstellung? Kräfte verteilen? All das wird nicht möglich sein. Die Aufstellung der Bergneustädter wird mit Benedikt Duda, Romain Ruiz und dem belgischen Neuzugang Adrien Rassenfosse vor jedem Spiel ein offenes Buch für jeden Gegner sein.
Nicht mehr im Kader: Omar Assar (Foto). Dem Ägypter, der vor einem Jahr vom französischen Champions League-Teilnehmer GV Hennebont gekommen war, wurde im Sommer vom Westdeutschen Tischtennis-Verband (WTTV) die Spielberechtigung für die neue Spielzeit entzogen. Der Hintergrund: Assar hatte nicht nur in Bergneustadt einen Vertrag unterschrieben, sondern auch beim ägyptischen Verein Al Ahly TTC, für den er am 17. Mai im Endspiel um die Meisterschaft auflief. „Er hat das im guten Glauben getan, dass er spielberechtigt sei und alle Fristen beachtet werden“, erklärt Schwalbe-Teamchef Heinz Duda. „Am Ende hat er wohl aber nur die Dollars im Auge gehabt.“
Denn dem Ägypter unterlief ein folgenschwerer Fehler: Die Saison war für Schwalbe Bergneustadt nicht mit dem letzten Hauptrunden-Spieltag am 30. April beendet. Die Frist begann erst mit dem Endspiel um die deutsche Meisterschaft am 9. Juli zwischen Düsseldorf und Saarbrücken. Assar ist übrigens nicht der erste Spieler, dem dies passiert. Von der deutschen Tischtennis-Bundesliga (TTBL) wurde Bergneustadt bereits nach einem zweiten Einsatz des Ägypters in seinem Heimatland im Juni zu einer Stellungnahme aufgefordert, ob man dieses Fehlverhalten geduldet habe. Den Vorwurf konnte man im Oberbergischen zwar entkräften, auf die entzogene Spielgenehmigung aber auch nicht mehr reagieren, da die Wechselfrist seit dem 31. Mai abgelaufen ist.
[Mit schmalem Kader geht Bergneustadt in die neue Saison.]
Im Rahmen des FinalFour am 9. Juli kam es zu einer Aussprache, bei der Assar den Oberbergern beteuerte, in der Rückrunde wieder das Schwalbe-Trikot tragen zu wollen, doch dazu wird es nicht mehr kommen. Im August bat der 34-Jährige um eine Vertragsauflösung. „Ich möchte dem Verein keinen Schaden zufügen“, begründete Assar seine Entscheidung, zudem habe der Club damit finanzielle Mittel für einen Neuzugang frei. „Zunächst mussten wir schlucken“, gibt Teamchef Duda zu, doch dem Wunsch wurde nach internen Beratungen entsprochen: „Wir befürchteten, dass er neben einer Geldstrafe auch noch eine zusätzliche Sperre für die Rückrunde aufgebrummt bekommt.“ Inzwischen hat Assar, der in Bergneustadt nie wirklich unter Beweis stellen konnte, warum er in der Weltrangliste auf Position 21 geführt wurde, laut der ARD-Sportschau einen ab Herbst gültigen Vertrag bei einem Verein in Saudi-Arabien unterschrieben.
Seit dieser Saison sind die Spiele der Tischtennis-Bundesliga nicht mehr frei empfangbar über den Streamingdienst Twitch zu sehen. Die Rechte wanderten zum neuen Anbieter DYN, für den ein Abo abgeschlossen werden muss. Auch für die Vereine der Tischtennis-Bundesliga ändert sich der Aufwand. Mehr Kameras, dazu mehr Interviews vor und nach dem Spiel sollen für den Zuschauer produziert werden – alles in Eigenregie der Clubs. „Das ist schon Wahnsinn, was da auf uns zukommt. Wir bestreiten unsere Spieltage schließlich nur mit Ehrenamtlern“, sagt Heinz Duda. Allein die Aufbauzeit werde sich verdoppeln.
Zudem haben die Topclubs bereits erste Forderungen gestellt, dass die Ausschüttung der TV-Gelder nach einem Säulen-System wie in der Fußball-Bundesliga laufen soll. „Ich halte den Gang hinter die Bezahlschranke für den verkehrten Weg. Viele Fans sind nicht bereit, für die bislang frei verfügbaren Übertragungen nun Geld zu zahlen“, sagt Duda. Er hätte zudem ein kostengünstigeres Modell bevorzugt, bei dem man auf DYN nur die Sportarten abonniert, die einen auch wirklich interessieren.
„Wir werden versuchen das Beste aus der Situation zu machen“, weiß Heinz Duda, dass Bergneustadt vor einem Himmelfahrtskommando steht. Menschlich habe man nun zwar den besten Kader der Vereinsgeschichte beisammen, doch sportlich fehlt offensichtlich Qualität – auch weil die Liga massiv aufgerüstet hat. Die Stärken von Benedikt Duda sind unbestritten: Zwar liegt eine enttäuschende Weltmeisterschaft hinter dem Nationalspieler, doch im Sommer zeigte er bei einem Turnier in Laos (Nigeria) und in der indischen Meisterschaft, wo er mit seinem Verein den Vize-Titel holte, wieder das gewohnte Niveau (11:1-Bilanz).
Auch Romain Ruiz hat eine starke Debütsaison hinter sich, konnte aufgrund seiner schlechten Einstufung im französischen Nationalkader allerdings kaum an großen Turnieren teilnehmen. Adrien Rassenfosse gilt als großes Nachwuchstalent, wie sich der 20-Jährige in der Bundesliga behaupten wird, kann aber noch niemand prophezeien. Am Ende ist der Kader aber eigentlich schlicht zu schmal für eine lange Bundesligasaison.
Es gebe zwar Gespräche über eine Neuverpflichtung im Winter, doch das Problem ist, dass die Spieler, die Bergneustadt sportlich weiterbringen in der Regel gültige Verträge haben – eine Ablöse wäre also fällig. Vorerst wird auch Trainer Federik Duda wieder trainieren. „Er uns sein Bruder waren vor zwölf Jahren ein wirklich geiles Doppel, aber ich fürchte die Zeit kann man nicht zurückdrehen“, meint der Schwalbe-Teamchef.
[Adrien Rassenfosse kam vom 1.FC Köln ins Oberbergische.]
Entsprechend kurzsilbig gibt sich Heinz Duda bei der Frage nach dem Saisonziel: „Irgendwen müssen wir hinter uns lassen, also Zehnter werden.“ Wer das sein kann? Die letztjährigen Kellerkinder Mainz und Grenzau dürften die wahrscheinlichsten Kandidaten sein – auf beide trifft man bereits im September. Zumindest Mainz hat mit dem Chinesen Yongyin Li aber eine solide Neuverpflichtung im Sommer getätigt.
Gegen Saarbrücken sieht sich Duda am Sonntag jedenfalls in der krassen Außenseiterrolle. Der Champions League-Sieger hat einen mit Topspielern gespickten Kader und wird auch dieses Jahr darauf brennen, nach dem verlorenen Endspiel um die Deutsche Meisterschaft wieder um den Titel zu spielen. „Das wird eine ganz harte Nuss. Wir werden versuchen, mindestens ein Spiel zu holen“, so Duda.
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