Wiehl – Im Juni soll im Rat die Standortfrage geklärt werden – Neubau im Wiehltalstadion oder Verbleib am gewohnten Platz – Fraktionen nehmen Stellung.
Von Lars Weber
Sechs Jahre. Solange basteln Verwaltung und Politik bereits an der Zukunft des Wiehler Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums herum. 2016 gab es schon den ersten Förderantrag, die Rückkehr zu G9 brachte das Konzept durcheinander, Anfang 2019 wurde das Architektenbüro pvma zum Sieger eines Planungswettbewerbs gekürt. Der Plan: Am bisherigen Standort neu bauen und teils sanieren. Dann führte eine Kostenexplosion zu einer „Optimierungsphase“. Fördersituation und Siegerentwurf wurden analysiert. In der Zwischenzeit hatte die Wiehler CDU aber einen ganz neuen Vorschlag: Neubau auf dem Gelände des Wiehltalstadions. Da die Christdemokraten die absolute Mehrheit bei der Wahl aber verpassten, müssen die Stadtverordneten nun zuvorderst die grundsätzliche Frage beantworten, wo es mit der Planung weitergehen soll.
Diese wird bei der Ratssitzung am 22. Juni gestellt, wenn es um die Frage geht, ob das Wiehltalstdion erhalten bleiben soll. Bei der jüngsten Schulausschusssitzung bekam der Antrag von SPD, Grünen und FDP eine Mehrheit. Für den Rat bindend ist das aber nicht. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass die CDU ihre Vision trotzdem versucht ins Ziel zu bringen. Offene Fragen gibt es nach der Klärung dieser Frage bei den anschließenden Diskussionen und Planungen noch genug – was mit der Wiehltalhalle passiert oder ob die Grundschule auch noch am Gymnasium untergebracht werden soll, um nur zwei zu nennen.
OA stellt die beiden in der Diskussion verbliebenden Varianten gegenüber. Grundlage ist die Analyse der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK) und des Beratungsunternehmens Drees und Sommer, die die Verwaltung in Auftrag gab. Zudem hat OA bei den Fraktionen nachgefragt, die bereits in einem neu geschaffenen Arbeitskreis an der Zukunft des Gymnasiums gemeinsam werkeln.
Umsetzung des optimierten Siegerentwurfs
Das „Bildungs- und Kulturzentrum Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium“ wird fünfzügig geplant. Die beiden Gebäude an der Hauptstraße würden abgerissen und durch zwei verbundene Neubauten ersetzt. Das hintere Gebäude würde dagegen saniert und umgebaut. Die Projektdauer wird auf sechs bis 6,5 Jahre geschätzt. Der Schulbetrieb müsste komplett ausgelagert werden. Möglich ist ein Containerdorf im Wiehltalstadion. Dafür wird in der Finanzprognose ein hoher einstelliger Millionenbetrag veranschlagt. Die Kosten für die Umsetzung der Planungen insgesamt liegen schätzungsweise im mittleren zweistelligen Millionenbereich, mit Städtebauförderung dürfte es noch etwas billiger werden.
[Grafik: Architektenbüro pvma --- So sah der Gewinnerentwurf Anfang 2019 aus.]
Als Vorteile dieser Variante nennt die DSK unter anderem die Qualität des Wettbewerbsergebnisses, die Verfügbarkeit von Wiehltalhalle und Sporthallen während der Bauzeit und dass es keinen weiteren Flächenverbrauch im Stadtbereich gibt. Zudem ist das Baurecht vorhanden. Nachteile – neben den Kosten für das Containerdorf – seien, dass das Stadion für etwa drei Jahre nicht verfügbar sei, bis zum Baubeginn weitere Kosten für die Instandhaltung der bisherigen Gebäude anfielen (laut Schätzungen mehr als eine Million Euro) und die Beeinträchtigungen des Schulbetriebs durch die Baustelle für mehrere Jahre. Zudem fielen nach Fertigstellung der Schule Kosten für die Modernisierung des Wiehltalstadions an.
Neubau im Wiehltalstadion
Auch der Neubau wird momentan fünfzügig geplant. Am alten Standort würden alle Gebäude – auch die Wiehltalhalle – abgerissen. Dort könnte ein Wohngebiet entstehen, das Geld beim Verkauf der Grundstücke generiere. Für den Neubau würden laut Schätzungen ähnlich wie bei der anderen Variante Kosten im mittleren zweistelligen Millionenbereich anfallen. Weit auseinander seien die beiden Projekte in Sachen Investitionsvolumen aber nicht. Die Umsetzung des Projekts würde auch hier bis zu 6,5 Jahre dauern.
Vorteile: Der Schulbetrieb wäre am alten Standort störungsfrei möglich, auch wenn natürlich weitere Ausgaben für die Instandhaltung anfielen. Dafür entfielen Kosten für ein Containerdorf. Für Entlastung beim Planungs- und Bauprozess könnte die Vergabe an einen Generalunternehmer sorgen. Die Kostensicherheit sei zudem höher einzuschätzen als bei der anderen Variante.
Planungen existieren für den Neubau bislang allerdings keine. Die Stadt müsste wieder ganz von vorne anfangen. Außerdem wäre ein Bebauungsplanverfahren notwendig, um überhaupt Baurecht zu schaffen. Darüber hinaus fiele das Wiehltalstadion weg. Ein Ersatz an anderer Stelle würde weitere Investitionen für den Bau, Grunderwerb und die Erschließung nötig machen. Drei Standorte kämen gemäß einer groben Analyse infrage für ein neues Stadion. Ob ein Bau aber tatsächlich realisiert werden kann, steht in den Sternen.
Das sagen die Fraktionen im Wiehler Rat
CDU
Die Christdemokraten sprechen sich deutlich für den Neubau auf der Fläche des Stadions aus. „Die Entscheidungen hinsichtlich des Bildungs- und Kulturzentrums (DBG) – sowie allen anderen Schulstandorten - müssen wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll sein“, so Fraktionsvorsitzende Larissa Gebser. Ein Neubau sei kostensicher, zeitsparend in der Umsetzung und könne konzeptionell genau passend zu den schulpolitischen Entwicklungen und den aktuellen Rahmenbedingungen dieser Zeit gestaltet werden. „Zudem ist allgemein bekannt, dass eine Oldtimer-Restaurierung ein Hobby ist, aber keine wirklich ökonomisch sinnvolle und ökologisch vernünftige oder zeitgemäße Option“, kritisiert die CDU die Sanierungsoption. Bezüglich einer Alternative zum Stadion sagt die CDU: „Selbstverständlich sind uns Schul- und Vereinssport generell wichtig, sodass wir nach Raumalternativen suchen, um ein Angebot zu schaffen, was den tatsächlichen Erfordernissen und Bedürfnissen entspricht.“
SPD
Die SPD hat sich kürzlich erneut öffentlich klar positioniert: So sprach sich der Vorstand der SPD Wiehl in der jüngsten Vorstandssitzung erneut einstimmig für den Erhalt der Sportstätte aus. „Es ergibt einfach keinen Sinn, vorhandene Infrastruktur aus dem Schulumfeld herauszulösen, um dann außerhalb für viel Geld ein neues Sportgelände zu errichten“, so Bernd Teuber in der Mitteilung. Außerdem bekräftigten die Sozialdemokraten die Idee einer durchgängigen Grün- und Bewegungsfläche entlang der Wiehl.
Grüne
Die Grünen haben in einer Frage eine eindeutige Meinung: „Wir sind klar gegen die Bebauung des Wiehltalstadions“, sagt Fraktionschef Jürgen Körber. Die grüne Lunge der Stadt solle zudem weiterhin erhalten bleiben und die weitere Versiegelung von Flächen verhindert werden. Zwar seien die Grünen offen, wie der Neubau und die Sanierung am alten Standort voranschreitet, allein aus Zeitgründen empfehlen sie aber den Siegerentwurf umzusetzen. „Sonst müssen wir wieder von vorne anfangen.“ Allerdings gibt es noch offene Fragen, die aus ihrer Sicht geklärt werden müssen, beispielsweise die Zügigkeit des Gymnasiums.
FDP
Die FDP-Fraktion lehnt eine dauerhafte Bebauung des Stadions ab, da kein geeigneter alternativer Standort für ein neues Stadion zu erkennen ist. „Man löst kein Problem, indem man ein neues, unlösbares schafft“, so Dr. Erwin Kampf. Stattdessen befürworten die Liberalen die zeitnahe Umsetzung des Siegerentwurfs. „Eine vollständige Neuplanung würde unvertretbar lange dauern und Zeit haben wir nach einer fast sechsjährigen Planungsphase nun keine mehr.“ Eventuell sinkenden Schülerzahlen während der Bauphase sollte ein qualifiziertes Bildungsangebot und die Umwandlung der TOB in eine Gesamtschule zeitnah entgegengestellt werden. Das Ziel der FDP bis 2030: „Ein attraktives, bipolares Schulsystem mit einem modernen geisteswissenschaftlichen Gymnasium und einer technisch orientierten Gesamtschule, welche sich bei hoher gegenseitiger Durchlässigkeit synergetisch ergänzen“.
UWG
Die UWG Wiehl ist für den Neubau eines Gymnasiums, da so ein modernes Schulgebäude geschaffen werde, das pädagogisch notwendigen Bedürfnissen entspricht. „Dieser Neubau muss nicht unbedingt auf dem Stadiongelände stattfinden“, sagt Fraktionschef Hans-Peter Stinner. Zukunftsorientiert möchte die UWG Wiehl auf Dauer das Gymnasium und die Sekundarschule - perspektivisch eine Gesamtschule - an einem Standort unterbringen. „Aus unserer Sicht muss das bei der Bauplanung berücksichtigt werden.“ Beide Schulen seien bei einer entsprechenden Planung durch die Architekten auch auf dem jetzigen Gelände des Gymnasiums als Bildungs-Campus unterzubringen. „Wir brauchen eine langfristig sinnvolle Lösung. Ein Bildungs-Campus mit dem Gymnasium und einer Gesamtschule an einem Standort hat auf Dauer viele Vorteile für die Schüler und auch die Stadt Wiehl als Schulträger.“
AfD
Nach den aus Sicht der AfD erfolglosen Debatten über die Modernisierung des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums in Wiehl in den vergangenen Jahren steht für den AfD-Fraktionsvorsitzenden Daniel Schwach fest: „Die Kommunalpolitik steht gerade in diesen Zeiten von Bildungsabstinenz in der Verantwortung nachhaltig in die Bildungsinfrastruktur zu investieren. Wir als AfD befürworten die Erneuerung und Modernisierung des Gymnasiums am jetzigen Standort und lehnen einen Neubau am Ort des Wiehltalstadions kategorisch ab." Schüler und Lehrer brauchten schnellstmöglich eine zukunftsfähige Lösung, damit eine angemessene Lernatmosphäre auf dem Stand des 21. Jahrhunderts in Wiehl Einzug halte.
Linke
Ein Neubau ist nach aktuellen Kostenschätzungen zwar vier bis fünf Millionen Euro günstiger – die Konsequenz aber, dafür das Stadion aufzugeben, was ein erheblicher Einschnitt in die Infrastruktur für den Breitensport wäre, wäre eine völlig falsche Entscheidung, so Matthias Lammerich, Fraktionschef von Die Linke. Ein gleichwertiger Ersatz für das Stadion wäre hier zwingende Voraussetzung, um einen Neubau an dieser Stelle in Erwägung zu ziehen. „Nun kommen nach Information der Verwaltung dafür aber nur drei Standorte infrage, bei denen aber eine kurzfristige Realisierung nicht möglich ist.“ Da sich die Suche nach einem alternativen Standort für einen Neubau ebenso als schwierig erweist, „wird sich unsere Fraktion aller Voraussicht nach für die Sanierung und gegen einen Neubau entscheiden“, so Lammerich.
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