Bild: Fenja Jansen --- Wilfried Fenner und die Mitarbeiter der Fachberatungsstelle für Wohnungsnot helfen nicht nur bei der Suche nach einer Bleibe, sondern versuchen auch bei den Problemen, die die Situation ausgelöst haben, zu helfen.
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Das Problem ist da, auch wenn man es nicht sieht
Gummersbach Auch im ländlichen Oberberg gibt es Menschen, die keinen festen Wohnsitz haben Die Fachberatungsstelle für Wohnungsnot im Oberbergischen Kreis hilft Betroffenen aus ihren schwierigen Lebenslagen.
Man sieht sie hier nicht so oft wie in Großstädten Menschen, die in einem Schlafsack oder unter einer Wolldecke in einer Bushaltestelle oder auf einer Parkbank schlafen. Und trotzdem gibt es sie, die Wohnungsnot im Oberbergischen Kreis. Das Bild ist hier im ländlichen Raum ein anderes, aber das Problem ist da, weiß Wilfried Fenner vom Gummersbacher Standort der Fachberatungsstelle für Wohnungsnot im Oberbergischen. Kreis. Hier kümmert man sich um Menschen, die aufgrund von sozialen Schwierigkeiten ihre Wohnung verloren haben oder denen ein Wohnungsverlust droht. Das Problem kann jeden treffen und alle Menschen, die zu uns kommen, haben ihre ganz eigene Geschichte, weiß Fenner - und erzählt die Geschichte einer jungen Frau.Weil die aus dem Ausland stammenden Eltern ihre Beziehung nicht akzeptieren, wurde sie von ihrer Familie vor die Tür gesetzt. Schwanger und ohne finanzielle Mittel kam sie zunächst bei einer Freundin unter. Ohne postalische Adresse jedoch, konnte sie keine finanzielle Unterstützung beantragen. In der Fachberatungsstelle vermittelte man die Frau an eine Beratungsstelle für Schwangere und half ihr bei der Suche nach einer Bleibe. Die Adresse der Fachberatungsstelle konnte sie beim Jobcenter angeben, um so Hilfen beziehen zu können. Familiäre Probleme, sei es zwischen Eltern und Kindern oder unter Partnern, sind ein häufiger Grund für Wohnungsnot, erklärte Feller.
Aber auch um Menschen, die nach der Haftentlastung ohne festen Wohnsitz dastehen, kümmere man sich häufig. Dabei geht es nie nur um die Wohnungssuche an sich, sondern auch um andere, individuelle Hilfen. Informationen darüber, wo man günstig essen und einkaufen kann, gehören genauso dazu wie die Unterstützung bei Anträgen oder dem Möbelkauf. Wer keine Bleibe hat, kann bei uns jeden Mittwoch in der Zeitung und am Computer nach Wohnungsangeboten recherchieren, man kann sich in unseren Öffnungszeiten hier aufhalten und auch wenn jemand sein Handy aufladen will, sagen wir nicht nein, so Fenner. Die Arbeit der Mitarbeiter zielt darauf ab, nicht nur die Wohnungsnot, sondern auch andere soziale Schwierigkeiten der Hilfesuchenden zu mindern.
Arbeitslosigkeit, Scheidungen, Schulden und Krankheiten gehen der Wohnungsnot oft voraus, häufig führt das eine Problem zum nächsten. Damit es nicht soweit kommt, dass der Betroffene plötzlich auch noch ohne Bleibe dasteht, werden auch Menschen unterstützt, denen Wohnungsverlust droht. Auch aufsuchende Arbeit wird geleistet. Aus Scham suchen Betroffene häufig keine Notunterkünfte auf. Oft suchen sie andere Lösungen, kommen beispielsweise bei Freunden unter. Dann sprechen wir von versteckter Wohnungslosigkeit. Scham ist hier oft ein Grund. Betroffenen eine Wohnung zu suchen, sei dabei oft nicht einfach. Bestehende Mietschulden sind ein Ausschlusskriterium für viele Vermieter, so Fenner. Besonders in Gummersbach sei die Situation nicht einfach, denn durch die Fachhochschule gibt es in der Kreisstadt viele Studenten, die ebenfalls auf der Suche nach günstigen Wohnungen sind.
Die Fachberatungsstelle für Wohnungsnot im Oberbergischen Kreis verfügt über drei feste Standorte in Gummersbach (Am Wehrenbeul 9), Radevormwald (Hohenfuhrstraße 16) und Waldbröl (Bröhlbahnstraße 1 5). In Hückeswagen, Wipperfürth, Wiehl, Lindlar und Bergneustadt werden Sprechzeiten angeboten. Im vergangenen Jahr haben die Mitarbeiter 659 Menschen in schwierigen Lebensphasen erreicht, rund zwei Drittel waren Männer und über die Hälfte der Betroffenen waren ledig. Seit Jahren schwanken die Zahlen auf einem hohen Niveau, so Fenner. Dafür sieht er mehrere Gründe: Der Arbeitsmarkt habe sich verändert. Was man früher noch mit einem Hauptschulabschluss erreichen konnte, wäre heute längst nicht mehr möglich. Außerdem halte die Familie nicht mehr so viel aus, häufiger käme es zu Trennungen. Auch das Konsumverhalten hat sich geändert. Das Smartphone kommt leider oft vor der Miete und den Lebensmitteln. Aber nichtsdestotrotz sei Wohnungsnot kein Problem, vor dem sich irgendwer in Sicherheit wiegen könne. Durch eine unglückliche Verkettung von Umständen kann selbst der Bankdirektor oder Firmenboss plötzlich in diese Situation geraten.
Die Fachberatungsstelle in Gummersbach hat montags bis freitags von 8 bis 12 Uhr geöffnet und ist unter Tel.: 02261/913 124 zu erreichen. Weitere Informationen und Kontaktdaten gibt es unter www.diakonie-michaelshoven.de/de/diesozialenhilfen/ Hier wird auch über die Möglichkeit, zu spenden informiert.