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VfL Gummersbach siegt im Zitterspiel gegen Tabellenletzten mit nur einem Tor
(bv/10.11.2001-20:30) Von Bernd Vorländer
Gummersbach - Der VfL Gummersbach kann doch noch siegen: Im Bundesligaspiel gegen die SG VfL/BHW Hameln kam die Happe-Truppe zu einem knappen 21:20 (11:9) Erfolg.

VfL Gummersbach - SG VfL/BHW Hameln 21:20 (11:9).
Das Beste zuerst: Der VfL Gummersbach hat zwei Punkte gegen den Abstieg gewonnen. Zentnerlasten fielen den Machern des oberbergischen Bundesligisten vom Herzen, nachdem im Duell der Kellerkinder die Mannschaft der SG Hameln knapp mit einem Tor besiegt werden konnte - und das in einem Spiel, das nicht annähernd Bundesligaformat besaß.
Zahlreiche Heimspiele zum Teil blamabel verloren, zuletzt mit einer Niederlage vom Aufsteiger Schwerin heimgekehrt und bei 5:13 Punkten dem Tabellenende dramatisch nahe - vor dem Spiel war Trainer Thomas Happe nicht zu beneiden. Da wackelte bei anderen Vereinen in vergleichbarer Situation der Trainerstuhl oft schon bedenklich.

Und seine Truppe machte es Happe nicht gerade leichter, die Fassung zu bewahren. Gegen eine Gastmannschaft aus Hameln, die vor allem im Rückraum kaum den Nachweis erbringen konnte, bundesligatauglich zu sein, tat sich der VfL von Anfang an schwer. Beim 2:5 in der 13. Minute musste man bereits einem Drei-Tore-Rückstand hinterherlaufen. Treffer von Nick Yoon hielten die Gastgeber aber im Spiel.

Vor allem, als in der Deckung offensiver und aggressiver agiert wurde, verloren die Gäste häufig den Ball. Doch der VfL konnte die Fehler nicht ausnutzen, weil sein Angriffsspiel unerklärliche Mängel aufwies. Dennoch gelang es Zou-Zou Houlet, drei Sekunden vor dem Halbzeitpfiff der insgesamt sicheren Schiedsrichter Methe/Methe, die mit der fairen Partie keine Probleme hatten, den Ball zum 11:9, und damit zur erstmaligen Zwei-Tore-Führung im Netz von Hameln unterzubringen.
Wer jedoch gedacht hatte, dass der VfL mit mehr Sicherheit in die zweite Hälfte starten würde, sah sich getäuscht. Beim 13:16 eine Viertelstunde vor Schluss sah alles nach einer erneuten peinlichen Niederlage aus. Auch beim 15:18 (49.) hatten die Gäste die Nase vorne, doch Yoon, Beers und Brajkovic schafften den Gleichstand.

Der Schluss war nichts für schwache Nerven. Marco Beers erhielt kurz vor Schluss eine Hinausstellung, Torhüter Jan Stankiewicz parierte jedoch den fälligen Strafwurf. In Unterzahl markierte Yoon den 21. Treffer, und auch der Einsatz eines siebten Feldspielers bescherte Hameln nicht mehr den Ausgleich.
Bei Torwart Stankiewicz durfte sich der VfL bedanken, dass dieses Spiel gewonnen werden konnte. Am Schluss hatte der in der Vergangenheit stark kritisierte Keeper 15 Paraden bei drei gehaltenen Strafwürfen auf dem Konto.
Ein Sieg - wie gesagt - der erzittert wurde, jedoch nicht über die zahlreichen Unzulänglichkeiten hinwegtäuschen darf. Den nur rund 500 Zuschauern stockte ein ums andere Mal geradezu der Atem ob der Fehler - weniger aus Verärgerung denn aus Erschrecken. Pässe über wenige Meter fanden nicht den Nebenmann, Tempogegenstöße wurden verstolpert, freistehende Würfe leichtfertig vergeben.

Auch spielerisch wusste der VfL zu keinem Zeitpunkt zu überzeugen. Im Angriff war kein System zu erkennen und einigen Spielern fehlte Durchsetzungsfähigkeit, aber auch das Niveau für die höchste deutsche Spielklasse. Trainer Happes Votum für die jungen VfL-Spieler in allen Ehren, aber die linke Angriffsseite mit Choi auf der Außenposition und Schröder im linken Rückraum hatte bereits nach zehn Minuten ihr Pulver verschossen. Die übrigen 50 Minuten war von ihnen kaum etwas zu sehen.
Überhaupt die Außenpositionen: Ein mageres Tor ist von dort zu wenig. Vom Kreis geht zur Zeit überhaupt keine Gefährlichkeit aus. Weder Ilper noch Handschke konnten überzeugen. Da machte ihnen sogar ein Ian-Marco Fog bei den Gästen noch etwas vor. Er erzielte vier Treffer.

Auch die acht Treffer von Kyung-Shin Yoon dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Koreaner lange Zeit Probleme hatte. Erst vier wichtige Tore in den letzten zehn Minuten verbesserten seine Leistungsnote. Zuvor war sein Spiel von zu vielen Einzelaktionen geprägt. Zu überzeugen wusste lediglich Torhüter Jan Stankiewicz.
Alles in allem ein glücklicher Sieg. Auf Trainer Thomas Happe kommt noch viel Arbeit zu, wenn es in den nächsten Wochen gegen Lemgo und Kiel geht. Die SG Hameln dagegen kann eigentlich schon fast zur Servus-Bundesliga-Tour durch die Hallen der Gegner aufbrechen. Leichter als am Samstag in Gummersbach wird es wohl nirgendwo in der Bundesliga noch sein, zwei Punkte zu gewinnen.

Trainerstimmen:
Nikola Beslac (Hameln): "Kurz vor Schluss, mit einem Spieler mehr auf dem Feld und der Chance eines Siebenmeters hätten wir das Spiel für uns entscheiden müssen. Kämpferisch kann ich meiner Mannschaft keinen Vorwurf machen, aber im Angriff hat sie meine Taktik nicht umgesetzt.
Thomas Happe: "Die Heimspiele des VfL sind nichts für Herz- und Kreislaufkranke. Es war ein glücklicher, aber verdienter Sieg meiner Mannschaft. Mit der Deckungsleistung, insbesondere von Torwart Jasch Stankiewicz bin ich sehr zufrieden. Im Angriff lief es nicht immer rund, aber auch dort haben vor allem die jungen Spieler Fortschritte erkennen lassen."
VfL Gummersbach:
Jan Stankiewicz (1.- 60.)
Egon Graf (nur zu einem Siebenmeter)
Kyung-Shin Yoon (8)
Hyun-Ho Choi (1/1)
Tobias Schröder (3)
Oliver Plohmann
Jörn Ilper
Marco Beers (2)
Umberto Brajkovic (3)
Francois-Xavier Houlet (3)
Dirk Hartmann (1)
Maik Handschke
SG VfL/BHW Hameln:
Daouda Karaboue (1. -60.)
Volker Hoffmann (n.e.)
Damir Radoncic (5/3)
Ian Marco Fog (4)
Christian Piller (3)
Robin Gielen (3)
Stefan Steinke (2)
Jovan Kovacevic (2)
Bernard Latchimy (1)
Bodo Leckelt
Stephan Hauck
Oliver Glatz

Schiedsrichter: Methe/Methe.
Zuschauer: 500.
Siebenmeter: 3:5 - 2:2 (Choi scheitert an Karaboue; Radoncic, Steinke und Kovacevic scheitern an Stankiewicz).
Zeitstrafen: 4:8 Minuten (Houlet, Beers - zweimal Latchimy, Fog, Radoncic).
Beste Spieler: VfL: Jan Stankiewicz, Kyung Shin Yoon (zw. 45. und 60. Minute) - Hameln: Daouda Karaboue, Ian Marco Fog.
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