LOKALMIX

Folgen des Lockdowns: "Psychische Erkrankungen zeigen sich zeitversetzt“

lw; 10.09.2020, 19:00 Uhr
Fotos: Lars Weber, Grafiken: DAK-Gesundheitsreport für Nordrhein-Westfalen 2020 --- Stellten den Gesundheitsreport vor (v.li.): Sascha Klein, Geschäftsführer Klinikum Oberberg, Chefarzt Dr. Robert Hoffmann und Wolfgang Brelöhr, Chef der DAK-Gesundheit Oberberg.
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Folgen des Lockdowns: "Psychische Erkrankungen zeigen sich zeitversetzt“

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lw; 10.09.2020, 19:00 Uhr
Oberberg – DAK-Gesundheitsreport vorgestellt – Krankenstand durch Corona-Krise nicht gestiegen – 2019 sorgten drei Erkrankungsarten für mehr als die Hälfte der Fehltage.

Von Lars Weber

 

Der große Anstieg an Krankmeldungen aufgrund des Coronavirus ist im ersten Halbjahr ausgeblieben. Das ist eine Erkenntnis aus dem DAK-Gesundheitsreport, der heute im Kreiskrankenhaus Gummersbach vorgestellt worden ist. Behandelt der Report üblicherweise nur das vergangene Jahr, wurde der Schwerpunkt dieses Mal auf das erste Halbjahr 2020 und die Auswirkungen Coronas gelegt. Der Krankenstand lag bei vier Prozent, damit waren an jedem Tag des ersten Halbjahrs von 1.000 Arbeitnehmern 40 krankgeschrieben – genauso viel wie im ersten Halbjahr 2019. Im Blickfeld standen die Atemwegserkrankungen, die zwar im Vergleichszeitraum zum Vorjahr um 21,4 Prozent zunahmen, aber immer noch leicht unter dem Grippejahr 2018 lagen. Ein Grund dafür sieht die DAK in der Regelung von März bis Ende Mai, wonach sich Patienten mit leichten Erkältungssymptomen telefonisch krankschreiben lassen konnten. Die Zahlen seien ein Beleg dafür, dass einfache Lösungen für das Krankschreibungsgeschehen sinnvoll seien.

 

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Wolfgang Brelöhr, Chef der DAK-Gesundheit Oberberg (Bild), Sascha Klein, Geschäftsführer Klinikum Oberberg, und Dr. Robert Hoffmann, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie, sagten bei der Präsentation, dass der Lockdown und die Auswirkungen auf die Wirtschaft einen Einfluss auf die Zahlen haben. So hätten im März viele Betriebe auch zu gehabt. „Das heißt, Arbeitnehmer mussten sich gar nicht krankmelden“, so Klein. Der Rückgang der Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, dazu zählen zum Beispiel Rückenschmerzen (von 148 auf 132 Fehltage je 100 Versicherte), könnte im direkten Zusammenhang damit stehen, dass sowohl weniger gearbeitet wurde, als auch auf den Sportplätzen nichts erlaubt war.

 

Während manche Auswirkungen der Krise - zum Beispiel durch wenig Bewegung im Home Office auf das Muskel-Skelett-System - noch rein spekulativ sind, erkennt Klein bereits eine Zunahme an psychischen Erkrankungen. Gemessen am Lockdown ab März könnten sich diese erst zeitversetzt zeigen. Ein Blick in die Psychiatrie in Marienheide zeige: „Wir merken diesen Nachholeffekt bereits. Die Krise hat etwas mit den Menschen gemacht.“

Das Kreiskrankenhaus habe zu den Hochzeiten kurz nach dem Lockdown bis zu zehn Patienten gleichzeitig wegen Corona behandeln müssen, sagt Dr. Hoffmann, unter dessen Leitung die Covid19-Stationen stehen. 452 Verdachtsfälle seien in Gummersbach behandelt worden, 176 in Waldbröl. Darunter seien insgesamt 43 bestätigte Fälle gewesen, acht Menschen seien beatmet worden, zwei gestorben. „Das Team ist weiter bereit, sollten die Fallzahlen wieder anziehen.“ Dass die Regeln und Hygienemaßnahmen im Krankenhaus funktionierten, zeige sich auch daran, dass sich alle elf positiv getesteten Mitarbeiter im Krankenhaus außerhalb der Einrichtungen im privaten Rahmen infiziert hätten. „Es sind auch keine Infektionen von unseren Kräften an Patienten weitergegeben worden“, so Hoffmann.

 

Mit Blick auf den Herbst hofft der Mediziner, dass möglichst viele, die zur Risikogruppe gehören, eine Grippeimpfung in Anspruch nehmen. „Das wäre eine wichtige Maßnahme“, sagt Hoffmann. Die Impfbereitschaft ließe bei dieser Gruppe sehr zu wünschen übrig und liegt bei unter 20 Prozent. „Wenn sich diese Quote verdreifacht, wäre es gut.“

 

Die DAK-Zahlen für das Jahr 2019

 

Der Krankenstand im vergangenen Jahr betrug im Bergischen Land 3,9 Prozent. Der höchste Krankenstand in NRW wurde mit jeweils 5,2 Prozent in Hagen, Gelsenkirchen und Bottrop verzeichnet, der niedrigste mit 3,5 Prozent in Gütersloh. Drei Erkrankungsarten sorgten für mehr als die Hälfte der Fehltage im Bergischen. An erster Stelle stehen psychische Erkrankungen, hier gab es eine Zunahme von neun Prozent (insgesamt 284 Fehltage je 100 Versicherte, 19,8 Prozent Anteil am Krankenstand). Sie sind für jeden fünften Fehltag von Beschäftigten verantwortlich. Danach folgen Muskel-Skelett-Probleme mit einem Anteil von 18,5 Prozent. An dritter Stelle stehen mit 13,6 Prozent Atemwegserkrankungen wie Bronchitis oder Sinusitis.

 

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