SPORTMIX
Agathaberg sorgt für Taktikwechsel: Politt triumphiert bei „Rund um Köln“
Oberberg – Die 104. Auflage des Traditionsrennens führt erneut durch Wipperfürth und Lindlar – Viele Fans am Straßenrand – Ein Lokalmatador gewinnt.
Von Peter Notbohm
Der Fluch ist gebrochen: Bei der 104. Auflage des ältesten noch existierenden deutschen Straßenradrennens „Rund um Köln“ hat erstmals seit 2006 wieder ein Deutscher gewonnen. Die Entscheidung fiel kurz vor dem Ziel. Der in Köln geborene Nils Politt vom Team BORA-hansgrohe setzte fünf Kilometer vor dem Ziel zu einem finalen Angriff in der Dreier-Ausreißer-Gruppe an und überquerte die Ziellinie nach 4:28:21 Stunden mit einem soliden Vorsprung vor seinem Teamkollegen, dem Niederländer Danny van Poppel (+13 Sekunden), sowie dem Kölner Nikias Arndt vom Team DSM (+18 Sekunden).
In einem spannenden und abwechslungsreichen Rennen hatte sich das Trio am Ferrenberg in Overath auf dem Weg Richtung Lindlar-Hohkeppel 55 Kilometer vor Schluss von der Spitzengruppe abgesetzt und phasenweise einen Vorsprung von über einer Minute herausgefahren. Die Verfolger starteten zwischenzeitlich zwar noch eine Aufholjagd, waren sich insgesamt aber zu uneinig bei der Führungsarbeit an der Spitze des knapp 30-köpfigen Feldes, um die Lücke noch einmal entscheidend zuzufahren.
[Die schmale Passage am Agathaberg zog das Feld schon früh weit auseinander.]
Zwar begannen nun auch Politt, van Poppel und Arndt, sich gegenseitig zu attackieren - nachdem der Vorsprung auf die Verfolger 14 Kilometer vor dem Ziel aber auf 20 Sekunden geschrumpft war, stellten sie die Scharmützel vorübergehend ein, um ihren Vorsprung nicht zu riskieren. Spätestens auf dem flachen Kölner Stadtgebiet stand aber fest, dass die drei Ausreißer nicht mehr gestellt werden können. Die beide BORA-Fahrer starteten mehrere Attacken, ehe Politt zum finalen Angriff ansetzte und Nachfolger des Belgiers Baptiste Planckaert wurde, der 2019 gewonnen hatte.
„Es war immer mein Traum, mein Heimrennen zu gewinnen“, sagte der Sieger im Anschluss. Dabei hatte sein Team eigentlich eine andere Taktik fahren wollen. „Wir wollten das Rennen eigentlich erst später schwer machen, haben uns am Agathberg aber kurzfristig umentschieden“, so Politt weiter.
[Am Eventpoint in Agathaberg wurde mit Spannung die Bergwertung verfolgt.]
Auch der Drittplatzierte Nikias Arndt sprach von einem „ richtig geilen Rennen“: „Natürlich hätte ich mein Heimrennen gerne gewonnen, aber es ist ein verdienter Sieg von Nils. Der Schlüssel war, dass wir lange kooperiert haben. Am Ende war es für mich gegen zwei Mann vom Bora-Team aber schwer noch etwas auszurichten.“
Über 140 Radprofis aus fünf UCI World Teams und elf Continental Teams waren um 10:35 Uhr im Kölner Rheinauhafen auf die insgesamt 199,3 Kilometer lange Strecke gestartet. Mit hohem Tempo (Sieger Politt fuhr einen Schnitt von 44,6 km/h) ging es in Richtung des Bergischen Lands auf direktem Weg Richtung Wipperfürth.
An den Eventpoints in Thier und Agathaberg verfolgten wieder zahlreiche Zuschauer das Renngeschehen und genossen bei bestem Wetter das kulinarische und kulturelle Angebot der veranstaltenden Vereine. In Agathaberg wurde das Rennen zudem auf einer großen Leinwand gezeigt. „Wir freuen uns definitiv nach der langen Pause endlich wieder hier zu sein“, sagte Helmut Kortz (Foto) vom Dorfverein Agathaberg. „Für unser Dorf ist das ein echtes Highlight“, hatte er kaum Probleme Helfer für Aufbau zu finden: „Nach Corona waren alle sehr motiviert und mit vollem Einsatz dabei.“
In diesem Jahr hatten sich die Organisatoren von „Rund um Köln“ um den neuen Sportlichen Leiter André Greipel eine besondere Finesse für das Feld einfallen lassen. Der Agathaberg musste mit seiner Maximalsteigung von 27 Prozent gleich drei Mal bezwungen werden – zwei Mal wurden Punkte für die Bergwertung vergeben. Warum der Agathaberg im Fahrerfeld als „Dreckswelle“ bezeichnet wird, zeigte sich schon auf der ersten Anfahrt. Im Peloton mussten viele Fahrer auf der schmalen Passage abbremsen und teilweise sogar absteigen.
Die Sieger der dortigen Bergwertung waren Jonas Koch sowie Caspar Pedersen. Der Däne musste in der Gesamtbergwertung Lokalmatador Politt aber den Vortritt lassen, der an den Wertungen in Bergisch Gladbach die Punkte abräumte. Auch die Sprintwertung gewann der Kölner.
„Das war ein überragendes Rennen mit tollem Publikum an der Strecke. Endlich wieder internationaler, spannender, hochklassiger und emotionaler Radsport in Köln. Dass Nils auch noch das Rennen gewonnen hat, rundet einen perfekten Tag ab“, sagt André Greipel zu seiner Premiere als Sportlicher Leiter. Insgesamt 3.270 Teilnehmer starteten bei den Velodoms, an denen jedermann teilnehmen konnte. Auch der Termin für „Rund um Köln“ im kommenden Jahr steht bereits fest: Es ist der 21. Mai 2023.
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