BLAULICHT

„Gewaltbereitschaft in Gesellschaft nimmt zu“

lw; 03.04.2024, 15:55 Uhr
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Archivfoto: Peter Notbohm ---Mitte November mussten sich Beamte mit ihrer Dienstwaffe gegen den Angriff eines 30-Jährigen wehren, der mit einem Messer auf sie losgegangen war. Der Prozess gegen den Mann beginnt am 26. April.
BLAULICHT

„Gewaltbereitschaft in Gesellschaft nimmt zu“

lw; 03.04.2024, 15:55 Uhr
Oberberg – Kriminalitätsstatistik vorgestellt - Zwar ist der Oberbergische Kreis der sicherste in NRW, einige Deliktsbereiche machen aber trotzdem Sorgen – Wie im Land ist auch Ausländerkriminalität ein Thema.

Von Lars Weber

 

Wenn es um den sichersten Landkreis in ganz NRW geht, gibt es am Oberbergischen Kreis momentan kein Weg vorbei. Im vergangenen Jahr sank die Gesamtzahl der Straftaten um 7,5 Prozent auf 11.573, die Kriminalitätsbelastung liege deutlich unter dem Landesschnitt, sagten Landrat Jochen Hagt und Direktionsleiterin Carolin Callies bei der heutigen Präsentation der Kriminalitätsstatistik. „Im Kreis läuft man statistisch gesehen alle 24 Jahre Gefahr, Opfer einer Straftat zu werden“, so Hagt, fast bei sämtlichen Delikten zeigt der Pfeil in der Statistik nach unten.  Auch die Aufklärungsquote stimmte, sie war die Viertbeste im Land (61,7 Prozent). „Das Leben hier ist sicher“, so Hagt, der aber auch zweierlei weiß: Kriminalität ist natürlich weiterhin da und das subjektive Sicherheitsgefühl der Bürger wird von anderen Faktoren mehr beeinflusst als nackten Zahlen.

 

[Foto: Lars Weber --- Landrat Jochen Hagt und Carolin Callies, Direktionsleiterin Kriminalität, stellten die Kriminalitätsstatistik vor.]

 

Dazu gehören medial begleitete Straftaten gegen das Leben, wie es sie im vergangenen Jahr in Gummersbach (OA berichtete über den laufenden Prozess), aber auch in Radevormwald (OA berichtete) gegeben hatte – diese Art von Delikten gab es 2023 zwei mehr als im Jahr zuvor, es waren insgesamt sieben.

 

Zur Beeinflussung des subjektiven Sicherheitsgefühls gehören aber auch tätliche Angriffe auf die Staatsgewalt, Widerstand dagegen oder Gewalt gegen Einsatzkräfte. Besonders natürlich, wenn sie sich wie bei dem Vorfall im November in der Gummersbacher Fußgängerzone am helllichten Tag abgspielen, bei dem Polizisten gegen den Messer-Angreifer die Dienstwaffe einsetzen mussten und dazu noch unbeteiligte Dritte verletzt wurden (OA berichtete). Während letzteres natürlich sehr bedauert werde, sagte Hagt noch einmal, dass die Polizisten richtig gehandelt hätten. 118 Delikte gab es in der Kategorie, vier mehr als 2022. „Das ist ein Unding“, machte Hagt klar. „Jede Tat ist eine zu viel“, so Callies.

 

[Grafiken: Polizei OBK.]

 

Dass die Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft generell ansteige, wie Callies sagte, machte sie auch an der steigenden Zahl der Raubdelikte fest. 92 Taten gab es 2023, und damit 18 mehr als in dem Jahr zuvor. „Die gestiegene Gewaltbereitschaft ist ein bundesweites Phänomen“, sagte Hagt. Die Polizei und die Ordnungsämter könnten im Rahmen ihrer Kooperation die Präsenz im öffentlichen Raum zwar bis zu einem gewissen Grad erhöhen, allerdings müsse auch gesamtgesellschaftlich an Stellschrauben gedreht werden. Auch in diesem Zusammenhang glauben weder Callies noch Hagt, dass man sich mit der Cannabis-Legalisierung einen Gefallen getan habe.

 

 

Weitere Trends im Überblick:

 

Tatverdächtige

 

Schon der NRW-Innenminister Herbert Reul war auf das Thema Ausländerkriminalität eingegangen, das auch im Oberbergischen Kreis eine Rolle spiele, so Hagt. 11,4 Prozent der im Kreis lebenden Menschen hätten keinen deutschen Pass, bei den Tatverdächtigen machen sie trotzdem einen Anteil von rund 25 Prozent aus. Vor 2015 habe diese Zahl „deutlich unter 20 Prozent“ gelegen, erklärte Hagt weiter. „Wir wollen dem entgegentreten, Recht und Gesetz gilt für jeden.“ Wie Callies erläuterte, gehe es meist um Vermögens- und Eigentumsdelikte, außerdem um Rohheitsdelikte wie Körperverletzungen.

 

Generell halte bei den Tatverdächtigen der Trend an, dass sich unverhältnismäßig viele Jugendliche und Heranwachsende strafbar machten.

 

Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung

 

Seit fünf Jahren habe sich die Anzahl der Taten verdoppelt, 2023 waren es 409. „Der Trend ist ungebrochen“, so Hagt. Vervierfacht habe sich gar der Besitz beziehungsweise die Verbreitung kinderpornografischer Schriften. Generell gehen Hagt und Callies aber nicht unbedingt davon aus, dass tatsächlich mehr Taten verübt werden, sondern „dass sich die Dunkelziffer aufhellt“. So sei die Ermittlungsarbeit verstärkt worden in den vergangenen Jahren, auch internationale, polizeiliche Kooperation tragen ihren Teil bei, dass die Delikte ans Licht kommen. „Auch die Bevölkerung ist sensibler geworden, was das angeht.“ Es gebe mehr Hinweise. Positiv: Die Aufklärungsquote liegt bei nahezu 85 Prozent.

 

 

Wohnungseinbruchsdiebstahl

 

„Niemand wünscht sich Fremde in den eigenen vier Wänden“, sagte Hagt. Die Zahl der Wohnungseinbrüche ist in 2023 gegenüber dem Vorjahr trotzdem um 11,3 Prozent (24 Straftaten) gestiegen und liegt somit im Mittelfeld der vergangenen fünf Jahre. Insgesamt waren es 237 Taten. Die Aufklärungsquote liegt mit 20,3 Prozent auf dem zweitniedrigsten Stand dieses Zeitraums. Vor allem „reisende“ Täter, die den Kreis direkt nach der Tat wieder verließen, machten es der Polizei schwer. Trotzdem konnte zum Beispiel eine Einbruchsserie im Südkreis 2023 geklärt werden, der Täter befindet sich noch in U-Haft. Hagt wies auf die vielfältigen Präventionsangebote der Polizei hin, gerade was das Thema sicheres Zuhause angeht. Die Statistik zeigt, dass es sich lohnt, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen: Bei etwa der Hälfte der Einbrüche blieb es beim Versuch (117). Die Beratungen der Polizei sind kostenlos.

 

Betrug

 

Die Anzahl der Delikte sank um rund 300 auf 1.069. Die Gesamtschadenssumme liege bei rund vier Millionen Euro. Nicht in der Statistik, weil die Täter meist aus dem Ausland operierten, sind Betrugsmaschen wie Schockanrufe oder Enkeltrick. Hierbei würde sich laut Landrat Hagt aber die Präventionsmaßnahmen der Polizei auszahlen – denn diese Statistik sank zum dritten Mal in Folge.  19 Fälle gab es 2023. Allerdings: Ist der Handlungsort der Täter und somit der Tatort unbekannt, wird die Tat nicht in der Statistik erfasst. Bearbeitete Fälle gab es 140, im Jahr zuvor waren es 221 gewesen.

 

[Die meisten Straftaten werden in der größten Stadt des Kreises verübt. In Gummersbach ist es weit wahrscheinlicher, Opfer einer Straftat zu werden, als beispielsweise in Lindlar oder Nümbrecht. Auf Platz zwei der unsichersten Kommunen steht Waldbröl.]

 

Branddelikte

 

Nachdem einige Serien im Jahr 2022 dafür gesorgt hatten, dass diese Statistik um 209 Prozent explodierte, sind die Zahlen im vergangenen Jahr wieder im üblichen Bereich angekommen. 54 Brandstiftungen gab es. Auch zwei Serien waren dabei, in Wiehl wurden mehrere Mülltonnen in Brand gesteckt, in Wipperfürth waren es Grünflächen. Glück für die gefassten Täter: Größere Schäden gab es keine.

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