Engelskirchen – Nach seiner Abwahl erhebt der ehemalige Präsident Gabriel Geishüttner schwere Vorwürfe gegen den Ründerother Karnevalsverein.
Anfang vergangener Woche hatte es Gabriel Geishüttner noch abgelehnt, sich gegenüber Oberberg-Aktuell über den Verlust seines Postens als Präsident des Ründerother Karnevalsvereins (RKV) zu äußern (OA berichtete). Mittlerweile hat der 19-Jährige seine Meinung geändert: „Die vergangenen zweieinhalb Wochen waren psychisch sehr schwer für mich. Es ist sehr verletzend, wie über meine Familie, meine Mutter und mich geredet wird.“
Geishüttner wurde mitten in der Session am 20. Januar im Rahmen einer außerordentlichen Mitgliederversammlung des RKV abgewählt. 76 der anwesenden 80 Mitglieder stimmten für die Absetzung, vier Teilnehmer enthielten sich. Erst im vergangenen Juni wurde der Nümbrechter für zwei Jahre zum Präsidenten des RKV gewählt – trotz Bedenken hinsichtlich seines Alters und seiner Erfahrung. Doch die meisten Zweifel hätte er zu Beginn seiner Amtszeit ausräumen können, sagt Geishüttner heute. Auch in einer Vorstandssitzung, die am 4. Januar stattgefunden habe, sei dem damaligen Präsidenten zu verstehen gegeben worden, dass man beim RKV mit seiner Arbeit im Großen und Ganzen zufrieden sei.
Zwei Tage später postete der 19-Jährige auf einem seiner Instagram-Profile ein Foto, das ihn in der Folge womöglich seinen Posten beim Ründerother Karnevalsverein gekostet hat. Zu sehen ist eine Person, die eine Hundemaske, eine Präsidentenmütze und ein Jackett trägt; Geishüttner selbst ist nicht zu erkennen. Auch wenn der Account öffentlich ist: Rückschlüsse auf die Person, die den Account führt, könnten laut Geishüttner nicht gezogen werden – weder namentlich noch durch Ortsnennungen. Die Mütze habe er privat gekauft, das Logo des RKV sei nicht darauf angebracht. Außerdem sei dieser Account nicht mit seinem zweiten Account, der seinem privaten Umfeld bekannt ist, verknüpft gewesen. Wie das Profil und damit das beschriebene Bild von Mitgliedern des RKV entdeckt worden ist, sei ihm rätselhaft.
Derartige Hundemasken sind unter den Mitgliedern des eingetragenen Vereins „Puppy & Friends NRW“ üblich. Der Verein wurde im Herbst 2021 in der Aidshilfe Düsseldorf gegründet. Ziel sei unter anderem, die Akzeptanz von Fetischen und dabei insbesondere von Pup-Play (Englisch für „Menschliches Hundespielen“) in der Gesellschaft zu fördern. Auch Geishüttner sei seit rund einem Jahr Mitglied bei „Puppy & Friends NRW“. Der 19-Jährige findet das gepostete Bild nicht verwerflich: er habe zwei Vereine miteinander verbunden, so wie andere Mitglieder des RKV auch. „Dabei sollte egal sein, ob es sich um bestehende Strukturen wie mit der Torwache oder dem Schützenverein oder um neue Strukturen handelt“, findet der abgewählte Präsident.
Im Rahmen einer Sitzung des geschäftsführenden Vorstandes am 12. Januar sei Geishüttner seitens des RKV nahegelegt worden, sein Amt niederzulegen. Bereits einen Tag zuvor hatte der geschäftsführende Vorstand dem erweiterten Vorstand schriftlich mitgeteilt, die Zusammenarbeit mit dem jungen Präsidenten „umgehend beenden“ zu wollen. Innerhalb der Sitzung seien laut Geishüttner von Mitgliedern des RKV-Vorstandes unter anderem folgende Aussagen gefallen:
- „Wir sind im oberbergischen Karneval dazu nicht tolerant.“
- „Du musst zuerst ein richtiger Mann werden.“
- „Ich möchte nicht, dass ich bei einer Sitzung ausgebellt werde, wenn ich auf die Bühne gehe.“
„Das ist eine Intoleranz, die im Oberbergischen nichts zu suchen hat – auch im Karneval nicht“, sagt Karina Geishüttner, die Mutter des abgewählten Präsidenten.
Einen Tag später, am Freitag, 13. Januar, habe das Ründerother Prinzenpaar sämtliche Auftritte für das folgende Wochenende abgesagt. Außerdem sei an dem Tag per Mail und per WhatsApp zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eingeladen worden – darin zu lesen: „Einziger Tagesordnungspunkt ist die Abwahl des Präsidenten.“ Dies sei laut Geishüttner nicht formgerecht und satzungskonform. „Weder die Vorstands- noch die Mitgliederversammlung kann sich über die Satzung hinwegsetzen.“ Dies sei dem Vorstand durchaus bewusst gewesen. Selbst wenn der Beschluss der Mitgliederversammlung rechtlich nicht haltbar sei, so sei im Vorfeld kommuniziert worden, dass „klare Kante“ gezeigt werden müsse.
Eine Woche später wurde Geishüttner abgewählt. An der außerordentlichen Mitgliederversammlung habe der ehemalige Präsident nicht teilgenommen. Zunächst hatte Geishüttner einen Anwalt hinzugezogen. Mittlerweile hat er sich dafür entschieden, nicht gegen die Abwahl vorzugehen. Aus dem RKV ist er bereits vor einer Woche ausgetreten. „Ich fühle mich als Lückenbüßer“, so der 19-Jährige. Zur Wahl aufgestellt worden sei er nicht zuletzt aufgrund damaliger persönlicher Differenzen im RKV-Vorstand. Nun sei nach einem Grund gesucht worden, um ihn aus dem Amt entheben zu können.
Karina Geishüttner sorgt sich um ihren erst 19 Jahre alten Sohn, spricht sogar von Angst. So sei es in den vergangenen zweieinhalb Wochen nicht nur zu verbalen Anfeindungen gekommen; formuliert worden seien auch Drohungen, in denen es um körperliche Angriffe auf ihren Sohn geht. Geishüttner meide deshalb aktuell das karnevalistische Treiben im Oberbergischen. „Ich möchte Tradition und Brauchtum weiterbringen“, sagt der ehemalige RKV-Präsident – doch jetzt sehe er sich mit Mobbing, Intoleranz, Homophobie und Diskriminierung konfrontiert.
Seitens des Vereins werden die Vorwürfe vehement abgestritten. „Unser Verein ist bunt. Jeder ist bei uns willkommen“, sagt der RKV-Medienbeauftragte Sebastian Klein auf Nachfrage von OA. Dass Geishüttner homosexuell ist, sei „dem ganzen Verein“ vor der Wahl bekannt gewesen. Vielmehr gehe es bei der Thematik um Unstimmigkeiten mit dem Vorstand und dem erweiterten Vorstand sowie den Verlust einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. Zudem habe es sich bei dem Jackett nicht um irgendeine Jacke gehandelt, sondern um eine Vereinsjacke.
Seitens des RKV-Vorstandes wurde bezweifelt, dass Geishüttner „die Ernsthaftigkeit und die Verantwortung“ des Postens als Präsident des Ründerother Karnevalsvereins wirklich klar gewesen sei. Privat könne jeder seine Vorlieben und Neigungen ausleben, doch solle der RKV dabei „aus dem Spiel“ gelassen werden. Die Auseinandersetzungen beim Ründerother Karnevalsverein waren auch am vergangenen Samstag bei der Kostümsitzung des Vereins Thema (OA berichtete). Indes hoffen die Verantwortlichen, sich in den letzten Wochen der aktuellen Session doch noch ausgelassen dem karnevalistischen Feiern widmen zu können.
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