Bilder: Arbeitskreis Kluterthöhle, Leif Schmittgen (Textbilder) --- Vor anderthalb Wochen hatten Forscher die Höhle entdeckt.
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'Wir sind stolz auf unsere Unterwelt'
Engelskirchen Bürgermeister Dr. Gero Karthaus und Forscher Stefan Voigt stellten den Sensations-Höhlenfund in Ründeroth heute der Öffentlichkeit vor.
Von Bernd Vorländer und Leif SchmittgenDas Leben eines Bürgermeisters in einer ländlichen Kommune ist in der Regel nicht gerade reich an Höhepunkten. Politische Routine, Verhandlungen mit der Kommunalaufsicht, Haushaltsberatungen und der Besuch vieler jahreszeitlich bedingter Feiern und Feste. Es muss schon ein ganz besonderer Glücksfall her, wenn dieser Fahrplan durchbrochen werden soll und man überregionale Aufmerksamkeit erhalten will. Genau dies ist in den vergangenen Tagen in Engelskirchen geschehen. Und entsprechend aufgeräumt und zufrieden präsentierte sich der Rathaus-Chef der Aggertal-Kommune, Dr. Gero Karthaus, am heutigen Tag.
Mehr noch: Er strahlte mit seinem Kompagnon am Tisch geradezu um die Wette. Stefan Voigt (Bild re.) ist Vorsitzender des Vereins Kluterthöhle in Ennepetal und ein renommierter Höhlenforscher. Mit seiner Mannschaft hatte Voigt am 23. März ein Millionen Jahre altes, bislang unentdecktes Höhlensystem, genannt "Windloch", am Ründerother Mühlenberg gefunden. Mindestens einen Kilometer lang, mit 40 Meter großen hallenähnlichen Zwischenstücken und engen Passagen. Die Höhle ist vermutlich noch viel größer, nach zweieinhalb Stunden mussten wir umkehren, berichte der Höhlenforscher und präsentierte erste Fotos des unterirdischen Labyrinths. Er beschäftigt sich seit 1988 mit dem Mühlenberg, der Fund ist eine seiner größten Entdeckungen.
Der Sensationsfund löst bei Karthaus eine enorme Euphorie aus. Der studierte Geograph interessiert sich privat seit Jahrzehnten für Höhlensysteme und war auch am Dienstag zu Gast, als der Kluterthöhle in Ennepetal das Prädikat Nationales Naturmonument verliehen wurde. Und jetzt also Ründeroth. Mein Heimatort ist wie ein Schweizer Käse. Wie sind wohl eine der wenigen Kommunen in Deutschland, die stolz ist auf ihre Unterwelt, juxte Karthaus. Schon seit etlichen Jahren habe man gemutmaßt, dass es neben der touristisch erschlossenen Aggertalhöhle noch weitere Höhlensysteme in der Perle des Aggertals geben müsse. Entsprechende Hinweise habe es schon gegeben, sagte Karthaus, doch über Jahrzehnte hinweg sei man nicht in der Lage gewesen, die Tipps intensiver zu verifizieren, auch weil man technisch nicht dazu in der Lage war. Das änderte sich, als man bei Straßenarbeiten an der Herderstraße kleine Hohlräume fand, die man so verschloss, dass zwar noch Fledermäuse hier ihr Refugium fanden, aber keine Unfälle passieren konnten.
[Einen Stein aus der Höhle hatte der Forscher mitgebracht.]
Karthaus informierte daraufhin Höhlen-Fachmann Stefan Voigt, der mit seiner Mannschaft Öffnungen in den Berg stemmte und tatsächlich eine Ritze fand, die einem tiefen Schacht ähnelte. Als sich die Forscher hinabließen, waren sie von dem, was sie in runf fünf Metern Tiefe in Augenschein nehmen konnten, begeistert. Eine lange Höhle, vermutlich viel Größer als die bisher bekannten 1.000 Meter, erstreckte sich vor ihnen, Millionen Jahre unentdeckt, mit Fossilien, Kalksteinen und Kristallen. Das ist wirklich eine wissenschaftliche Sensation, sagt Gero Karthaus. Die Höhle, die jetzt größte im Rheinland, soll zunächst vermessen werden. Für die Öffentlichkeit bleibt der Fund unzugänglich. Die Wissenschaftler und Forscher brauchen vermutlich Jahre, bis das komplette System erforscht sein wird. Man werde sich hinsichtlich des weiteren Fortgangs auf die Expertise des Vereins Kluterthöhle verlassen, bekundet der Engelskirchener Bürgermeister. Schließlich kommt es ja auch nicht alle Tage vor, dass eine Millionen Jahre alte Höhle entdeckt wird.