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VfL Gummersbach gegen souveränen Tabellenführer Lemgo ohne jede Chance
(bv/19.10.2002-23:55) Von Bernd Vorländer
Köln In der Köln-Arena hatten die Hasanefendic-Schützlinge bei der 28:35 Schlappe gegen den Handball-Bundesliga-Spitzenreiter aus Ostwestfalen nichts zu bestellen.

VfL Gummersbach TBV Lemgo 28:35 (12:18).
Die Bilder schienen sich vor dem Anpfiff zu gleichen. Auch im vergangenen Jahr kamen die Mannen vom TBV Lemgo als Spitzenreiter zum VfL Gummersbach. Damals kassierten sie eine überraschende Niederlage im Oberbergischen. Davon war diesmal in der Köln-Arena keine Rede mehr. Zu deutlich war die Überlegenheit von Stephan, Kehrmann, Schwarzer und Co. Die Handball-Bundesliga hat zwar gerade ein Viertel aller Spiele hinter sich gebracht, doch mancher der gut 15 000 Besucher war sich sicher, den Deutschen Meister schon erlebt zu haben.

Insbesondere in den ersten fünfzehn Minuten brannte das Team von Trainer Volker Mudrow ein Feuerwerk tempogeladenen Handballspiels ab, dass man mit einem Debakel für den VfL rechnen musste. Dabei profitierten die Ostwestfalen allerdings auch von zahlreichen individuellen technischen Fehlern auf Gummersbacher Seite, die postwendend bestraft wurden. Drei Treffer von Florian Kehrmann, die er alle nach überhasteten Gummersbacher Wurfversuchen im Tempogegenstoß erzielte, verschafften Lemgo nach 11 Minuten beim 1:6 bereits ein sicheres Polster.
Beim 2:10 nach einer Viertelstunde war die Partie praktisch schon entschieden. Ein ums andere Mal hatte sich der VfL-Rückraum in der sicheren TBV-Deckung festgerannt. Der clevere Spitzenreiter nutzte jede sich bietende Gelegenheit, um eiskalt seine Tore beinahe wie im Training zu erzielen. VfL-Linkshänder Kyung-Shin Yoon wirkte in den ersten 30 Minuten noch müde und nicht ausreichend fit nach seinem Engagement bei den Asienspielen.

Erst zu Beginn der zweiten Hälfte ließ er bei vier Treffern sein Können aufblitzen. Der zweite Gummersbacher Rückraumschütze Ivan Lapcevic, dessen Einsatz bis kurz vor Spielbeginn ungewiss gewesen war, ging stark angeschlagen ins Spiel, hielt seine Mannschaft jedoch in den letzten zehn Minuten vor der Pause mit einigen Toren auf Sichtweite.

Der Mann des Abends stand jedoch in den Reihen des TBV Lemgo. Kreisläufer Christian Schwarzer bot eine absolute Weltklasseleistung und war von der VfL-Abwehr nie zu stoppen. Hatte sich der bullige Nationalspieler erst einmal des Leders bemächtigt, war gegen ihn kein Kraut gewachsen. Im Liegen oder Fallen, als Gewaltwurf oder Dreher Schwarzer traf nach Belieben. Zehn Treffer sprechen für sich.
Stille Hoffnung beim VfL kam zwar auf, als Jörn Ilper zum 9:13 verkürzen konnte, doch bis zur Pause hatte Lemgo die Dinge wieder zurechtgerückt.

Nach dem Wechsel dasselbe Bild. Gummersbach rannte mit viel Willen gegen den jetzt auch nicht mehr sattelfesten Lemgoer Abwehrblock an, erzielte auch einige schöne Treffer - und konnte dennoch die Sicherheit der Gäste nie erschüttern. Das Handball-Kollektiv aus Ostwestfalen beantwortete VfL-Treffer zwei Mal hintereinander mit einem schnell ausgeführten Mittelanwurf und daraus resultierenden Toren. Missverständnisse beim VfL sorgten dafür, dass man sich nach der 40. Minute nur noch um Ergebniskosmetik kümmern musste. An einen Sieg war da schon lange nicht mehr zu denken.
Spätestens beim 23:30 (50.) war endgültige Klarheit über den Sieger erlangt. Dass Lemgo dieses Spiel nicht verlieren würde war den meisten Besuchern indes schon weit vorher klar gewesen.

Die komplette VfL-Mannschaft hatte an diesem Abend in der Köln-Arena nicht ihren besten Tag. Sowohl die von Trainer Hasanefendic verordnete 3-2-1 Deckung wie auch die 5-1 Variante zeigten große Lücken. Jan Stankiewicz und Henning Wiechers (2. HZ) zeigten zwar einige schöne Paraden, waren aber bei vielen Treffern machtlos. Im Angriff gelangen dem VfL über Marco Beers, Francois Houlet und Tobias Schröder erst dann schöne Tore, als der TBV einen Gang zurückgeschaltet hatte. Schröder nutzt das Spiel, um sich auch für den Rückraum in Erinnerung zu bringen.

Überraschung bei Beobachtern löste VfL-Coach Hasanefendic aus, der den etatmäßigen Kreisläufer Andreas Rastner zunächst auf der Bank beließ, und stattdessen Maik Handschke aufstellte, der allerdings nicht viel bewirkte. Zu erwähnen ist auch noch das souverän leitende Schiedsrichtergespann Lars Geipel (27 Jahre) und Marcus Helbig (30 Jahre), das mit der überaus fairen Begegnung nie Probleme hatte.

Trainerstimmen:
Sead Hasanefendic: "Wir haben gegen eine eingespielte Mannschaft einfach keine Chance. Nach dem 2:10 war es für uns nahezu unmöglich, diesen Rückstand noch aufzuholen. Lemgo hat verdient gewonnen, war uns technisch klar überlegen. Christian Schwarzer ist der beste Kreisläufer, den der Handball derzeit zu bieten hat. Aber er profitiert natürlich auch von den tollen Anspielen seiner Nebenleute."

Volker Mudrow: "Ich bin mit dem Spiel und dem Ergebnis sehr zufrieden. Wir haben den Grundstein für den Erfolg mit einer tollen Deckungsleistung in den ersten fünfzehn Minuten gelegt. Uns sind viele einfache Tore gelungen, und in der zweiten Hälfte konnten wir unser Spiel mit hohem Tempo durchziehen."

VfL Gummersbach:
Jan Stankiewicz (1.- 30.)
Henning Wiechers (31.-60.)
Kyung-Shin Yoon (6)
Ivan Lapcevic (5)
Francois-Xavier Houlet (5)
Tobias Schröder (4)
Andreas Rastner (3)
Marco Beers (2)
Jörn Ilper (1)
Maik Handschke (1)
Jordi Fernandez (1)
Oliver Plohmann
Dirk Hartmann
Alexander Bommes.

TBV Lemgo:
Christian Ramota (1.-40.)
Jörg Zereicke (41.60.)
Christian Schwarzer (10)
Florian Kehrmann (6)
Daniel Stephan (5)
Markus Baur (5/4)
Volker Zerbe (3)
Marc Baumgartner (3)
Carlos Lima (2)
Robin Kothe (1)
Max Ramota
André Tempelmeier

Schiedsrichter: Lars Geipel/Marcus Helbig
Zuschauer: 15 117

Siebenmeter: 0:4 - (alle von Markus Baur verwandelt).
Zeitstrafen: 6:4 Minuten (Handschke (zweimal), Schröder Zerbe, Kehrmann)
Beste Spieler: VfL: Schröder; Lemgo: Schwarzer, Stephan, Kehrmann


