LOKALMIX

Notdienstreform: Hausärzteverband legt Rechtsaufsichtsbeschwerde ein

ks, Red; 28.12.2023, 16:55 Uhr
Symbolfoto: Darko Stojanovic auf Pixabay.
LOKALMIX

Notdienstreform: Hausärzteverband legt Rechtsaufsichtsbeschwerde ein

ks, Red; 28.12.2023, 16:55 Uhr
Oberberg – Streit um die Neuorganisation des ambulanten Notdienstes im Oberbergischen geht in die nächste Runde (AKTUALISIERT).

+++5. Meldung (Donnerstag, 28. Dezember/16:55 Uhr)+++

 

Nächste Runde im Streit um die Neuorganisation des ambulanten Notdienstes in der Region ab dem 1. Januar: Gemäß der Beschlusslage der jüngsten Mitgliederversammlung hat der Vorstand des Oberbergischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes Rechtsaufsichtsbeschwerde beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW eingelegt.

 

Zur Begründung für diesen Schritt schreibt der Vorsitzende Dr. Ralph Krolewski, dass die Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) auf die Widersprüche gegen die Organisationsänderungen - Krolewskis Einschätzung nach „offensichtlich auf Weisung aus Düsseldorf, wo die Widersprüche eingingen“ - per Einschreiben mit Anordnungen zur sofortigen Vollziehung der Notdienst-Einteilung reagiert habe, ohne auf die Widerspruchsgründe selbst einzugehen.

 

Die Rechtsaufsichtsbeschwerde erfolge unter Darlegung der Sachverhalte und Verfahrensverstöße aus Sicht der Ärzteschaft sowie mit Hinweis auf die kürzlich vom Kreistag einstimmig verabschiedete und an die KVNO gerichtete Resolution, die Notdienstreform zurückzunehmen.

 

„Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte werden jetzt per Anordnung gezwungen, unter den neuen Bedingungen bei den dargestellten Befürchtungen den Dienst anzutreten. Wir gehen von einem Anstieg der Anforderungen über die 112 und stärkerer Inanspruchnahme der Krankenhausambulanzen aus“, erklärte Krolewski.

 

Weiterer Artikel zum Thema

Ärztlicher Notdienst: "Massiver Affront" aus Düsseldorf?

 

 

+++4. Meldung (Dienstag, 12. Dezember/12 Uhr)+++

 

Die KVNO hat heute über weitere Änderungen innerhalb der ärztlichen Notdienste berichtet. In diesem Fall geht es um den Kinder-Notdienst. Wie bereits in vielen Kinder-Notdienstpraxen im Rheinland umgesetzt, werde es ab Januar auch in Oberberg saisonal variable Öffnungszeiten geben. In den Herbst- und Wintermonaten öffnet die Einrichtung dann länger als im Sommer, da vor allem während der Infektwellen ein größerer Bedarf besteht, heißt es in der Mitteilung.

 

In der Zeit von Oktober bis Ende März gelten künftig die „Winter“-Öffnungszeiten: Die pädiatrische Notdienstpraxis am Kreiskrankenhaus Gummersbach ist dann mittwochs und freitags von 16 bis 20 Uhr sowie samstags, sonntags und an Feiertagen (sowie Heiligabend, Silvester und Rosenmontag) von 9 bis 13 Uhr und von 16 bis 20 Uhr anlaufbar.

 

Von April bis Ende September wird die Kinder-Notdienstpraxis Gummersbach im "Sommer"-Modus öffnen und mittwochs und freitags von 16 bis 18 Uhr und an Samstagen, Sonntagen und an Feiertagen von 16 bis 20 Uhr geöffnet sein.

 

In diesem wie auch schon im vergangenen Winter bietet die KVNO zur Entlastung des kinderärztlichen Notdienstes eine Videosprechstunde für Eltern und ihre erkrankten Kinder an. Weitere Informationen zur KVNO-Videosprechstunde im Kindernotdienst finden Interessierte hier

 

 

+++3. Meldung (Montag, 11. Dezember/16 Uhr)+++

 

Der Oberbergische Hausärzteverband hat in einer Mitteilung auf die Stellungnahme der KV Nordrhein reagiert. Dr. Ralph Krolewski  weist darauf hin, dass der Kreisstelle der KVNO in deren Stellungnahme eine völlig passive Rolle zugesprochen worden sei, was unserer Erkenntnislage entspricht und eine Verfahrensverletzung nach der Gemeinsamen Notdienstordnung darstelle. Die aufgeführten Zahlen zu Einsatzfrequenzen von 2022 wurden bei der Kreisstellenversammlung der KVNO  im September nicht dargestellt und auch keine Beratungs- und Vorschlagsverfahren dazu nach der Gemeinsamen Notdienstordnung gemacht, so der Vorsitzende. "Es sollen offensichtlich die Verfahrensfehler bei zentralisierter Entscheidung über alle Köpfe hinweg verschleiert werden."


Im letzten Satz der Stellungnahme werde betont, dass die KV einer gesetzlichen Pflicht unterliege und der Hausärzteverband als einzelner regionaler Berufsverband nicht. "Die Mitglieder im Oberbergischen Hausärztinnen- und Hausärzteverband sind sämtlich Vertragsärztinnen und haben einstimmig beschlossen, zum Widerspruch aufzurufen und Rechtsaufsichtsbeschwerde einzulegen, um ihr Recht als Vertragsärztinnen und -ärzte zu wahren!", heißt es weiter. Eine Reduktion der Dienstbelastung sei 2018 erreicht worden, Änderungen dürften nicht über die Köpfe der Niedergelassenen hinweg entschieden werden, so Dr. Krolewski. "Das machen wir mit den einstimmig beschlossenen Maßnahmen klar."

 

In allen Bereichen bestehe offensichtlich ein großer Klärungsbedarf. "Die Verantwortlichen in Düsseldorf können sich dazu nicht hinter solchen Stellungnahmen verstecken, während sie gleichzeitig am 8. Dezember

in einer Pressmitteilung die Leistungsfähigkeit des 'erfolgreich zentralisierten' Ärztlichen Notdienstes als gefährdet darstellen."

 

Dabei werde auch eine Dienstbelastung als Niederlassungsbremse für den ärztlichen Nachwuchs benannt, so die Mitteilung weiter. "Seit 2016 wird aber nirgendwo die Belastungsgrenze hinsichtlich der Anzahl von Diensten definiert. Diese liegt nach unserer erfolgreichen Dienstplanreform im Oberbergischen Kreis bei sechs Diensten pro Jahr pro Arztsitz, dabei drei Dienste in den Notdienstpraxen mit maximal acht Stunden und drei Fahrdiensten mit maximal 24 Stunden in jeweils dem Dienstbezirk Oberberg-Nord,-Mitte oder -Süd." Dagegen habe es keine Proteste oder Widersprüche gegeben.

 

+++2. Meldung (Freitag, 8. Dezember/12:15 Uhr)+++

 

Die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein nimmt in Bezug auf die Kritik des Oberbergischen Hausärzteverbandes zur Neuorganisation des ambulanten Notdienstes wie folgt Stellung:   

 

Zusammen mit unserer örtlichen Kreisstelle Oberberg haben wir uns die Strukturen der örtlichen Ärztinnen und Ärzte sowie die Entwicklung der ärztlichen Hausbesuche im kreisweiten Notdienst (Fahrdienste) über lange Zeit angesehen und ausgewertet. Danach war die Inanspruchnahme der Fahrdienste bzw. die Zahl der Hausbesuche in der Vergangenheit deutlich rückläufig. In 2021 gab es über alle Fahrdienstbezirke in Oberberg maximal 1,3 Einsätze pro Stunde. Im Jahr 2022 einen (1) Einsatz pro Stunde als Maximalwert und in manchen Nachtstunden waren es sogar einstellige Patientenzahlen, was rechnerisch 0,1 Fälle je Stunde ergibt. Zuletzt gab es in gesamt Oberberg insgesamt rund 1.650 jährliche Arzt-Patienten-Kontakte im Fahrdienst, dies entspricht gut vier Einsätzen pro Tag.

 

In Summe war und ist die Inanspruchnahme ärztlicher Hausbesuche vor allem in den Nachtstunden nach 22 Uhr äußerst gering, so dass wir mit Blick auf das Vorhalten ungenutzter ärztlicher Kapazitäten nun eine Anpassung vorgenommen haben – und dies explizit auch mit Blick auf die Altersstruktur der örtlichen Haus- und Fachärzte. Das ist aus unserer Sicht aber keine Mehrbelastung, sondern im Sinne aller dienstverpflichteten Ärztinnen und Ärzte im Kreis eine Entlastung: Statt wie bisher drei Medizinerinnen und Mediziner aus der Region zum Fahrdienst dienstbereit vorhalten zu müssen, werden künftig „nur“ noch ein bzw. zwei Ärztinnen und Ärzte zum Fahrdienst eingeteilt. Im Jahresdurchschnitt muss dadurch in Summe jeder Niedergelassene deutlich weniger Fahrdienststunden ableisten.

 

Und wir wissen aus unseren Erfahrungen und Gesprächen mit jungen niederlassungsinteressierten Ärztinnen und Ärzten, dass insbesondere die Dienstfrequenz bzw. die Einteilungshäufigkeit in den amb. Notdienst ein bedeutendes Kriterium bei der Ortswahl der Niederlassung ist. Als Organisation, die unter anderem die Sicherstellungsverantwortung für die ambulante Versorgung trägt, sind wir als KV dazu verpflichtet, etwaige Hemmnisse für eine Niederlassung abzubauen und Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen. Dieser allgemeinen gesetzlichen Pflicht unterliegen einzelnen lokale ärztliche Berufsverbände nicht.

 

 

+++1. Meldung (Donnerstag, 7. Dezember/12:50 Uhr)+++

 

Mit dem Jahreswechsel soll es im Oberbergischen Änderungen im Ärztlichen Notdienst geben (OA berichtete). Weitgehend überrascht von den Planungen der Kassenärztlichen Vereinigung und der Ärztekammer Nordrhein waren die betroffenen Mediziner selbst. Beim Oberbergischen Hausärztinnen- und Hausärzteverband hat deshalb gestern eine außerordentliche Mitgliederversammlung stattgefunden, die dem Vorsitzenden Dr. Ralph Krolewski zufolge gut besucht gewesen sei.

 

Gezeigt habe sich „einhellig eine große Empörung“ bezüglich der Änderungen, die am 1. Januar 2024 in Kraft treten sollen. Verbunden damit seien negative Auswirkungen für die diensthabenden Ärzte, aber auch für die Patienten. „Zwingende Gründe für den veränderten und erst vier Wochen vor Inkrafttreten mitgeteilten neuen Organisationsplan mit gravierenden Änderungen bei den Notdienstpraxen und im Fahrdienst wurden im Vorfeld nicht mitgeteilt“, so Krolewski.

 

WERBUNG

Ob Überforderung, fehlende Ruhezeiten oder auch eine Gefährdung durch Übermüdung: die Mediziner sehen einige Befürchtungen. „Wie soll ich nachts den ganzen Oberbergischen Kreis als einzige Ärztin im ambulanten Notdienst versorgen und in Gebieten, deren soziale und topographische Struktur ich gar nicht kenne, bei langer Anfahrt bis Waldbröl und Morsbach? Das macht mir Angst“, zitiert Krolewski eine Wipperfürther Hausärztin.

 

In einem verabschiedeten Anschreiben an die Vorstände der KVNO und der Ärztekammer Nordrhein werden die Sachverhalte, die Folgen und die Verfahrensverletzungen aus Sicht der Mitgliederversammlung sowie die offenen und ungeklärten Fragen aufgeführt – darunter die Frage, wie die Verantwortlichen mit dieser Situation bis zum 1. Januar umgehen möchten, aber auch, ob der Ärztliche Notdienst gezielt geschwächt werden soll, um so möglicherweise eine völlige Neuregelung durch den Gesetzgeber zu bewirken.

 

Die Gemeinsame Notdienstordnung der KVNO und der Ärztekammer Nordrhein lege fest, dass die regionalen Besonderheiten, die Bevölkerungszahl, die topographischen Verhältnisse und die Verkehrsbedingungen angemessen zu berücksichtigen seien – ebenso gebe es für die betroffenen Ärzte vor Ort ein Mitwirkungsrecht. Doch das sehen die Ärzte, die in der gestrigen Mitgliederversammlung zusammengekommen sind, als verletzt an.

 

So sei von der Versammlung einstimmig beschlossen worden, dass diese allen Kollegen im Dienstbezirk dazu rät, einen Widerspruch mit Rechtsaufsichtsbeschwerde einzulegen. Darüber hinaus soll auch Landrat Jochen Hagt informiert werden. Ein Widerspruchsschreiben werde allen diensthabenden Ärzten zur Verfügung gestellt. Der Vorstand des Oberbergischen Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes sei zudem beauftragt worden, eine Rechtsaufsichtsbeschwerde beim zuständigen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales einzulegen.

WERBUNG