LOKALMIX
Experten warnen: Schuldenfalle nur wenige Mausklicks entfernt
Wipperfürth - Oberbergische Sparkassen unterstützen Schuldnerberatungsstellen mit 45.500 Euro – Immer mehr junge Menschen und Rentner betroffen.
Von Lars Weber
Es ist ein ebenso aufmerksamer wie wichtiger Brauch schon seit vielen Jahren, dass die oberbergischen Sparkassen die Schuldnerberatungsstellen im Kreis alljährlich finanziell unter die Arme greifen. Unverändert hohe Klientenzahlen bei den Stellen des Caritasverbands Oberberg, dem Kreisverband der AWO Rhein-Oberberg und beim Diakonischen Werk des Kirchenkreises An der Agger zeigen die Wichtigkeit der einzelnen Angebote, die es ohne die Unterstützung über 45.500 Euro der Sparkassen aber schwer hätten, den Betrieb in ihrem Umfang aufrecht zu erhalten. Am Mittwoch ist der symbolische Scheck in der Sparkassen-Regional-Filiale in Wipperfürth übergeben worden.
„Sie erbringen wertvolle Hilfeleistungen, um für die betroffenen Menschen Zukunftsperspektiven zu schaffen“, richtete sich Gunter Derksen, Regionalvorstand der Kreissparkasse Köln im Oberbergischen Kreis, gemeinsam mit Frank Grebe, Vorstandsvorsitzender der Gummersbacher Sparkasse, an die Vertreter der Schuldnerberatungsstellen, die aus ihrer Arbeit berichteten. Mit ihren jeweiligen Angeboten und Standorten wird der komplette Kreis abgedeckt. „Unsere Klienten sollen spätestens in der Nachbargemeinde Hilfe bekommen“, so Thomas Kröger von der AWO. Er machte klar, dass es immer schwieriger würde, den Eigenanteil für die Beratungsstellen aufzubringen. Caritas-Chef Peter Rothausen forderte einmal mehr in diesem Zusammenhang, das Verursacherprinzip anzuwenden: „Wer achtlos Kredite vergibt, muss einen Obolus geben“.
Denn vor allem weil der nächste Kredit und die Bezahlung auf Pump oft nur einen Mausklick entfernt ist, bleibt die Zahl der Klienten bei den Beratungsstellen hoch. Rund 200 seien es in diesem Jahr erneut gewesen, jeweils bei AWO, Caritas und dem Diakonischen Werk. Die Entwicklung habe sich aktuell auf diesem hohen Niveau verfestigt. Zu diesen Fällen kommen in etwa ebenso viele aus den Jahren zuvor hinzu, die aktuell von kleinen Teams mit bis zu fünf Beratern betreut werden.
Ihr Klientel werde dabei immer vielschichtiger, so Rothausen. „Es trifft auch immer mehr Menschen, die Arbeit haben, wo die Löhne nicht mit den steigenden Lebenshaltungskosten mithalten können.“ Weiter ein großer Dorn im Auge der Berater wie Nadja Walkenbach und Wendy Werry: das „Buy now, pay later“-Prinzip im Netz, bei dem schon bestellt werden darf, um erst später zu bezahlen. Es wird zum Beispiel von PayPal, Amazon Pay oder auch Klarna angeboten. Gerade jüngere Menschen nutzten diese Möglichkeit. Schnell werde aber der Überblick über die Rechnungen verloren – und die Schuldenfalle schnappt zu.
Die Beratungsstellen werfen den Diensten vor, daraus ein Geschäftsmodell geschaffen zu haben. „Der Druck auf die Schuldner wird immer größer“, so Markus Würtz von der Caritas. Die Hoffnung der Berater ist, dass die Zugänge zu Krediten durch die neue Verbraucherkreditrichtlinie besser geregelt werden.
Neben den jungen Menschen und Menschen mit wenig Einkommen geraten auch immer mehr ältere Menschen in finanzielle Bedrängnis, die nach dem Austritt aus dem Arbeitsleben nicht mehr ihren Lebensstandard aufrecht erhalten können, weil ihre Rente hinten und vorne nicht reicht. „Manchen würde schon reichen, wenn sie durch Wohngeld entlastet würden“, meint Kröger. „Das beantragen aber nicht alle.“ Walkenbach: „Da ist auch viel Unwissenheit dabei“. Und genau dort können die Berater ansetzen und helfen.
Die Spende der Sparkasse stammt aus einem speziell eingerichteten Fonds zur Mitfinanzierung der Schuldnerberatung und wird, je nach Mitarbeiterstärke, auf die drei Beratungsstellen aufgeteilt. Dabei seien die Sparkassen nachweislich in die Verursachung von Überschuldungssituationen kaum involviert, wie es in einer Mitteilung heißt. Stattdessen möchten die Sparkassen aufklären, zum Beispiel mit regelmäßigen Veranstaltungen an Schulen oder der Bildungsinitiative KURS oder auch mit Onlineangeboten.
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