LOKALMIX

Rotes Mahnmal für das Desaster einer Branche

bv; 23.06.2020, 11:42 Uhr
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Fotos: privat --- Auch das "Hammerwerk" in Engelskirchen ist drastisch von den Corona-Folgen betroffen.
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Rotes Mahnmal für das Desaster einer Branche

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bv; 23.06.2020, 11:42 Uhr
Oberberg - Auch in der Region waren etliche Gebäude in rotes Licht getaucht, um auf die extrem schwierige Lage der Veranstaltungs- und Eventwirtschaft aufmerksam zu machen.

Von Bernd Vorländer

 

In vielen Städten Deutschlands und natürlich auch in Oberberg waren am gestrigen Abend viele Gebäude blutrot angestrahlt. Initiatoren der Aktion "Night of Light" hatten dazu aufgerufen, wichtige Bauwerke in rotes Licht zu tauchen, um damit auf die existenziellen Probleme der Veranstaltungs- und Eventbranche nach dem Corona-Lockdown aufmerksam zu machen. Seit Mitte März ist in der Veranstaltungswirtschaft der Umsatz quasi zusammengebrochen. Messen, Konzerte, Tagungen - alles abgesagt. Zehntausende Mitarbeiter verfügen derzeit über kein geregeltes Einkommen. Und ein Ende der Misere ist nicht abzusehen. Das Verbot für Großveranstaltungen, das zunächst bis zum 31. August galt, wurde inzwischen bis Ende Oktober verlängert.

 

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"Viele in der Branche sind verzweifelt, melden sich bei uns und wissen einfach nicht mehr weiter", sagt Kerstin Meisner, Geschäftsführerin von memo-media in Reichshof. Ihr Verlag gibt ein Event-Branchenverzeichnis heraus, verbindet Kunden und Veranstalter - und muss nun Seelenmassage bei denen betreiben, die in der Veranstaltungswirtschaft tätig sind.

 

[Auch bei memo-media in Reichshof ist seit Monaten "Land unter".]

 

"Die meisten standen von einem auf den anderen Tag ohne Einkünfte da", so Meisner. Wichtig sei jetzt, den Menschen Klarheit zu geben, wann man wieder durchstarten könne. Die Ungewissheit hindere viele daran, mit Krediten wieder Perspektive aufzubauen. Veranstalter etwa wüssten nicht, wie sie Tourneen organisieren sollten, wenn in den Bundesländern eine unterschiedliche Rechtsgrundlage gelte. Die von der Regierung beschlossene Soforthilfe gehe an den Bedürfnissen der Betroffenen vorbei. "Das sind vielfach Solo-Selbständige, die bräuchten das Geld, um zu überleben, dürfen das für persönliche Dinge aber gar nicht verwenden", sagt Meisner.

 

[Rund 200 Veranstaltungen sind in der Halle 32 in den vergangenen Monaten gestrichen worden.]

 

Bei memo-media ist die Lage extrem angespannt. Natürlich arbeiten die drei Auszubildenden weiter, aber die übrigen Mitarbeiter sind auf staatliche Hilfe angewiesen, zwei Geschäftsführer verzichten derzeit auf Zahlungen. "Es ist selbstverständlich, dass wir uns bei der "Night of Light" beteiligen", so Kerstin Meisner.

 

Schwierig ist die Lage auch bei der Eventlocation "Hammerwerk" in Engelskirchen. Dort wo ansonsten das Lächeln und die überschäumende Freude bei vielen Hochzeiten im Jahr vorherrscht, ist die Laune aktuell auf dem Tiefpunkt. "Wir wünschen uns Perspektive: eine Erweiterung der Kapazitäten von 50 auf 100 Gäste würde uns in die Lage versetzen, endlich wieder Hochzeiten durchführen zu können", sagt Eventmanager Karsten Bonner. Seit drei Monaten stehe man komplett ohne Einnahmen da und bis Ende August seien die  meisten Veranstaltungen abgesagt worden. Zahlreiche Gespräche waren nötig mit Brautpaaren und Hochzeitsgesellschaften, um die zwischen März und Juni angepeilten Termine zu verlegen. Der Umsatzausfall im Hammerwerk dürfte schon sechsstellig sein. Derzeit wird durch Umbaumaßnahmen versucht, einen weiteren großen Raum zu schaffen, um eventuell zwei Hochzeitsgesellschaften unterbringen zu können.

 

[Foto: Brigitte Vogel --- Auch der Panarbora-Naturerlebnispark in Waldbröl beteiligte sich an der Night og Light-Aktion.]

 

Auch die Halle 32 in Gummersbach beteiligte sich an der "Night of Light". Es ging der KultGM darum, Solidarität zu zeigen mit der Veranstaltungsbranche, die extrem stark unter den Pandemie-bedingten Einschränkungen zu leiden hat. Auch in der Halle 32 sind seit März nahezu 200 Veranstaltungen ausgefallen. "Es ist eine einzige Katastrophe, uns sind ganze Märkte zusammengebrochen", sagt Martin Kuchejda, Leiter der Veranstaltungsstätte. Gottesdienste, Feiern, Tagungen und viele weitere Treffen mussten abgesagt werden. Obwohl die Veranstaltungsbranche Millionen Menschen Arbeit gebe und Milliarden an Steuern gezahlt würden, sei die Lobby bei den politischen Entscheidungsträgern offenbar klein, konstatiert Kuchejda.

 

[Foto: Oliver Müller --- Schwierige Zeiten auch für den GJ Eventservice in Lindlar.]

 

Gerrit Jüncke konnte in seinem GJ Eventservice Vertreter aller Ratsparteien begrüßen. Gemeinsam überlegte man, wie man die katastrophale Lage für die Veranstalter abgemildert werden kann. "Mein Ziel ist es, dass zeitnah wieder Bands und Musikvereine aus Lindlar auf der Bühne stehen. Das wäre für alle - Veranstalter, Musiker und Zuschauer - auch psychologisch wichtig", so Jüncke. Denkbar sei, dass das Kulturzentrum für diese Zwecke wesentlich günstiger oder auch kostenlos zur Verfügung stehen könne, hieß es von Parteienseite.

 

Die „Night of Light“ sei ein Fanal für die Situation vieler Betriebe in der Branche gewesen, so Dr. Ulrich S. Soénius, Geschäftsführer für Standortpolitik der IHK Köln. „Die Lage ist für viele Unternehmen in diesem Bereich weiterhin sehr angespannt.“  Gerade für Köln und die Region sei insbesondere die Kultur- und Kreativwirtschaft ein wichtiger Standortfaktor. 2018 erzielten die rund 12.600 Unternehmen im IHK-Bezirk aus diesem Bereich knapp zehn Milliarden Euro Umsatz. Das sei ein Viertel des Branchenumsatzes in ganz Nordrhein-Westfalen. „Es ist für unsere Region sehr wichtig, dass diese Branche die Krise so gut wie möglich übersteht“, sagt Soénius.

 

KOMMENTARE

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Ich bin mir aber sicher das Verhalten der Bürger sich verändert hat, soviele Veranstaltungsunternehmen wir vorher werden nicht mehr gebraucht.

Henrik Broder, 23.06.2020, 12:33 Uhr
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@ H.Broder Na dann ist ja alles in Butter!!!! Die Veranstaltungsbranche war eh zu groß und an allem Schuld oder warum sollte sich das Bürgerverhalten ändern? Manche Kommentare, wären vielleicht besser nicht geschrieben worden. Haben Sie Kenntnis davon, wie vielfältig die Eventbranche ist? Offensichtlich nicht. Hier stehen Existenzen auf dem Spiel. Mit über 1 Mio Arbeitnehmern und zusätzlich mind. nochmal doppelt sovielen Aushilfskräften ist die Eventbranche die viertgrößte in unserem Land; wenn diese Menschen in das soziale Netz unseres Staates zurückfallen, dann bekommt auch eine starke Volkswirtschaft wie unsere, Schluckbeschwerden, die sich dann auch auf Sie auswirken würden. Denn wie heißt es immer "Niemand ist eine Insel".

Stefan Tsolakidis, 23.06.2020, 22:58 Uhr
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