JUNGE LEUTE
Mehr Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien
Oberberg – Dem Statistischen Landesamt zufolge leben wieder mehr junge Menschen außerhalb ihrer Familie.
Ob aufgrund von Vernachlässigung, körperlicher, psychischer oder sexueller Gewalt, Überforderung, Krankheit oder auch Inhaftierung: Gründe, weswegen Kinder und Jugendliche aus ihren Familien genommen und in einem Heim, bei einer Pflegefamilie oder einer anderen betreuten Wohnform untergebracht werden, gibt es viele. Und seit heute ist bekannt: die Zahlen steigen. In Nordrhein-Westfalen, und zum Teil auch im Oberbergischen, wachsen immer mehr Kinder außerhalb ihrer Familie auf.
Als Statistisches Landesamt hat Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) heute mitgeteilt, dass die Anzahl an jungen Menschen, die in einem Heim oder auch in einer Pflegefamilie untergebracht wurden, 2023 nach Rückgängen in den Vorjahren erstmals wieder angestiegen ist. Offiziell soll es sich dabei landesweit um 58.422 junge Menschen gehandelt haben. Zum Vergleich: 2022 seien 57.077 Personen gemeldet worden, was einem Anstieg von rund 2,4 Prozent entspricht.
Die tatsächlichen Zahlen dürften laut IT.NRW aber noch höher sein. Aufgrund von technischen Problemen seien die Meldungen einiger Jugendämter des Landes nicht vollständig erfolgt. Im Zusammenhang mit einem Cyberangriff bei einem kommunalen IT-Dienstleister in Südwestfalen würden für die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe keine vollständigen Daten vorliegen. Ein Vergleich mit den Vorjahresergebnissen seit damit auf Landesebene nur eingeschränkt möglich.
Doch der Trend soll auch im Oberbergischen spürbar sein. Nach Rücksprache mit Sarah Hedfeld, der Leiterin des Gummersbacher Jugendamtes, bestätigte Stadtsprecher Siegfried Frank die Entwicklung: „Die Zahlen steigen. Und das ist kein Gummersbacher Phänomen.“ Das gelte nicht nur für die Anzahl der Heimunterbringungen, sondern auch für die Inobhutnahme sowie die Hilfen zur Erziehung wie die Erziehungsberatung und die sozialpädagogische Familienhilfe zur Bewältigung von Alltagsproblemen.
Etwas anders soll sich die Lage beim Jugendamt des Oberbergischen Kreises darstellen, das für neun Kommunen der Region zuständig ist, darunter Bergneustadt, Engelskirchen, Lindlar und Waldbröl. Wie ein Sprecher der Kreisverwaltung auf Nachfrage von OA sagte, seien die Zahlen leicht schwankend, aber relativ stabil. Von einem Aufwärtstrend könne man beim Kreisjugendamt aber nicht sprechen. Genaue Zahlen konnten Stadt und Kreis heute nicht mehr nennen.
Laut IT.NRW wurden die meisten jungen Menschen (12.201 Fälle) außerhalb ihrer Familie untergebracht, weil die Bezugsperson fehlte, so etwa wegen Krankheit oder Inhaftierung. Eine Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung oder körperliche, psychische oder sexuelle Gewalt soll es bei 10.937 Fällen gegeben haben. Ein weiterer Grund für die Betreuung außerhalb der eigenen Familie war die eingeschränkte Erziehungskompetenz der Eltern (8.623 Fälle), zum Beispiel durch eine pädagogische Überforderung.
Von den insgesamt 32.063 jungen Menschen, die in Heimen oder sonstigen betreuten Wohnformen lebten, waren 42,3 Prozent unter zehn Jahre alt. Der Anteil der 18- bis unter 27-Jährigen lag bei 14,2 Prozent. In den Pflegefamilien (26.359) waren 54,1 Prozent der Kinder jünger als zehn Jahre. Von den jungen Erwachsenen im Alter von 18 bis unter 27 Jahren lebten noch 6,7 Prozent in einer Pflegefamilie. Ihnen wird eine Hilfe eingeräumt, wenn ihre Persönlichkeitsentwicklung die selbstständige Lebensführung noch nicht ermöglicht.
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