POLITIK

„Ohne Hilfe von Bund und Land kommen wir da nicht raus!“

lw; 30.11.2022, 20:00 Uhr
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„Ohne Hilfe von Bund und Land kommen wir da nicht raus!“

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lw; 30.11.2022, 20:00 Uhr
Gummersbach – Kreisstadt steht vor Haushaltssicherungskonzept – Faktoren von außen trüben die finanzielle Situation – Stadtentwicklung soll aber weitergehen.

Von Lars Weber

 

Sieben Jahre in Folge durfte Gummersbachs Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit Haushaltsüberschüsse verkünden. Diese Serie ist nun gerissen, wie die Einbringung des Haushaltsentwurfs bei der heutigen Sitzung des Rats gezeigt hat. Rund 167,6 Millionen Euro Erträgen stehen 181 Millionen Euro Aufwendungen gegenüber, ein „ordentliches Minus“ von rund 13,3 Millionen Euro, das auch mit dem Griff in die Ausgleichsrücklage (10,3 Millionen Euro) noch nicht ganz auszugleichen sein wird. Die Prognosen für die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung verheißen nichts Gutes: Die allgemeine Rücklage wird so verringert, dass Gummersbach gemäß der NRW-Gemeindeordnung nicht um ein Haushaltssicherungskonzept umhinkommen wird. Zumindest für 2023 möchte Bürgermeister Frank Helmenstein an den Steuersätzen trotzdem nicht rütteln, um die Bürger nicht weiter zu belasten. Für die Jahre danach konnte er solch ein Versprechen nicht geben.

 

Noch, so erklärte die Verwaltungsspitze bereits am Dienstag bei einem Pressegespräch, gebe es aber eine Chance, aus dem Jahr 2023 mit einem blauen Auge herauszukommen. Dafür müssen zum einen erst einmal alle Faktoren feststehen und durchgerechnet werden, die momentan noch nicht in die Berechnungen einfließen konnten. Dazu gehören die Orientierungszahlen und die Steuerschätzungen des Landes, aber auch die endgültigen Zahlen bei der Kreisumlage. Diese könnte durch eine geringere LVR-Umlage noch ein wenig sinken, allerdings fresse die Abgabe an den Kreis bereits jetzt sämtliche Gewerbesteuereinnahmen der Stadt. Dies gilt zumindest für normale Jahre. Doch 2022 verspricht bei den Gewerbesteuereinnahmen ein Rekordjahr zu werden, was Helmenstein als klares Zeichen für den stabilen Wirtschaftsstandort Gummersbach wertet. 45 Millionen Euro Einnahmen werden unter dem Strich erwartet, geplant waren 33 Millionen Euro. Diese Entwicklung könnte es – zum anderen – möglich machen, die Ausgleichsrücklage um vier Millionen Euro zu verbessern und so zumindest 2023 doch noch einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

 

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Da dafür alle Zahlen und Rechnungen vorhanden sein müssen, soll der Haushalt erst im April verabschiedet werden, wenn der Entwurf des Jahresergebnisses 2022 feststeht. Und so könnte zumindest in diesem Jahr die Haushaltssicherung doch noch verhindert werden. Aufgehoben ist aber nicht aufgeschoben, denn auch in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2026 rechnet Halding-Hoppenheit mit Fehlbeträgen.

 

Dabei sogar noch herausgerechnet sind die Mehrkosten, die durch die Pandemie und – was neuerdings vom Land ermöglicht wurde – den Krieg (zum Beispiel Energie, bei Strom haben sich die Kosten fast vervierfacht) verursacht werden. Für das kommende Jahr isoliert der Kämmerer mit dieser „Bilanzierungshilfe“ rund 9,8 Millionen Euro, die Jahre danach noch jeweils rund 5,76 Millionen Euro. Halding-Hoppenheit wird dem Rat vorschlagen, die Abschreibung wie erlaubt über 50 Jahre zu ziehen. „Etwas anderes kommt nicht infrage.“ Glücklich ist die Verwaltungsspitze damit aber nicht, diese Aufgabe auf nachfolgende Generationen abzuladen – auch wenn sie eine gute Infrastruktur hinterließen.

 

Was Helmenstein, Halding-Hoppenheit und den technischen Beigeordneten Jürgen Hefner vor allem stört: Sämtliche finanziellen Herausforderungen kommen durch Faktoren von außen, die sie nicht beeinflussen können. Weltpolitische Entwicklungen sind das eine, rechtliche Vorgaben von Bund und Land das andere. „Wir sind massiv von diesen externen Faktoren abhängig.“ Da ist zum Beispiel der Rechtsanspruch beim Thema OGS oder unumgehbare weitere Personalstellen unter anderem im Jugendamt. Aktuell gebe es aber auch beim Thema Flüchtlinge und Asyl einen millionenschweren Fehlbedarf.

 

Die Leistungen der Kommunen würden nicht ausreichend ausgeglichen, sie seien strukturell unterfinanziert. „Leistbar ist das alles nur mit Kassenkrediten.“ Die Liquiditätskredite steigen laut Plan allein von 2022 auf 2023 von rund 70 Millionen Euro auf 92,1 Millionen Euro an. Und diese Richtung wird beibehalten: 2024 werde voraussichtlich der Kreditdeckel, der bei 105 Millionen Euro eingezogen wurde, gesprengt werden. Helmenstein wird deutlich: „Wir werden aus dieser Situation nur mit der Hilfe von Land und Bund herauskommen!“ Das Thema Altschulden müsse endlich angegangen werden.

 

Die Stadtspitze will ihre eigenen Hausaufgaben natürlich weiter gewissenhaft erfüllen, weshalb sie den Haushaltsentwurf auch mit „Klarer Kurs für gute Aussichten“ überschrieben hat. Denn die gute und stabile Entwicklung bei den Gewerbesteuereinnahmen oder auch bei der Bevölkerungszahl lassen Helmenstein optimistisch bleiben. 14,5 Millionen Euro sollen 2023 investiert. Man wolle die Stadt weiter gestalten – ohne Nettoneuverschuldung. Die Stadtentwicklung sei dabei im vollen Gange – auch mithilfe von Investoren und Unternehmen, die an den Standort Gummersbach glaubten. Der Rathauschef nannte das Hotel oder auch die Halle 51 als fertige Beispiele, weiter wird wie berichtet beim alten Amtsgericht und bei den ehemaligen Polizeigebäuden einiges passieren. Vorfreude besteht auf die Fertigstellung der Vogtei – vorerst eines der letzten großen Stadtentwicklungsprojekte mit klassischer Förderung angesichts des Rückzugs des Bundes aus der Städtebauförderung.

 

Der Breitbandausbau, das neue Wohnquartier in Strombach anstelle der alten Hauptschule, die Umsetzung des Brandschutzbedarfsplans, weitere Verbesserungen bei den Schulen und die Fortführung der Klimaschutzkampagne: Gummersbach hat noch viel vor.

 

Eine Übersicht über die Eckdaten des Gummersbacher Haushaltsentwurfs gibt es hier.

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