BLAULICHT
Auspuff-Ärger: „Held der Nachbarschaft“ wird nicht bestraft
Waldbröl – 33-Jähriger geriet mit 21-Jährigen aneinander, weil das Auto des jungen Mannes sehr laut war – Verfahren am Amtsgericht eingestellt.
Von Lars Weber
„Wie ein Düsenjet“: So laut soll dem Angeklagten Peter G. (Anm.d.Red.: Namen geändert) zufolge Jan K. mit seinem alten Audi unterwegs gewesen sein. Die Lautstärke des Fahrzeugs hat letztlich dazu geführt, dass der 33-jährige Waldbröler eines Tages die Nerven verloren haben soll. Deshalb hat er sich heute am Amtsgericht Waldbröl wegen Nötigung, Beleidigung und Körperverletzung verantworten müssen. Der „Held der Nachbarschaft“, wie der Verteidiger seinen Mandanten nannte, kam aber straffrei davon.
Verhandelt wurden die Geschehnisse vom 8. Dezember 2021. In der Ortschaft Biebelshof gab es zu dieser Zeit einer Baustelle an der Hauptstraße. Der 21-Jährige hielt an diesem Tag gegen 18:35 Uhr an der Ampel, die dort den Verkehr regelte. Lautstark soll er laut Anklageschrift Gas gegeben haben. Das Problem: Der Auspuff des alten Audi soll kaputt gewesen sein, sodass der Lärm über das normale Maß hinausging. Genervt von dem Lärm war auch der Angeklagte.
Der 33-Jährige kam gerade zu Hause an, als er das Auto anfahren hörte. Laut Staatsanwaltschaft soll er in sein eigenes Auto gestiegen und dem 21-Jährigen hinterher gefahren sein. Vor einer Bushaltestelle bei Escherhof habe er den Audi überholt und ausgebremst. Als beide Fahrzeuge zum Stehen gekommen waren, soll er ausgestiegen sein und den jungen Mann beleidigt und durch das offene Fenster geschlagen haben. Dann sei er wieder abgebraust.
Der Familienvater und sein Verteidiger warben bei Richter Dr. Jan Röleke und der Staatsanwaltschaft für Verständnis. Der 21-Jährige habe die Straße bis zum Zeitpunkt der vorgeworfenen Tat regelmäßig befahren. Seit rund einem Monat habe der Audi an der Baustelle immer wieder gehalten und immer wieder sein Auto aufheulen lassen. „Unser Mehrfamilienhaus steht 30 Meter von der Straße entfernt. Durch den Lärm sind meine Frau und vor allem mein Kind fast aus dem Bett gefallen“, beschrieb Peter G. Als er einmal gemeinsam mit einem Nachbarn den Fahrzeugführer auf den kaputten Auspuff ansprechen wollte, sei dieser mit qualmenden Reifen davongefahren.
An dem Dezembertag habe er den Mann schließlich die Meinung sagen wollen. Um mit ihm reden zu können, habe er ihn per Blinker angewiesen rechts ranzufahren und sei langsam und mit Abstand zum Stehen gekommen. Bei der Auseinandersetzung hätten sie sich gegenseitig beleidigt. Geschlagen habe er den 21-Jährigen aber nicht, wohl aber seine Hand gegriffen, als der Audifahrer diese durch das Fenster gestreckt hatte. Nach diesem Tag blieb es an der Baustellenampel ruhig – und Peter G. wurde zum „Held der Nachbarschaft“.
Der junge Morsbacher konnte dem Gericht keine hilfreichen Details bei seiner Aussage mitteilen und antwortete sehr einsilbig. Da der Auspuff kaputt war, sei das Auto tatsächlich „extrem laut“ gewesen, gab er zu. Der Schlag, der ihn laut Anklage getroffen haben soll, habe ihn auch nur gestreift. Schmerzen habe er keine gehabt. „Nur Kopfschmerzen, die hatte ich vorher aber auch schon. Die wurden nach der Aktion aber schlimmer.“
Das Verfahren wurde nach der Aussage nach Paragraf 153 der Strafprozessordnung eingestellt. Zu gering war das Verschulden des Angeklagten. Und auf Nachfrage des Rechtsanwalts löste Jan K. auch noch auf, was aus dem krachenden Audi geworden ist. „Den Wagen habe ich abgegeben. Der hatte keinen TÜV mehr.“
Familienstreiterei
Eingestellt nach dem zweiten Absatz des Paragrafen 153 der Strafprozessordnung wurde auch das Verfahren gegen eine 61-jährige Morsbacherin. Die Frau musste sich heute am Amtsgericht Waldbröl ebenfalls wegen Körperverletzung verantworten. Sie soll am 9. November 2021 ihren 35-jährigen Sohn mehrfach mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen haben. Die Angeklagte gab vor Gericht unter Tränen zu, ihren behinderten Sohn einmal leicht mit der flachen Hand geschlagen zu haben. „Es tut mir so leid.“ Die Handlung sei allerdings im Affekt geschehen. An diesem Tag habe es schon vorher Reibereien gegeben. Am Abend habe sich die Situation hochgeschaukelt, als der Sohn im Streit seinen verstorbenen Vater ins Spiel brachte, und seine Mutter so provozierte. Mit der Faust habe er ihr gedroht und gesagt, dass er sie „wie den Alten kaputtmache“. Laut seiner Mutter sei der Sohn häufiger aggressiv und handgreiflich seinem Vater gegenüber aufgetreten.
Eigentlich, so die 61-Jährige weiter, hätten sie und ihr Sohn ein gutes Verhältnis. Am Tag nach dem Vorfall hatten sie sich wieder vertragen. Vor Gericht gelandet ist der Fall vermutlich, weil eine Freundin ihrer Tochter bei der Situation im November dabei war. Richter Dr. Jan Röleke und die Staatsanwaltschaft sahen das Verschulden als gering an und kein öffentliches Interesse an der Strafverfolgung, sodass das Verfahren mit Zustimmung der 61-Jährigen eingestellt wurde.
ARTIKEL TEILEN