LOKALMIX
Die gleichen Chancen für alle
Gummersbach – In der Halle 32 wurde der 2. Oberbergische Frauentag veranstaltet.
Vor einem Jahr wurde in der Halle 32 auf dem Gummersbacher Steinmüllergelände zum ersten Mal der Oberbergische Frauentag veranstaltet. Ob über Gesundheit, Bewegung, Karriere oder auch Finanzen: thematisiert wurden auf der Messe, bei Schnupperkursen, Fachvorträgen oder auch Workshops ganz unterschiedliche Inhalte. Eigentlich wollte die „Regional AG Gleichstellung Oberberg“, die die Veranstaltung organisiert, in diesem Jahr eine Pause einlegen. Aber die Auftaktveranstaltung ist ein „voller Erfolg“ gewesen, meint nicht zuletzt Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein. „Warum also warten? Wir machen weiter!“, sagte er gestern bei der Eröffnung des 2. Oberbergischen Frauentags.
Auch in diesem Jahr stand die Veranstaltung unter dem Motto „Zuhören, informieren, stärken“. 45 Aussteller waren diesmal mit dabei. Darüber hinaus gab es wieder über 20 kostenfreie Schnupperkurse, Fachvorträge und Workshops – und das über mehr als sieben Stunden hinweg. Eigentlich findet der Weltfrauentag erst am morgigen Samstag, dem 8. März, statt. Doch wie Nina Sommer als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Gummersbach und zusammen mit ihrer Waldbröler Kollegin Carmen Muñoz-Berz als Sprecherin der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten („Regional AG Gleichstellung Oberberg“) sagte, hätten sie die Halle 32 für den 8. März leider nicht anmieten können.
„Wir blicken kritisch auf das, was der Gleichstellung künftig blüht“, sagte Nina Sommer im Rahmen der Eröffnung. Sie sprach unter anderem über die jüngste Bundestagswahl, den damit verbundenen Rechtsruck der Gesellschaft und auch darüber, dass im neuen Bundestag mit einem Anteil von 32,4 Prozent weniger Frauen sitzen als zuletzt (minus 2,3 Prozent). „Es ist auch an der Zeit, den Begriff Feminismus zu erklären“, meinte Sommer. Sie zog die Definition des Dudens heran, die auch auf einer Leinwand auf der Bühne der Halle 32 eingeblendet worden ist.
Nina Somme sieht den Feminismus als „Oberbegriff für verschiedene Strömungen, die sich für die Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Freiheit aller Geschlechter“ einsetzen. „Im Grunde wollen wir die gleichen Chancen für alle“, sagte die 44-Jährige. Aber – nicht zuletzt mit Blick auf die Gleichstellung weltweit – machte sie auch deutlich: „Wie haben 2025 und sind Lichtjahre davon entfernt.“ In Hinblick auf die politische Situation und die anstehende Kommunalwahl im Herbst dieses Jahres lag der Schwerpunkt der Veranstaltung auch diesmal auf der „politischen Partizipation von Frauen“.
[Auf der Messe in der Halle 32 gab es in diesem Jahr 45 Stände – und damit fünf mehr als im Vorjahr.]
„Wir brauchen mehr Frauen in der Kommunalpolitik als Wiege der Demokratie“, sagte Nina Sommer – und dabei brauche es auch Männer, die die Frauen dabei unterstützen. Gesprochen wurde über das Thema auch im Rahmen einer Podiumsdiskussion, an der unter anderem die Bundestagsabgeordnete Sabine Grützmacher, die ehemalige Bundestagsabgeordnete Ina Albowitz und Waldbröls Bürgermeisterin Larissa Weber teilgenommen haben. Sie widmeten sich der Frage „Demokratie und Frauenrechte in Gefahr? – Wie wir die weibliche Perspektive an der Basis sichern“.
Als Gegengewicht zu der politischen Entwicklung waren in diesem Jahr das „Netzwerk gegen Rechts Oberberg“ und die „Omas gegen Rechts“ mit dabei. „Jeder Rechtsruck beinhaltet eine Missachtung der Weiblichkeit“, sagte Renate von der Gummersbacher Ortsgruppe der „Omas gegen Rechts“. Die Messe haben die „Omas“ unter anderem dafür genutzt, Kontakte zu knüpfen – nicht zuletzt zu Frauen mit Migrationshintergrund. „Denn wir sind noch eine sehr deutsche Gruppe“, erklärte Monika. Wichtig war den „Omas“ aber auch, Stellung zu beziehen im Hinblick auf die kleine Anfrage der CDU/CSU zur Finanzierung und Überparteilichkeit der Initiative. „Wir haben uns unseren Kassenstand von 230,90 Euro erarbeitet“, meinen die Gummersbacher „Omas“, und: „Wir rufen klar dazu auf, die AfD nicht zu wählen. Ansonsten verstehen wir uns aber als überparteilich.“
[Nicole Schneider (r.) vom Fachdienst Frauen des Caritasverbandes Oberberg zusammen mit ihrer Praktikantin Melissa Pisowacka. Die beiden haben über die Arbeit der Frauenberatungsstelle gesprochen, die es erst seit 2020 im Oberbergischen gibt.]
Auch in diesem Jahr gab es eine äußerst vielfältige Messe. Mit dabei waren unter die die Agger Energie und die Sparkasse Gummersbach, die den Oberbergischen Frauentag zusammen mit der Gummersbacher Wohnungsbaugesellschaft als Sponsoren unterstützt haben, sowie die Arbeitsagentur und das Jobcenter, der Weiße Ring, die Kreispolizeibehörde mit ihrer Kriminalprävention und dem Opferschutz, das Qualitätsnetz der oberbergischen Schwangerschaftsberatungsstellen, „Clever Fit Ladies“ als Fitnessstudio für Frauen, das Haarstudio „New Style“, die Wohnhilfen und auch das Gründer- und TechnologieCentrum Gummersbach.
[Mit ihren Kräutern sorgte Kräuterfrau Marianne Frielingsdorf (r.) zusammen mit Kendra Kessenich vom LVR-Freilichtmuseum Lindlar für ein Dufterlebnis.]
Etwas kreativ konnte man auf der Messe am Stand des LVR-Freilichtmuseums Lindlar werden. Kräuterfrau Marianne Frielingsdorf war zusammen mit Kendra Kessenich nach Gummersbach gekommen und bereicherte den Frauentag mit ihren duftenden Kräutern. Mit dabei hatte sie eine Mischung aus Hopfen, Lavendel, Kamille, Salbei, Rosmarin und vielen weiteren Kräutern, die sich die Besucher und Besucherinnen in Stoffe füllen und als Duftsäckchen mit nach Hause nehmen konnten. Schon seit über 40 Jahren lädt Frielingsdorf zu Kräuterführungen ein, die vor allem bei Frauen sehr beliebt sind.
Auf der Messe gab es auch eine internationale Ecke unter anderem mit Frauen vom Alevitischen Kulturzentrum Oberberg und einer Ukrainischen Frauengruppe rund um Valentyna Butulay, die sich zusammen mit der Caritas Oberberg seit drei Jahren für die Menschen in ihrem Heimatland einsetzt und Spenden sammelt. Ob auf dem Bau, als Busfahrerin oder auch hinterm Steuer eines LKW: „Die Frauen in der Ukraine haben die Arbeit der Männer übernommen. Das gab es früher nicht. Jetzt müssen sie für die Familie und die Wirtschaft sorgen.“ Mit Blick auf ukrainische Frauen, die nach Deutschland geflohen sind, sagte sie, dass viele nach einer Arbeit streben würden. „Aber viele haben auch Schwierigkeiten damit, die Sprache zu erlernen“, meinte Butulay.
[Valentyna Butulay (3.v.r.) zusammen mit der ukrainischen Frauengruppe, die an ihrem Stand Selbstgemachtes zugunsten der Ukraine-Hilfe verkauft haben.]
In den kleineren Räumen der Halle 32 wurden über den Tag verteilt über 20 kostenfreie Schnupperkurse, Workshops und Vorträge geboten. Beispielsweise hat Birte Kruse-Gobrecht einen Lunch-Talk zum Thema „Jetzt erst recht: Demokratie braucht engagierte Frauen!“ gehalten. Edith Hesse-Leißling hat über versteckte Entzündungen gesprochen, Irina Kunkel über Frauen als Businessfrauen und Annette Christ über den Social-Media-Trend „Tradwives“, bei dem sich Frauen als traditionelle Hausfrauen präsentieren. Und als Expertin für die private Altersvorsorge von Frauen war Dana Rittig mit dabei.
„Fünf simple Life Hacks für deine weibliche Gesundheit“ wurden von Lisa Jara mitgegeben. Influencerin Lijana Kaggwa, die durch ihre Teilnahme bei Germany’s Next Topmodel“ bekannt geworden ist, war ebenfalls vor Ort und sprach über Cybermobbing und Sexismus. Außerdem war Dr. Amelie Kolandt von der Charité Berlin nach Gummersbach gekommen, um über Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland und die damit verbundenen strukturellen Hürden zu sprechen. Und so wurde auch der 2. Oberbergische Frauentag von vielen Frauen – und auch einigen Männern – genutzt, um über ganz unterschiedliche Themen ins Gespräch zu kommen und Kontakte zu knüpfen.
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