BLAULICHT
Vergewaltigungsprozess: Morsbacher beruft sich auf Erinnerungslücken
Morsbach/Bonn – Prozessauftakt am Bonner Landgericht – 36-jähriger Flüchtling soll 25-jährige Studentin in Bonn drei Mal vergewaltigt haben – Richterin spricht von möglicher Sicherungsverwahrung.
Von Peter Notbohm
Im Glauben, dass ihre Mitbewohnerin, die ihren Schlüssel vergessen hat, vor der Tür steht, betätigte am 15. März dieses Jahres gegen 23 Uhr eine 25-jährige Studentin den Summer ihrer Haustür in der Bonner Altstadt. Dass sie damit ihren späteren Peiniger in das Mehrfamilienhaus hingelassen hat, ahnt die junge Frau zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Nachdem sie sah, dass es sich nicht um ihre Mitbewohnerin handelte, schließt sie zwar die Wohnungstür, kurze Zeit später klopft es aber an selbiger und sie öffnet erneut.
Bonner Studentin erlebt sechsstündiges Martyrium
Was sich im weiteren Verlauf der Nacht ereignet hat, ist nun Gegenstand eines Vergewaltigungsprozesses vor der 3. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht. Angeklagt ist Amal K. (Anm.d.Red.: Name geändert), ein 36-jähriger Pakistaner, der zuletzt in Morsbach gelebt hatte, sich derzeit aber in Untersuchungshaft in Köln befindet. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Flüchtling die Studentin nach Öffnen der Tür sofort in die Wohnung gedrängt und ihr den Mund zugehalten hat. Er soll sich als Mitglied der Geheimpolizei ausgegeben haben, die auf der Suche nach Terroristen sei.
Zunächst soll auch nichts passiert sein, doch nach etwa einer Stunde soll der Mann ihr die Jacke ausgezogen haben, sie mit einem Bademantelgürtel gefesselt und anschließend mit einem weißen T-Shirt geknebelt haben. Es folgten drei Vergewaltigungen. Erst um 5 Uhr endete das sechsstündige Martyrium der Studentin, als der mutmaßliche Täter die Wohnung und sein traumatisiertes Opfer verließ. Die junge Frau erlitt damals multiple Verletzungen im Intimbereich und befand sich psychisch in solch einem schlechten Zustand, dass sie zwei Tage später für mehrere Monate in einer LVR-Klinik stationär aufgenommen werden musste.
Vergewaltigung ist nicht der einzige Vorwurf
Verantworten muss sich Amal K. außerdem wegen eines versuchten Einbruchdiebstahls. Zehn Tage vor der mutmaßlichen Vergewaltigung soll er sich im Rewe in Morsbach in der Getränkehandlung einschließen lassen haben, um den Supermarkt auszurauben. Als die Polizei ihn gegen 24 Uhr festnahm, soll er Tabakwaren im Wert von etwa 13.000 Euro zusammengehortet haben (der genaue Wert sei nicht mehr rekonstruierbar, weil eine entsprechende Liste der Polizei verschwunden ist, sagte die Richterin).
Während der Angeklagte den Einbruch in den Rewe-Markt einräumte, ließ er über seinen Verteidiger Martin Kretschmer ausrichten, an den 15. März in Bonn keinerlei Erinnerungen mehr zu haben. „Aus Verteidigersicht kann man anhand der Spuren keinen Zweifel haben, dass dort etwas passiert ist. Mein Mandant kann sich aber weder daran erinnern, nach Bonn gefahren zu sein, noch an ein Tatgeschehen oder wie er anschließend wieder nach Hause gekommen sein soll“, sagte der Rechtsanwalt. Gleichzeitig eröffnete er dem Gericht aber auch, dass sein Mandant nun bereit sei, sich psychisch untersuchen zu lassen und die Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden.
Richterin drängt auf Geständnis
Die Vorsitzende Richterin Claudia Gelber wertete dies als ersten positiven Schritt, redete dem Angeklagten anschließend aber eindringlich ins Gewissen. „Ein Geständnis hat im Rahmen von Sexualstrafverfahren eine besondere strafmildernde Wirkung“, erklärte sie ihm. Nach Aktenlage sei die Beweislast erdrückend. Neben den DNA-Spuren habe man auch sein Handy in einer Bonner Funkzelle geortet, dazu ist Amal K., der von 2010 bis 2020 wegen Vergewaltigung und Raubes bereits zehn Jahre in einem Aachener Gefängnis saß, einschlägig vorbestraft. Hinzukäme das enorme Trauma des Opfers. „Hier steht eine Sicherungsverwahrung im Raum. Ich will ihnen nur sagen, es könnte sich für sie lohnen, darüber nachzudenken, ob doch noch Erinnerungen vorhanden sind.“
Angeklagter psychisch krank
Anschließend vernahm die Kammer den Betreuer des 36-Jährigen. Dieser übergab dem Gericht mehrere Gutachten, wonach der Angeklagte an einer paranoiden Schizophrenie leidet und zudem eine Alkohol- und Cannabisabhängigkeit besteht. Bereits im Gefängnis habe er akustische Halluzinationen und Angstzustände gehabt. Nachdem er sich die Medikamente dagegen nach seiner Entlassung nicht mehr leisten konnte, habe er zu Alkohol und Gras gegriffen. Abschieben konnte man den Mann, dessen Duldung in der Bundesrepublik zuletzt im Dreimonats-Rhythmus verlängert wurde, nicht, da er keinen Pass besitzt. Sein Betreuer gab zu, in einer Zwickmühle gesteckt zu haben: „Für mich war es ein Widerspruch, nach seiner Geburtsurkunde zu suchen, mit der er abgeschoben worden wäre, ich gleichzeitig aber angehalten war, zu seinem Wohl zu handeln.“
Anschließend wurde ein anderthalbstündiges Video der polizeilichen Vernehmung der jungen Studentin unter Ausschluss der Öffentlichkeit gezeigt. Fortgesetzt wird der Prozess am kommenden Freitag mit der Vernehmung des Opfers – auch hier wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Das Urteil wird für den 11. Oktober erwartet.
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