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"Hysterische Zeichensucht": Friedrich von Bömches geehrt - Ausstellung läuft

vma; 2. Sep 2002, 23:23 Uhr
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"Hysterische Zeichensucht": Friedrich von Bömches geehrt - Ausstellung läuft

vma; 2. Sep 2002, 23:23 Uhr
(vma/21.3.2002-19:15) Von Vera Marzinski
Nümbrecht – Nachträglich zum 85. Geburtstag würdigte der Oberbergische Kreis Friedrich von Bömches mit und zur Vernissage zur Ausstellung "Vertreibung".

[Bilder: Vera Marzinski --- Friedrich von Bömches vor der Trilogie "Fahrt ins Ungewisse" - drei Exponate (Der Tag/Die Nacht/Die Tür geht auf) in Mischtechnik, die 2001 entstanden.]

["Landrat Kausemann gibt nicht auf, mich auf ein hohes Pferd zu setzen – ich werde mich festhalten!" erwiderte von Bömches die Laudatio des Landrates.]



Gemälde und Zeichnungen von Friedrich von Bömches unter dem Titel "Vertreibung" präsentiert der Förderverein Schloss Homburg in der Orangerie vom 23. März bis zum 24. April 2002. Im Rahmen der Ausstellungseröffnung sprach Landrat Hans-Leo Kausemann eine ergreifende Laudatio auf den Künstler, der seit 24 Jahren in Wiehl lebt. Es sei eine gute Tradition geworden, die namhaften Künstler der Region anlässlich Ihrer herausragenden Geburtstage mit Veranstaltungen und Ausstellungen zu ehren, betonte Kausemann.



Zahlreiche Gäste drängten sich anlässlich der Vernissage in der Orangerie um Friedrich von Bömches die Ehre zu erweisen. Nach der Laudatio des Landrates ergriff der Künstler das Wort. "Landrat Kausemann gibt nicht auf, mich auf ein hohes Pferd zu setzen – ich werde mich festhalten!" Wie von Bömches selbst sagt, lebt er unter "hysterischer Zeichensucht". So zog der 1916 in Kronstadt/Siebenbürgen (Rumänien) geborene Künstler schon als Kind durch die Natur der Karpatenwelt und entwickelte die vitale Kraft des Sehens und zeichnerischen Umsetzens. Viele würden über ihn sagen, er sei "verdammt gut – aber so düster". Warum dies so ist, verdeutlichte von Bömches durch einen kurzen Einblick in seine Lebensgeschichte.

[Landrat Kausemann überreichte Friedrich von Böhmches im Namen des Oberbergischen Kreises den Schwarzenberger Hochzeitstaler in Gold und hielt die Laudatio.]



Friedrich Ritter Bömches von Boor stammt aus einer alteingesessenen siebenbürgisch-deutschen Familie. 1938 musste er zum Militär und blieb nicht nur kurz, sondern sechs Jahre und marschierte mit der rumänischen Armee bis vor Stalingrad. Dort wurde er 1945 für fünf Jahre zur Zwangsarbeit in die Ukraine (Donezbecken) verschleppt. Bereits hier entwickelte er seine Begabung, das Innere der Menschen mit wenigen Strichen und Linien darzustellen.



Als er zurück nach Kronstadt kam, fand er den Kommunismus vor. In Wiehl sei er "weich aufgefallen" nach der Flucht aus Rumänien. 1978 gelang die Übersiedlung in die Bundesrepublik und durch Unterstützung der Familie Kotz fand Friedrich von Bömches mit seiner Familie eine neue Heimat im oberbergischen Wiehl. Als überaus großzügiges Zeichen seiner Dankbarkeit gegenüber seiner neuen Heimat sah Landrat Kausemann die Schenkung von 320 Ölgemälden und 1.600 graphischen Arbeiten an den Förderverein Schloss Homburg. 1993 wurde, ebenfalls in der Orangerie, ein repräsentativer Querschnitt des künstlerischen Schaffens von Friedrich von Bömches an den Förderverein feierlich übergeben.

[Alina Zielke sorgte für einen außergewöhnlichen musikalischen Rahmen - sie zählte im vergangenen Jahr zu den ersten Trägern des Kultur-Förderpreises des Oberbergischen Kreises.]



Die Ausstellung "Vertreibung" zeigt Gemälde und Zeichnungen, die Mitte der 90er Jahre entstanden. Erst Jahrzehnte nach seinen traumatischen Erlebnissen hielt von Bömches diese Eindrücke als Zeitdokumente mit Pinsel und Bleistift fest. Die Titel "Menschenrechte", "Die Namenlosen", "Zurückgelassen" oder "Heimatlos" verbildlichen jedoch nicht nur die persönlichen Erlebnisse des Künstlers. Die hohe Aktualität des Themas wird verdeutlicht und zudem verweisen sie auf dramatische Situationen in der heutigen Welt, in der Menschen auf der Flucht sind oder eine neue Heimat suchen.



Friedrich von Bömches erhielt im September 1987 das Verdienstkreuz erster Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland durch den Bundespräsidenten und viele weitere Würdigungen seines künstlerischen Schaffens. Im Rahmen des Empfangs und Ausstellungseröffnung überreichte Landrat Kausemann ihm im Namen des Oberbergischen Kreises den Scharzenberger Hochzeitstaler in Gold. Diesen prachtvollen Reichstaler ließ Fürst Ferdinand von Schwarzenberg im Jahre 1696 prägen. Für die Gattin des Künstlers gab es einen Blumenstrauß und eine kleine Liebeserklärung des Künstlers, der seiner Frau dafür dankte, dass sie seit 60 Jahren für ihn gesorgt hat – "denn ich bin selbst nicht lebensfähig".

[Zahlreich war die Gästeschar anlässlich der Vernissage zu "Vertreibung" und des gleichzeitigen Geburtstagsempfanges.]



Seine "hysterische Zeichensucht" blieb auch während der Vernissage nicht verborgen, denn während des musikalischen Vortrages zeichnete von Bömches die junge Pianistin. Alina Zielke zählte im vergangenen Jahr zu den ersten Trägern des Kultur-Förderpreises des Oberbergischen Kreises. Mit dem außergewöhnlichen Stück "Fragmenti" von Marian Borkowski, aber auch mit "Präludium 2 aus dem wohltemperierten Klavier" von Johann Sebastian Bach und Franz Liszts "Valse Impromptu" bezauberte die junge Pianistin die Gäste in der Orangerie anlässlich der Ausstellungseröffnung.

[Die Zurückgelassenen" eine Kohlezeichnung von 1994 und "Hinter Stacheldraht (III)" - Mischtechnik aus 1999 - zählen zu den Exponaten der beeindruckenden Ausstellung.]





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