JUNGE LEUTE
Ein totaler Gewinn für die Schule
Gummersbach – Vom Unterricht bis zur Aufenthaltsqualität: am Kaufmännischen Berufskolleg Oberberg hat sich in den vergangenen zwei Jahren einiges verändert.
Im Januar 2023 wurde am Kaufmännischen Berufskolleg Oberberg (KBKO) mit dem Jugendforscher Simon Schnetzer eine Schülerstudie durchgeführt (OA berichtete). Dabei ging es nicht nur um die großen Themen wie Krieg, Corona, Klimawandel und Inflation, sondern auch um das Leben der Jugendlichen in Alltag und Schule und die Frage, warum sie so sind, wie sie nun mal sind. „Ich hatte das Gefühl, dass der Abstand zwischen Schülern und Lehrern größer wird, dass wir sie nicht mehr verstehen“, sagte Schulleiter Rainer Gottschlich damals im Gespräch mit OA. Seinen Schülern versprach er, Wünsche nach Veränderungen in der Schule anzugehen. Fast zweieinhalb Jahre sind seitdem vergangen – und tatsächlich ist die ein oder andere Veränderung am Berufskolleg mittlerweile sichtbar.
Ob eine digitalere Gestaltung des Unterrichts, ein verbessertes WLAN, die Wiedereröffnung des schuleigenen Kiosks, eine Verbesserung der Parksituation oder auch eine Chillout-Area: das sind einige Wünsche, die die Schüler damals hatten. „Wir sind auf einem guten Weg“, sagte Carsten Pille, der sich ab September um die Schulentwicklung kümmern wird, nun im Gespräch mit OA. Doch fast alle Schüler, die damals an der Studie teilgenommen haben, haben das Berufskolleg mittlerweile verlassen. Trotzdem läuft der Prozess, das Berufskolleg bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, weiter, sei in jeder Sitzung der Schülervertretung (SV) und auch in der Lehrerkonferenz Thema.
Eine Herausforderung dabei: die neuen Schüler in den Prozess zu integrieren, sie nicht zuletzt dafür zu begeistern. „Wir fangen immer wieder von vorne an, müssen Überzeugungsarbeit leisten, in Beziehungsarbeit gehen, damit uns die Schüler vertrauen können“, erklärte Pille. Dass am Berufskolleg eine etwas andere Luft weht, bestätigten Alketa Kelmendi, Manuel Pütz, Chantal Hyla und Lia Stavrou. Auf ihren vorherigen Schulen hätten sie oftmals das Gefühl gehabt, dass die Meinung der Schüler nicht wahrgenommen wird. Auf dem Berufskolleg sei das anders. „Hier ist man wirklich mit den Lehrern auf einem Niveau, kann sich unterhalten, Spaß machen – sogar mit dem Schulleiter“, sagte Schülersprecherin Chantal Hyla.
Auf der Website des Berufskollegs wurde ein sogenanntes Monitoring eingerichtet. In einer Spalte der Übersicht können die Schüler ihre Vorschläge eintragen. Außerdem ist dort zu sehen, welche Themen derzeit in Bearbeitung sind – so etwa der Bau eines Parkhauses, der bis zum Sommer 2026 fertiggestellt werden soll, oder auch die Umgestaltung des SV-Raums zu einem Aufenthaltsraum für alle Schüler samt neuem Büro für die Schülersprecher –, welche Ideen bereits realisiert worden sind und aus welchen Gründen so manch eine Idee wie die Errichtung eines Raucherunterstandes an der Schule nicht umgesetzt werden können.
Neu ist, dass alle Schüler einen digitalen Schülerausweis haben, über den sie auch Office-Programme herunterladen können. Außerdem ist der Kiosk im Schulgebäude seit September 2024 wieder geöffnet. Giusy Vecchione wurde als neue Pächterin gewonnen und bietet in der „Essbar“ nationale und internationale Speisen und Getränke an – ein totaler Gewinn für die Schule, wie die Beteiligten meinen. Im Aufenthaltsraum vor dem Kiosk wurden neue Möbel mit Lademöglichkeiten aufgebaut. Darüber hinaus gibt es moderne Spinde sowie digitale Stelen mit Bildschirmen, die nicht zuletzt zur Berufsorientierung genutzt werden: zu sehen sind unter anderem Stellenanzeigen, die mit einem QR-Code versehen sind, über den die Schüler bei den Unternehmen ihre Handynummer hinterlegen können – und schon kann ein Kontakt hergestellt werden.
Ein weiteres Thema ist die Handynutzung. Bearbeitet wird das in einem Arbeitskreis, der sich aus Schülern und Lehrern zusammensetzt. Zu Beginn wurde bei einem Workshop deutlich, dass der Medienkonsum die Jugendlichen nicht nur unterhalte, sondern auch belaste. Gottschlich sprach vor zwei Jahren gar von einem regelrechten „Hilfeschrei“. Manche Schüler würden sich stundenlang mit Instagram oder Snapchat beschäftigen oder über Streamingdienste nächtelang Serien „durchsuchten“, obwohl sie am nächsten Morgen wieder in die Schule müssten. Davon loszukommen, sei nicht leicht. Ein Handy-Verbot soll es an dem Berufskolleg aber nicht geben.
„Wir wollen das Handy aus der Teufelsecke holen“, sagte Rainer Gottschlich. „Wir Lehrer sind da kein bisschen besser, oder Erwachsene im Allgemeinen. Wir haben es auch nicht im Griff“, sagte er. Stattdessen soll es darum gehen, die Schüler zu sensibilisieren und Gamification zu nutzen, so etwa einem Schüler, der nicht mehr dem Unterricht folgt, sondern aufs Handy guckt, einen Tennisball zuzuwerfen und ihn damit so zu stören, wie das Handy den Lernprozess stört. Eine Idee der SV ist, über Rankings zu sehen, wer am wenigsten Zeit am Handy verbringt und das dann mit einem Bonus zu verbinden. Und wenn auch das nicht hilft, sollen die Handys freiwillig in einer „Handy-Garage“ abgegeben werden können.
„Aktuell wird an vielen Stellen die Demokratiebildung in den Schulen gefordert, wir nennen das einfach Schülerbeteiligung“, sagte Rainer Gottschlich. Durch das Einbinden der Schüler sollen diese nicht zuletzt Selbstwirksamkeit erfahren und ihren Selbstwert steigern. „Wir müssen euch alle stark machen, das ist elementar“, sagte er an die Schüler gerichtet. „Aber: wir dürfen das Ganze auch nicht zu sehr verwissenschaftlichen.“ Um diesen Veränderungsprozess am Berufskolleg zu finanzieren, greift die Schule laut Gottschlich auf verschiedene Töpfe zurück. Genutzt werde dafür schuleigenes Budget sowie Fördermittel, aber auch die Unterstützung des Fördervereins der Schule sowie externe Geldgeber. Eine weitere Schülerstudie wurde am KBKO noch nicht durchgeführt, ist aber in Überlegung.
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