POLITIK
„Ich fühle mich wie Don Quijote auf Kreisebene“
Marienheide - Geplante Versetzung von Ortsschildern sorgt für Unmut - Anträge zum Haushalt.
Von Leif Schmittgen
In dieser Woche tagten in Marienheide der Haupt - und Finanzausschuss (HFA) sowie der Ausschuss für Klima und Umwelt (AKU). In beiden Gremien gab es Anträge vonseiten der Fraktionen zum kommenden Haushalt, doch besonders ein Vorhaben des Oberbergischen Kreises sorgte für Unverständnis und Kopfschütteln.
Haupt- und Finanzausschuss
Bürgermeister Stefan Meisenberg hatte mitgeteilt, dass die Behörde in Gummersbach die Versetzung von Ortsschildern an zwei Stellen plane. Jeweils wegen einseitiger bzw. nicht vorhandener Bebauung, weshalb dort kein Tempolimit von 50 km/h nötig wäre. Zum einen betroffen ist der Ortsteil Stülinghausen, wo die geschlossene Ortschaft nach Plänen des Kreises erst in Höhe des ehemaligen VDK-Heims beginnen würde. Zwischenzeitlich wären dort dann auf einigen hundert Metern mehr 100 km/h erlaubt. Unverständlich aus Sicht der Verwaltung, denn lautes Beschleunigen wäre vermutlich die Folge. Nur wenige Kilometer weiter auf der B 256 in Kalsbach wurde vor gut einem Jahr aus Lärmschutzgründen Tempo 30 erlassen (OA berichtete in einer Video-Reportage).
Ähnliches plane der Kreis an der Leppestraße kurz hinter der Grundschule. Dort soll der Status „geschlossene Ortschaft“ auf einer Strecke von etwa 230 Metern aufgehoben werden, ehe Wohnhäuser wieder Tempo 50 vorschreiben. „Ich bin nicht oft wortkarg, aber in diesem Fall absolut sprachlos“, haderte Meisenberg auch mit dem Umstand, dass in Höhe der Schule tagsüber Tempo 30 gelte und der betroffene Bereich „außerhalb“ der Ortschaft ein stark frequentierter Schulweg sei. „Zu einem Ortstermin wurde ich gar nicht erst eingeladen“, so der Bürgermeister. Auch schriftliche Anfragen zum Thema hätten bisher in Gummersbach keine Reaktion erzeugt. „Ich fühle mich wie Don Quijote auf Kreisebene“, beschrieb Meisenberg die Situation wie einen Kampf gegen Windmühlen.
[Im Bereich der Grundschule sind tagsüber 30 km/h erlaubt.]
OA hatte den Oberbergischen Kreis um eine Stellungnahme zum Thema gebeten und erhielt folgende schriftliche Antwort eines Kreissprechers: „Die beiden in Rede stehenden Einschätzungen der Straßenverkehrsbehörde basieren auf den gewonnenen Erkenntnissen einer Regelverkehrsschau, die der Oberbergische Kreis rechtlich zwingend durchzuführen hat. Vor der Entscheidung über entsprechende verkehrsrechtliche Anordnungen steht aber noch eine kreisinterne Abstimmung aus“.
Straßenreinigung, Friedhöfe und Kanal
Die Gemeinde Marienheide kalkuliert die Gebühren für Straßenreinigung, Abwasser und Friedhöfe nicht in Eigenregie und beauftragt dafür jährlich ein externes Unternehmen. Ergänzend zur Haushaltseinbringung (OA berichtete) stellte Viola Wallbaum von der Kommunal Agentur NRW das Zahlenwerk vor. Die Straßenreinigungs- und Friedhofsgebühren bleiben im Vergleich zum Vorjahr stabil, die seit 2002 bei 2 Euro pro Quadratmeter liegende Gebühr des Kanalschlusses wurde auf 7,50 Euro angehoben. Einstimmig empfahl der HFA dem Rat, der Gebührenkalkulation bei der Haushaltsverabschiedung am 5. Dezember zu folgen.
Anfragen und Anträge zum Haushalt
Die CDU-Fraktion stellte die Anfrage, wie sich die Investitionssumme von gut 1,2 Millionen Euro (aufgeteilt auf zwei Haushaltsjahre) für die Sanierung des Eingangsbereichs des Rathauses sowie der Modernisierung des Bürgerservice im Erdgeschoss genau aufteile. Denn, so die fraktionsübergreifende Meinung, eine solche Summe sei angesichts der zu erwartenden Haushaltsdefizite in den kommenden Jahren „enorm“ und dem Steuerzahler nur schlecht zu vermitteln.
Konkret geht es laut Verwaltung um die Sanierung der Treppe, deren Unterbau marode sei, sowie die Neugestaltung der zurzeit sehr engen, doppelten Eingangstüren und der Räumlichkeiten des Bürgerservice. Dort sollen Zwischenwände und moderne Möbel für ein zeitgemäßes Ambiente sorgen. Unisono bat die Politik um Kostenreduzierung. Da Investitionen zur Haushaltssatzung gehören, wurde diese gestern nicht wie geplant beschlossen, sondern die Entscheidung in den Rat verlegt.
Ein Antrag der SPD lautete, geplante 50.000 Euro als Förderung für private Photovoltaikanlagen besser für öffentliche Flächen zu verwenden. Dieser Vorschlag stieß auf Widerstand der übrigen politischen Vertreter, denn es müsse für die Bevölkerung weiterhin den Anreiz zur klimafreundlichen Modernisierung geben. Die Nachrüstung auf gemeindlichen Liegenschaften sei wegen mangelnder Tragfähigkeit der Dächer oder ungeeigneter Freiflächen pauschal nicht durchführbar. Bei jeder Sanierung oder einem Neubau werde von Fall zu Fall turnusmäßig die entsprechend mögliche Installation überprüft. Der Antrag wurde von den Sozialdemokraten zurückgezogen.
Ausschuss für Klima und Umwelt
Jene 50.000 Euro für die Förderung von Photovoltaikanlagen waren auch Thema in der Sitzung des AKU. Klimaschutzmanager Sebastian Golinski berichtete, dass die Förderung von bislang 100.000 Euro um die Hälfte gesunken sei. Im vergangenen Jahr wurden 119 Anträge genehmigt, die Warteliste war überschaubar. Das entspreche einer Summe von 1.000 Megawatt sauberem Strom. Mehrheitlich wurden die Mittel freigegeben, die finale Entscheidung liegt beim Rat.
Auf große Skepsis stieß das Vorhaben der Anschaffung eines sogenannten Klimasparbuchs eines externen Verlages, da individuell auf die Gemeinde zugeschnittene Tipps zum richtigen Umgang mit dem Thema beinhalten soll. Der Klimaschutzmanager hatte dafür 20.000 Euro bei einer Auflage von 8.000 Exemplaren vorgesehen, diese sollen an jeden Haushalt verteilt werden. Alternativmöglichkeiten nach regelmäßigen Veröffentlichungen auf der gemeindlichen Homepage oder in lokalen Medien wurden von CDU, SPD, Grünen und FDP diskutiert und größtenteils war man sich einig darüber, dass der Bürger das Heft nur einmal lese und es dann wegschmeiße.
Preisgünstigere digitale Möglichkeiten hätten laut Gremium zudem den Zweck, das Thema Umwelt und Klima regelmäßig in Erinnerung zu rufen. Schließlich beschlossen die Ausschussmitglieder mehrheitlich, dass die Verwaltung gemeinsam mit Nachbarkommunen über eine Anschaffung des Klimasparbuchs spreche. Ziel ist es, Synergien auszuloten und gemeinsam Kosten einzusparen.
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