BLAULICHT
Mutter und Sohn zusammen vor Gericht
Gummersbach – Vor dem Amtsgericht wurde einem 22-Jährigen aus Gummersbach der Handel mit Drogen in nicht geringer Menge vorgeworfen – Seine Mutter war als Nebenklägerin dabei.
Eine Gerichtsverhandlung am Gummersbacher Amtsgericht verlief am Donnerstag durchaus kurios. Vor einem Schöffengericht nahmen am Morgen Mutter und Sohn Platz – sie als Nebenklägerin, er auf der Anklagebank. Und obwohl Mario P. (Anm.d.Red.: Name geändert) ein Pflichtverteidiger zur Seite stehen sollte, blieb der Stuhl neben dem 22-jährigen Gummersbacher zunächst frei.
Auf die Frage, ob er nicht mehr von besagtem Anwalt vertreten werde, antwortete Mario P.: „Ich glaube nicht. Wir hatten keinen Kontakt mehr die letzte Zeit.“ Richter Ulrich Neef rief daraufhin in dessen Anwaltskanzlei an. Kurz nachdem der Vorsitzende den Hörer aufgelegt hatte, stand der Anwalt doch noch in der Tür. Und da er den Fall mit seinem Mandanten noch nicht habe erörtern können, gingen die beiden erstmal für ein Gespräch vor die Tür.
Die Staatsanwaltschaft warf Mario P. vor, am 21. März des vergangenen Jahres in Gummersbach sowie wenig später am 12. April in Engelskirchen einen Mercedes gefahren zu haben, den er sich zuvor geliehen hatte – und das, obwohl er noch gar keinen Führerschein gehabt habe. Beide Male soll er eine geringe Menge Marihuana bei sich gehabt haben. Und beide Male soll er von ein und demselben Polizisten erwischt worden sein.
Beim ersten Mal sei in dem Fahrzeug außerdem eine Schreckschusswaffe, beim zweiten Mal eine Feinwaage, drei iPhones und ein 500-Euro-Schein gefunden worden. Bei einer anschließenden Wohnungsdurchsuchung fanden Polizisten dann noch einen weiteren 500-Euro-Schein, diverse Tabletten mit unterschiedlichen Wirkstoffen sowie im Keller des Hauses fast einen Kilogramm Marihuana.
Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass die beiden 500-Euro-Scheine aus dem Verticken von Drogen stammten. Mario P. und auch dessen Mutter bestritten das. Der Großvater von Mario P. soll kurz zuvor verstorben sein, die Mutter daraufhin geerbt haben. Die beiden Geldscheine will sie in einem Briefumschlag gefunden haben, dieser wiederrum soll in einem Album mit Fotos aus ihrer Kindheit gelegen haben.
Danach „habe ich ihm einen Schein gegeben. Ich weiß ja, wie mein Sohn tickt – mit Angeben und so“, erzählte die Mutter. „Ich fand es cool. Ich hab Fotos gemacht und hab die rumgeschickt“, sagte Mario P. Das Besondere: nicht nur der Wert des Scheins soll für den 22-Jährigen einen gewissen Reiz gehabt haben, sondern auch, dass der Schein dadurch, dass er schon seit einigen Jahren nicht mehr von der Europäischen Zentralbank herausgegeben wird, einen gewissen Seltenheitswert hat.
Den zweiten Fünfhunderter will ihm seine Mutter aber nicht gegeben haben. „Den anderen hat er sich ohne mein Wissen genommen. Das tut er schon mal öfter, ohne mein Wissen was nehmen“, sagte die Frau. Anzeigen wollte sie ihren Sohnemann deshalb aber nicht. Trotzdem trat sie im Rahmen der Gerichtsverhandlung vor dem Schöffengericht als Nebenklägerin auf – mit dem Ziel, die beiden beschlagnahmten Scheine von der Staatsanwaltschaft zurückzuerhalten.
Mario P. räumte die ihm vorgeworfenen Taten im Wesentlichen ein – mit der Einschränkung, dass er zwar vorhatte, von den 984 Gramm Marihuana etwas zu verkaufen, es aber noch nicht dazu gekommen sei. Als die Staatsanwältin dann ihr Plädoyer vorbereitet hat, fiel ihr auf, dass es für die erste Tat im März 2023 schon einen Strafbefehl gab. Dadurch wurde das Verfahren für diese Tat eingestellt. Mit Blick auf den zweiten Fall forderte sie dann, den bereits vorbestraften Mario P. zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten zu verurteilen und darüber hinaus eine einjährige Führerscheinsperre zu verhängen.
Der Rechtsanwalt hingegen plädierte für eine sechsmonatige Freiheitsstrafe sowie eine sechsmonatige Führerscheinsperre. Mit dem letzten Wort war es dann Mario P., der das Gericht darum bat, keine weitere Führerscheinsperre zu verhängen – immerhin sei bereits mit dem Strafbefehl eine einjährige Sperre verhängt worden und darüber hinaus sei es auch für seinen beruflichen Werdegang wichtig, endlich den Führerschein machen zu können.
Das Schöffengericht um Richter Ulrich Neef verurteilte Mario P. nach einer längeren Beratung zu einer siebenmonatigen Freiheitsstrafe. Ausgesetzt ist diese für drei Jahre auf Bewährung. Eine weitere Sperre verhängte das Gericht nicht. Mario P. und sein Anwalt erklärten Rechtsmittelverzicht. Die Mutter kann bei der Staatsanwaltschaft nun die Herausgabe der beiden 500-Euro-Scheine verlangen.