BERGNEUSTADT
Gewaltiges Defizit: Bergneustadt muss in die Haushaltssicherung
Bergneustadt – Fast sieben Millionen Euro fehlen im Haushaltsentwurf für 2025 – Die Stadt muss die finanzielle Reißleine ziehen und ein Haushaltssicherungskonzept vorlegen - Bürgermeister Thul spricht von externen Faktoren.
Von Peter Notbohm
Es war ein offenes Geheimnis, dass die Stadt Bergneustadt in den kommenden Jahren horrende Verluste schreiben wird. Schon in den vergangenen Jahren hatte der ehemalige Kämmerer Bernd Knabe mehrfach vor einem drohenden Rückfall ins Haushaltssicherungskonzept (HSK) gewarnt, was zuletzt nur unter größten Anstrengungen verhindert werden konnte. Seiner Nachfolgerin Janina Hortmann oblag vergangene Woche nun die Aufgabe, bittere Wahrheiten zu verkünden. Die Stadt kommt an einem HSK nicht mehr vorbei.
Allein für das Haushaltsjahr 2025 rechnet man in der Kämmerei momentan mit einem Loch von 6,7 Millionen Euro. Einnahmen in Höhe von 56,47 Millionen Euro stehen Ausgaben in Höhe von 63,19 Millionen Euro gegenüber. Bis 2028 wächst der Fehlbetrag sogar auf 21,56 Millionen Euro an. Hortmann spricht von „denkbar schlechten Zahlen und hohen Defiziten“, die „wir uns wohl alle anders gewünscht hatten“. Für Bergneustadts Bürgerschaft, Politik und Verwaltung bedeute das ein eisernes Sparen an allen Ecken und Enden, aber auch ein sinnvolles Wirtschaften, um das HSK-Ziel zu schaffen, bis 2035 wieder eine dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt zu erreichen. Der Gesamt-Konsolidierungsbedarf betrage in diesem Zeitraum knapp 70 Millionen Euro.
Bürgermeister Matthias Thul sprach in seiner Rede im Rahmen der Haushaltseinbringung davon, dass „die finanzielle Zukunft der Stadt Bergneustadt nicht nur auf wackeligen Beinen steht, sondern zumindest kurz- und mittelfristig katastrophal ist“. Das liegt aus seiner Sicht aber nicht an einer verschwenderischen Ausgabenpolitik der Verwaltung, sondern an den ständig steigenden Belastungen. Denn: Die Einnahmen der Stadt steigen zwar, die Ausgaben steigen gleichzeitig aber noch schneller.
Er wolle sich nicht aus der Verantwortung stehlen, sagte Thul, „aber das HSK ist durch externe Faktoren verursacht“. Die Kreisumlage steige von 2023 bis 2027 von 22,7 auf 25,1 Millionen Euro. Die Zinslast im selben Zeitraum von 1,4 auf 2,6 Millionen Euro und auch der Personalaufwand durch neue Bundes- und Landesgesetze sowie Tarifabschlüsse sorgt für eine Steigerung von 7 auf 8,3 Millionen Euro. Dazu kämen dann noch erhöhter IT-Bedarf, gestiegene Energiekosten, Inflation und einiges mehr. Besonders im Kanalbau bekomme man das zu spüren. „Alles wird teuer“, so das bittere Fazit von Thul, der dem Kreis dafür aber nicht die Schuld in die Schuhe schieben will: Denn auch der müsse immer wieder neue Aufgaben leisten. „Sparen wird uns nicht helfen. Land und Bund müssen eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen schaffen.“
Aufräumen wollte das Stadtoberhaupt in seiner Rede auch mit den „Geschichten in den Sozialen Medien“, was man alles tun könne, um die Grundsteuer zu senken. Als Beispiel nannte er die von Teilen der Bürgerschaft kritisierte Treppe vom Talpark in die Altstadt. Diese hat 350.000 Euro gekostet, wovon die Stadt einen Eigenanteil von 70.000 Euro stemmen muss. Ein Projekt, das man im Rahmen der kaufmännischen Buchführung über 50 Jahre abschreibe (jährlicher Aufwand 3.150 Euro) und somit ein Einsparpotential von 0,00005 Prozent des Gesamthaushalts biete.
Eckdaten des Haushalts
Erträge (In Klammern: Vergleich zum Vorjahr)
Insgesamt: 56.470.631 Euro
Darin unter anderem enthalten:
Gewerbesteuer: 11.000.000 Euro (+1.400.000 Euro)
Grundsteuern: 5.824.000 Euro (+93.790 Euro)
Gemeindeanteil an der Einkommensteuer: 8.579.020 Euro (+510.820 Euro)
Zuweisungen des Landes: 10.499.000 Euro (-2.037.000 Euro)
Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer: 1.356.010 Euro (+53.980 Euro)
Aufwendungen
Insgesamt: 63.191.146 Euro
Darin unter anderem enthalten:
Kreisumlage: 24.860.140 Euro (+2.562.340 Euro)
Personal- und Versorgung: 10.325.256 Euro (+979.376 Euro)
Gleichzeitig verwies der Bürgermeister auf die positiven Entwicklungen in der Stadt – trotz klammer Kassen: „Mir ist keine Kommune im Umkreis bekannt, die so wenig Geld hat und bei der sich trotzdem so viel Gutes entwickelt.“ Die Altstadt werde saniert, man baue neue Radwege, die OGS werde ausgebaut und neuer Wohnraum werde geschaffen. Zudem sei ein hausärztliches Versorgungszentrum greifbar, das Extra-Markt-Gelände werde entwickelt und es gebe sehr konkrete Gewerbegebiet-Entwicklungen. Am Dreiort würden die Anfragen sogar das vorhandene Potential übersteigen. „Das sind Meilensteine und Zeichen für gute Arbeit im Rat“, so Thul.
Verabschiedet werden sollen der Haushalt und ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept am 12. März. Bis dahin hat die Politik Zeit, entsprechende Beratungen in den Fachausschüssen vorzunehmen. Die vorgesehenen Jahresergebnisse sind so schlecht, dass nicht wie üblich der Kreis für die Genehmigung zuständig sein wird, sondern die Bezirksregierung Köln. Aus Hortmanns Sicht ist das HSK trotzdem „die einzige Möglichkeit, ein letztes bisschen kommunale Selbstverwaltung offenzuhalten“. Auch Thul versucht, optimistisch in die Zukunft zu blicken: „Mit Pessimismus werden wir die Stadt nicht nach vorne bringen können.“
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