LOKALMIX
Tag der Sternenkinder: Der Trauer den nötigen Raum geben
Wipperfürth – Trauergruppe „Kleine Spuren“ an der Helios Klinik gegründet – Erstes Treffen im Januar – „Das Thema Fehlgeburt ist weiterhin ein Tabuthema in der Gesellschaft“.
Von Lars Weber
Es gehört zu den größten Schicksalsschlägen, die einer Familie widerfahren können: Wenn das Kind während der Schwangerschaft, vor, während oder kurz nach der Geburt verstirbt, ist die Trauer riesig. In der Gesellschaft wird aber zu wenig über die sogenannten Sternenkinder gesprochen und es gibt nicht genügend Unterstützung für die Eltern und Angehörige, findet Caroline Hoormann, Hebamme und Leiterin der Elternschule Josefine an der Helios Klinik in Wipperfürth. Daher hat sie sich zu Beginn des Jahres auf den Weg gemacht, gemeinsam mit Fachleuten und Unterstützern einen Trauertreff zu gründen, der im Januar zum ersten Mal zusammenkommen wird. Heute, am „Tag der Sternenkinder“, möchte sie auf das Thema aufmerksam machen.
Die 39-jährige Remscheiderin ist seit 2017 Hebamme in Wipperfürth und hat seitdem viele Kinder zu Welt gebracht, lebende und tote. Vor zwei Jahren übernahm sie dann die Leitung der Elternschule. „Dass die Bestattung der Sternenkinder ein Teil meiner Aufgabe ist, wusste ich.“ Schnell spürt sie bei der Arbeit, dass sie bei dem Thema mehr tun möchte. „In Wipperfürth gibt es keine Trauergruppe“, so Hoormann. Die nächsten sind in Bensberg, Wuppertal oder Lüdenscheid, ein Angebot gibt es auch in Wiehl.
Die wenigen Optionen zur Unterstützung seien aber nicht das einzige Problem. „Das Thema Fehlgeburt ist weiterhin ein Tabuthema in der Gesellschaft, es wird einfach nicht offen darüber gesprochen, dabei gehört der Tod dazu.“ In den vergangenen Jahren gab es in Wipperfürth zwischen 40 und 100 Bestattungen von Sternenkindern jährlich, die gesammelt an zwei Terminen im März und September auf dem Friedhof Niederwipper stattfinden. „Jeder Verlust ist ein Verlust und die trauernden Eltern verdienen eine Plattform, egal ob ihr Kind in der sechsten Woche oder kurz nach der Geburt gestorben ist.“
[Fotos: Lars Weber --- Caroline Hoormann, Hebamme und Leiterin der Elternschule Josefine an der Helios Klinik in Wipperfürth.]
Wenn das tote Kind beerdigt wurde, werde häufig ein Mantel des Schweigens über das Geschehene ausgebreitet. „Das Thema ist noch immer mit viel Scham besetzt.“ Hoormann kenne auch Fälle, wo erst viele Jahre nach der Fehlgeburt darüber gesprochen wird. Dabei sei „Einigeln“ beim Trauern selten ratsam. Daher machte sich Hoormann Anfang 2025 gemeinsam mit Georg Kalkum, Krankenhausseelsorger an der Wipperfürther Klinik, auf den Weg, die Trauergruppe „kleine Spuren“ zu gründen. „Es gibt sehr viele Frauen, die ein Kind verloren haben und schweigend leiden, weil ihnen niemand zuhören will“, ergänzt Kalkum.
Ziel ist, endlich auch in der Hansestadt einen Ort anbieten zu können, an dem Betroffene sich austauschen und zu vielen Fragen rund um das Thema Rat finden können. Neben dem starken emotionalen Aspekt seien es auch praktische Fragen, die eine Rolle spielten: Habe ich auch nach einer Fehlgeburt ein Anrecht auf Mutterschutz? Stehen mir Leistungen wie der Arbeitgeberzuschuss zu?
„Natürlich steht bei den Allermeisten zunächst Trauer und Schmerz im Vordergrund. Um das zu bewältigen, möchte unsere Gruppe, bei der auch selbst betroffene Mütter aktiv unterstützen, in erster Linie da sein.“ Aber irgendwann rückten dann auch andere Themen in den Fokus, für deren Beantwortung es seit dem 1. Juni mit der Änderung des Mutterschutzgesetzes eine neue und bessere Grundlage gebe, so Hoormann. Auch hierzu wolle man beraten und aufklären.
„Das ist ein wichtiger Schritt. Denn damit erkennt die Politik an, dass auch Frauen, die ihr Kind frühzeitig verloren haben, schließlich Mütter geworden sind und Rechte haben“, sagt Georg Kalkum, Krankenhausseelsorger und Mitinitiator von „kleine Spuren“ in einer Pressemitteilung der Helios Klinik.
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[Bei der Trauerarbeit soll den Eltern der Sternenkinder die Bestattung helfen. Die Engelsflügel gibt es jeweils in zweifacher Ausführung - ein Flügelpaar für das Kind und eins für die Eltern.]
Das Team rund um „kleine Spuren“ ist breit aufgestellt: Neben Hoormann, Kalkum und betroffenen Müttern sind auch Trauerbegleiterinnen, eine Bestatterin oder auch eine Hebamme dabei, die auf die Betreuung bei Fehl- und Totgeburten spezialisiert ist. Unterstützt wird die Gruppe zudem vom Haus der Familie oder auch den Hospizdiensten aus Wipperfürth, Hückeswagen und Radevormwald.
„Jeder, der von solch einem Verlust betroffen ist, kann zu uns kommen“, sagt Hoormann. Ein erstes Kennenlernen soll es am 14. Dezember beim sogenannten „Worldwide Candle Lighting Day“ geben, an dem aller verstorbenen Kinder gedacht wird. An diesem Tag hält auch der hauptamtliche Gemeindereferent Kalkum eine ökumenische Trauerfeier für Sternenkinder in der Krankenhauskapelle ab.
Die Trauergruppe „kleine Spuren“ trifft sich dann zum ersten Mal am 13. Januar 2026 um 19 Uhr in der kleinen Cafeteria der Helios Klinik Wipperfürth. Um Voranmeldung wird gebeten per E-Mail oder unter Tel.: 02267/88 96 67. Die Treffen sollen zunächst einmal im Quartal stattfinden, sagt Hoormann. „Wir freuen uns, dass wir Eltern diese neue Anlaufstelle anbieten können.“
Weitere Informationen gibt es auch im Flyer.
