POLITIK

„Nur mit PV-Anlagen auf Dächern und Parkflächen wird es nicht gehen“

lw; 04.06.2024, 10:06 Uhr
Symbolfoto: Como una Reina auf Pixabay
POLITIK

„Nur mit PV-Anlagen auf Dächern und Parkflächen wird es nicht gehen“

  • 0
lw; 04.06.2024, 10:06 Uhr
Lindlar – Kreisverwaltung hatte zu einem Forum zum Thema Photovoltaik im Oberbergischen Kreis ins Bergische Energiekompetenzzentrum auf Metabolon geladen.

Von Lars Weber

 

Die Ziele der Bundesregierung für die Energiegewinnung durch Photovoltaik sind für den Oberbergischen Kreis heruntergebrochen ambitioniert: Bis 2030 müssten 700 Megawatt (MW) hier produziert werden, bis 2040 sogar 1.300 MW. Momentan werden laut Landrat Jochen Hagt im Kreis aber gerade mal 20 Prozent von dem realisiert, was schon in sechs Jahren nötig wäre. Doch es kommt immer mehr Bewegung ins Thema. In Waldbröl wurde unlängst über einen PV-überdachten Parkplatz nachgedacht (OA berichtete), in Morsbach ist ein 10 MW-Anlage auf einer Freifläche angedacht. Bei den aufkeimenden Diskussionen und Planungen helfen soll der Handlungsleitfaden zum Thema Photovoltaik, den der Oberbergische Kreis unter Mithilfe von Kommunen, Naturverbänden, Landwirten und vielen weiteren Institutionen erstellt und im Februar vorgestellt hatte (OA berichtete). Um weiter im Gespräch zu bleiben, hat der Kreis nun die Reihe OBK-Forum „Landschaft. Klima. Energie“ gestartet, die am Montag auf Metabolon in Lindlar Premiere gefeiert hat. Im Mittelpunkt standen Möglichkeiten und Herausforderungen der PV-Technik.

 

WERBUNG

Den beiden Schlagworten fügte Landrat Hagt noch „Notwendigkeiten“ hinzu, denn der Ausbau werde auch nötig durch den Klimawandel und nicht zuletzt dem Krieg in der Ukraine, der die Abhängigkeiten Deutschlands im Energiebereich vor Augen geführt hatte. „Photovoltaik wird einen wichtigen Beitrag leisten bei der Energieversorgung“, so Hagt vor dem Start der Veranstaltung.

 

Gekommen waren rund 90 Besucher. Kommunen waren unter anderem durch Bürgermeister und Fachbereichspersonal vertreten, Stadt- und Gemeinderäte kamen ebenso wie Behörden, Institutionen und Energieunternehmen. Aber auch Bürger waren ins Bergische Energiekompetenzzentrum gekommen, um sich die Fachvorträge anzuhören und an Diskussionen teilzunehmen. Freiflächen-Photovoltaik war ebenso Thema wie die Diskussion, wie versiegelte und bereits bebaute Flächen für die PV-Installation genutzt werden können.

 

Auf letzterem sollte laut Hagt der Fokus liegen, aber: „Nur mit PV-Anlagen auf Dächern und Parkflächen wird es nicht gehen. Es werden auch Freiflächenanlagen nötig sein, um die gesteckten Ziele zu erreichen“. Und da würden die Probleme anfangen. „Die Konkurrenz in der Fläche im Kreis ist groß.“ Industrie und Landwirtschaft, Naturschutz und Infrastruktur, alles benötige auch in einem Flächenkreis wie Oberberg seinen Platz. Da die Genehmigung von großen Photovoltaik-Anlagen im Gegensatz zu Windkraftprojekten bei den Kommunen liege, wolle der Kreis unterstützen, wo es geht. „Der Handlungsleitfaden ist der einzige seiner Art in NRW“, so Hagt. Das Papier geht gerade in die kommunalen Gremien und wird – teils mit leichten Anpassungen – verabschiedet. Die OBK-Forum-Reihe soll an den Leitsätzen anknüpfen und Betroffene und Entscheider an einen Tisch holen. Sind viele kleine PV-Anlagen besser, oder einige wenige große? „Es sind differenzierte Betrachtungen nötig“, sagte Hagt.

 

Wie weit der Oberbergische Kreis bei Photovoltaikanlagen ist, darüber referierte Manfred Fischer vom Klimabündnis Oberberg. Demnach habe sich die installierte kW-Leistung durch PV-Anlagen im Kreis von 2022 auf 2023 verdoppelt, von rund 20.000 auf fast 40.000 kW. Wipperfürth trägt am meisten zur Gesamtleistung im Kreis bei. Kleinere Anlagen über 20 kW Leistung werden am häufigsten installiert (705), große Einzelanlagen über 1000 kW gibt es dagegen laut Fischer nur drei im Kreis. Die größte stehe auf dem Dach eines Industrieunternehmens in Radevormwald mit einer Leistung von knapp 2.100 kW.

 

 

Potenzial habe der Kreis – auf dem Papier – genug: Fast doppelt so viel Energie wie notwendig könnte hier durch PV produziert werden, würden sämtliche mögliche Flächen genutzt. 15 bis 16 Megawatt müsste jede Kommune rein rechnerisch bis 2030 über PV produzieren. Für 1 MW sei etwa eine Freiflächen-PV-Anlage über einen Hektar nötig, so Fischer. Der Mix werde nun wichtig werden, wie auch im nächsten Vortrag Rüdiger Brechler von der EANRW (Energie-Ansprechpartner für den nachhaltigen und regnerativen Wandel) sagte. Auf Dächern, an Fassaden, über Parkplätzen, in der Freifläche zum Beispiel als Agri-PV oder als Zaun, oder auch als Floating-PV auf Talsperren: „Das Flächenpotenzial muss kreativ genutzt werden, denken Sie offen“.

 

In der Folge erfuhren die Forum-Teilnehmer noch die Sichtweisen von Kommunen, Landwirtschaft und Naturschutz zum Handlungsleitfaden, es ging aber auch um planungsrechtliche Fragen, die Anbindung von PV-Anlagen ans Stromnetz aus Sicht eines Netzbetreibers oder Modelle zur Bürgerbeteiligung. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Kreisplanungsdezernenten Frank Herhaus. Dieser ist auch an weiteren Terminen dran. Der OBK möchte weitere Veranstaltungen zu dem Thema anbieten, unter anderem soll auch die Industrie eingeladen werden.

KOMMENTARE

0 von 800 Zeichen
Jeder Nutzer dieser Kommentar-Funktion darf seine Meinung frei äußern, solange er niemanden beleidigt oder beschimpft. Sachlichkeit ist das Gebot. Wenn Sie auf Meinungen treffen, die Ihren Ansichten nicht entsprechen, sehen Sie von persönlichen Angriffen ab. Die Einstellung folgender Inhalte ist nicht zulässig: Inhalte, die vorsätzlich unsachlich oder unwahr sind, Urheberrechte oder sonstige Rechte Dritter verletzen oder verletzen könnten, pornographische, sittenwidrige oder sonstige anstößige Elemente sowie Beschimpfungen, Beleidigungen, die illegale und ethisch-moralisch problematische Inhalte enthalten, Jugendliche gefährden, beeinträchtigen oder nachhaltig schädigen könnten, strafbarer oder verleumderischer Art sind, verfassungsfeindlich oder extremistisch sind oder von verbotenen Gruppierungen stammen.
Links zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
WERBUNG