Bilder: Vera Marzinski --- Kantor Michael Müller-Ebbinghaus leitete das Barockorchester und die 40 Sänger durch die durchaus schwierige Markus-Passion.
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Markus-Passion bestach mit ungewohntem Klang
Wiehl Ein spezielles Klang- und Konzerterlebnis erhielten die Zuhörer gestern in der Evangelischen Kirche Wiehl bei der Aufführung der Markus-Passion mit Chor und eigenwilliger instrumentaler Besetzung.
Von Vera MarzinskiKantor Michael Müller-Ebbinghaus hatte die Markus Passion schon lange ins Visier genommen. Diese von Johann Sebastian Bach und Volker Bräutigam sei ein Novum für die Region und werde überhaupt in Deutschland eher selten aufgeführt, betonte er. Durch die teilweise sehr extremen Tonartwechsel und die unterschiedliche Dynamik, die die beiden Komponisten in ihre Markus-Passion-Teile gelegt hatten, wurde das Konzert zu einem besonderen Erlebnis.
Durch eine ausführliche Einführung erleichterte der Kantor den Gästen den Zugang zu diesem Werk. Das war bei den eher ungewohnten Klängen auch notwendig. Wer sich frei machte von den gewohnten Hör-Charakteren, dem wurde ein besonderes Klangerlebnis geschenkt. Die über 40 Sänger, davon fast Dreiviertel aus der Kantorei Wiehl sowie die zwölf Gastsänger und das 17-köpfige Ensemble, hatten nach anstrengenden Probewochen etwas Besonderes erarbeitet. Das Gesamtwerk teilte sich in drei Ebenen auf, die immer wieder wechselten. Zum einen die Verkündigung im Rezitativen Teil, die Auslegung in den Arien und der Gesang der Gemeinde in den Chorälen.

[Kantor Michael Müller-Ebbinghaus war nach dem Konzert sichtlich erleichtert alles hatte perfekt geklappt.]
Zudem sind die Teile von Bach und Bräutigam im Grunde zwei Klangkörper. Im Bach-Teil präsentierte das Barockorchester Oberberg ein Ensemble, dass sich projektorientiert unter der Leitung von Ulla Schmidt-Laukamp zusammensetzte die sehr große continuo Besetzung. Die eigenwillige instrumentale Besetzung (Flöten, Oboen d'amore, Streicher, Gamben, Laute und Basso continuo) passte zum Symbol der Trauer. Im Gegensatz dazu steht der Teil von Bräutigam, bei dem unter anderem das Schlagwerk gezielt eingesetzt wurde. So war der Gong bei Verrat zu hören. Auch die große Kirchenorgel begleitete nicht nur, sondern kommentierte das Ganze auf sehr lyrische Art und entsprechend tonisch.
Den Evangelisten übernahm Tenor Stephan Hensen in brillanter Weise. Ebenso beeindruckend Ralf Rhiel mit den Jesusworten. Robert Reichineck glänzte bei den kurzen Petrus- und Pilatus-Passagen mit seinem klaren, hohen Tenor, den das Barockorchester in der Arie leider ein wenig überdeckte. Die Sopran-Arien sang Soetkin Elbers und Angela Frömer übernahm die Alt-Arien. Sebastian Neuwahl trug die Hohepriester-Passagen vor und Martina Schmidt die Magd. Für die fast avantgardistisch anmutenden Klänge auf der Orgel war Sven Schneider zuständig und das Schlagwerk bediente Ben Karnott.

[Brillant: Stephan Hensen (li.) als Evangelist und Ralf Riehl, der die Jesusworte im tiefsten Bass sang.]
Bräutigam selbst hat zu seinem Part geschrieben, dass seine Evangelien-Musik zu Bachs Markus-Passion ein Versuch sei, jenem Werk den mit den Rezitativen und Turbae-Chören verlorenen Text - und damit Sinnzusammenhang - mit musikalischen Mitteln wiederzugeben, sodass die rekonstruierten Stücke ihre eigentliche Bedeutung sowie ihren dramaturgischen, theologischen und musikalischen Stellenwert zurückerhalten. Das ist ihm auch auf grandiose Weise gelungen und die Ausführenden in der Wiehler Kirche setzten dies hervorragend um.
Und kaum wurde das eine Projekt zur Aufführung gebracht, hatte Müller-Ebbinghaus das nächste in Planung. Nach den Herbstferien möchte er Weihnachtslieder von John Rutter, die auf der englischen, modern-klassischen Schiene liegen und auch schon mal in Richtung Musical und Jazz gehen, in Angriff nehmen.