POLITIK
Ärztemangel: Waldbröl schaut auch auf Nümbrecht
Waldbröl – Hausärzteverband informierte im Sozialausschuss über die derzeitige Lage – Eröffnung des kommunalen medizinischen Versorgungszentrums in Nachbarkommune ein Faktor für die Kassenärztliche Vereinigung.
Von Lars Weber
Einst war der Planungsbezirk Waldbröl in Sachen Hausärzten gut bestückt. Immerhin rund 31 Hausarztsitze konnte der Bezirk bestehend aus den Kommunen Waldbröl, Morsbach und Nümbrecht vorweisen, die Bürgerinnen und Bürger waren dementsprechend versorgt. 14 Jahre sei das nun her, erzählte Dr. Ralph Krolewski, Vorsitzender des Hausärzteverbands Oberberg. Der Gummersbacher Allgemeinmediziner hat im Waldbröler Sozialausschuss über die hausärztliche Versorgungssituation in der Marktstadt referiert. Und schon damals gab es Probleme, Nachfolger für die Praxen zu finden. Inzwischen sind nur noch 19 Hausärzte im Planungsbezirk aktiv, zuletzt schloss die Praxis der Hausärztin Dr. Hehn-Wasilewski - eine Unterversorgung herrscht vor. Was nun passieren könnte und welche Rolle das MVZ Nümbrecht spielt, das im Sommer in der Nachbarkommune starten soll, dies skizzierte Dr. Krolewski dem Ausschuss.
Tatsächlich ist der Planungsbereich Waldbröl im Landesteil Nordrhein der einzige mit einem Versorgungsgrad von 74,8 Prozent und damit einer Unterschreitung der 75-Prozent-Marke: Dies bedeutet, dass dieser Bereich unterversorgt ist. Dieser Umstand sei laut Dr. Krolewski auch Ende Oktober durch den Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen beschlossen worden. Die Konsequenz: Sechs Monate nach der Feststellung einer Unterversorgung seien die Kassenärztlichen Vereinigungen zum Betreiben eigener Einrichtungen – dies kann auch in Kooperationen zum Beispiel mit Krankenhäusern passieren – verpflichtet, so der Gummersbacher Arzt. Ende April laufe diese Frist ab.
Zuletzt habe der Vorstand der KV beim sogenannten Sicherstellungsgipfel 2025 im Februar angegeben, strategische Partnerschaften mit Kommunen und Kreisen eingehen zu wollen, wobei der Südkreis im Oberbergischen derzeit den größten Handlungsbedarf erfordere. Weitere Informationen habe es allerdings nicht gegeben, erläuterte Dr. Krolewski.
Entscheidend für den Versorgungsgrad im Planungsgebiet Waldbröl werde nun das Zulassungsverfahren für das Medizinische Versorgungszentrum Nümbrecht, das die Gemeinde auf den Weg gebracht hat. Nach Verzögerungen seien inzwischen fünf Ärzte vor der Unterschrift, hieß es zuletzt (OA berichtete). Wie viele Hausärzte dabei sind, ist noch unklar. Im Mai tagt nun der Zulassungsausschuss. Sind mindestens zwei Hausärzte mit an Bord und das MVZ geht wie beabsichtigt im Juli an den Start, sei die KV nicht mehr selbst verpflichtet, eigene Einrichtungen zu verpflichten. Aktuell seien zehn Hausarztsitze im Planungsbezirk frei und zu besetzen.
Selbst wenn sich die Situation an dieser Stelle wieder etwas verbessern würde, machte Dr. Krolewski deutlich, dass die Problematik aufgrund der Zahlen beim ärztlichen Nachwuchs ein ständiger Begleiter bleiben wird. „Eine Generation lang ist nichts passiert und seit 2008 klingeln die Alarmglocken.“ Das Durchschnittsalter der Hausärztinnen und Hausärzte im Oberbergischen betrage derzeit 59 Jahre. „Ein nicht unerheblicher Teil der Versorgung wird noch durch Rentnerärztinnen und -ärzte bestritten, die ihre Patienten nicht im Stich lassen wollen und keine Nachfolger finden, ein ethisches Dilemma.“
Programme wie die „Landpartie“ der KV Nordrhein sorgten nicht dafür, dass genügend Mediziner den Weg in die Region antreten möchten. „Der Bedarf hier im Kreis pro Jahr beträgt sieben bis acht Hausärzte.“ Angestellte Hausärzte wohnten häufig in Köln und pendelten bis Engelskirchen und Lindlar. „Der Arbeitsweg nach Waldbröl ist bei städtischem Wohninteresse aber zu weit.“ Und nun? Zwar sehe der Gesetzgeber „bei Versagen der Sicherstellung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen“ staatliche Maßnahmen vor. Der Gummersbacher Mediziner verweist aber auch auf Modelle wie in den Niederlanden, wo zum Beispiel zwei speziell ausgebildete Fachkräfte jeweils einem Hausarzt zur Seite gestellt werden und Patienten unter ärztlicher Aufsicht versorgen. Ergänzt werden die Ärzteteams von weiteren Fachangestellten und Versorgungsassistenten.
Auch Digitalisierung oder Telemedizin könnten sich entlastend auswirken, wobei letztere auf einen Radius von 30 Fahrminuten um die Praxis begrenzt sei, um gewinnorientierte investorgeführte Teleklinik-Aktivitäten mit bundesweiter Behandlung einzudämmen, so Dr. Krolewski. Für Waldbröl wird es unter diesen Bedingungen schon schwierig mit der Telemedizin.
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