BLAULICHT
Prozess um mutmaßlichen sexuellen Übergriff eingestellt
Waldbröl - 48-Jährigen wird nicht verurteilt, soll aber unter anderem 1.000 Euro an ein Frauenhaus überweisen – Richter: Es wäre schwer gewesen, den Vorwurf zu beweisen.
Von Lars Weber
Vorläufig eingestellt worden ist das Verfahren gegen den 48-jährigen Nümbrechter Rico W. (Anm.d.Red.: Name geändert), der sich seit Ende Mai wegen eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs am Amtsgericht Waldbröl vor Richter Kevin Haase verantworten musste. Nach einem langen Rechtsgespräch – Richter, Verteidiger, Anwalt der Nebenklage und Staatsanwalt sprachen rund 40 Minuten miteinander – wurde beim nunmehr dritten Verhandlungstermin entschieden, den Prozess an dieser Stelle vorläufig zu beenden, wenn Rico W. 1.000 Euro an ein Frauenhaus zahlt und die Anwaltskosten für die Nebenklage übernimmt. Sobald dies passiert ist, wird das Verfahren gegen den Nümbrechter endgültig und ohne Urteil eingestellt.
Damit nahm das Verfahren eine Wendung, wohl auch, um dem mutmaßlichen Opfer und Nebenklägerin, einer 52-jährigen ehemaligen Bekannten des Angeklagten, weitere Belastungen zu ersparen. Sie hatte am ersten Prozesstag ausgesagt und die Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft weitgehend gestützt (OA berichtete). Demnach soll der Mann in der Nacht des 31. Oktober 2023 zwischen drei und vier Uhr in ihr Schlafzimmer eingedrungen sein, nachdem er zuvor mutmaßlich durch ein Fenster im Wohnzimmer in die Wohnung eingebrochen war. Der Mann soll die Frau von den Füßen bis zu den Oberschenkeln geküsst und sich auf sie gelegt, begrapscht und mehr gewollt haben. Sie konnte ihn an den Schultern wegstoßen. Ihrer Aufforderung zu gehen, sei er schließlich nachgekommen.
Mehrere Faktoren gestalteten die Bewertung der Aussage der Frau schwierig. Dazu gehörten die medizinische Vorgeschichte und psychische Konstitution des Opfers. Die 52-Jährige hatte in ihrer Jugend sexuelle Gewalt durch nahestehende Angehörige erfahren und ist deshalb in Therapie. Der Verteidiger von Rico W. hatte es für nicht ausgeschlossen gehalten, dass die Nümbrechterin ihre früheren traumatischen Erfahrungen vermische mit den Geschehnissen vor fast zwei Jahren. Daraufhin hatte er in der vergangenen Sitzung ein psychiatrisches Gutachten beantragt (OA berichtete). Zu dem Antrag äußerte sich Richter Haase im heutigen öffentlichen Teil der Verhandlung zwar nicht, machte aber klar, dass bei einem Neustart des Verfahrens ein solches Gutachten wohl gefordert werden würde – eine starke Belastung für die 52-jährige Frau.
Andere Beweisanträge aus der vergangenen Sitzung hatte Richter Haase zwar zugelassen – insgesamt drei Zeugen waren beim heutigen Verhandlungstermin geladen, um gegebenenfalls die Aussage des mutmaßlichen Opfers zu stärken oder auch zu entkräften. Letztlich musste aber keiner von den Zeugen vor Richter Haase Platz nehmen, nachdem man sich auf eine vorläufige Einstellung geeinigt hatte.
Laut Richter sei zwar klar, dass in dieser Nacht etwas passiert sei. Dies zeigten WhatsApp-Nachrichten des Angeklagten an die Frau, in denen er sich für sein Verhalten entschuldigt hatte. „Die konkrete Tat ist aber nur sehr, sehr schwer zu klären“, erklärte Richter Haase, dass es zu keinem Urteil kommen wird, solange Rico W. die Auflagen nun erfüllt.