KARNEVAL
Feuer und Flamme für Mueschbech deheem
Morsbach - Rund 1.000 Narren feiern sechs Stunden lang bei der großen Prunksitzung im Festzelt an den Wisserauen.
Von Lars Weber
Wenn die „Republik“ Karneval feiert, dann hört man das auch noch bis nach Köln. Nicht umsonst kommen jedes Jahr die Superstars der Szene vom Rhein an die Wisser und mischen sich dort unter den Nachwuchs und die bergischen Karnevalsgrößen. Dieses Jahr hat Köln aber vielleicht noch ein bisschen genauer hingehört, schließlich ist Prinz Patrick I. „ne kölsche Jung“. So oder so: Den 1.000 Jecken im ausverkauften Festzelt an den Wisserauen brauchte niemand den Partybefehl bei der großen Prunksitzung am Samstag extra zu geben. Sie bewiesen einmal mehr einen langen Atem beim Feiern – bei einem Programm voller Kurzweil, das auch krankheitsbedingten Absagen trotzte.
Der Elferrat und Sitzungspräsident Dominik Mauelshagen ließen sich nicht lange bitten und überließen die Bühne traditionell der Morsbacher Kindergarde – und die jungen Tänzerinnen und Tänzer verstanden es, das Publikum um den Finger zu wickeln. „Sie sind zwar die Kleinsten hier, aber ganz große Karnevalisten!“ Die Kindergarde war aber nur ein Vorgeschmack auf die tänzerischen Ausnahmeleistungen, die im Laufe des langen Abends im Festzelt noch folgen sollten.
Die Mini-Wolpertinger des SV Morsbach zum Beispiel: Seit 36 Jahren gibt es die Nachwuchsschmiede der Wolpertinger, die später am Abend ebenfalls einen Auftritt voller Akrobatik hinlegten. Die Basis dafür wird schon im jungen Alter gelegt, bewiesen die Mini-Wolpertinger, die das Dorf in den Mittelpunkt ihres Auftritts rückten. Und sie ließen Morsbach und sich selbst beeindruckend hochleben. „Aus der Republik für die Republik“ eben. Oder wie Dominik Mauelshagen es weiter ausdrückte: „Wir sind hier reich gesegnet mit kulturtragenden Vereinen, da werden wir im Kreis drum beneidet!“
Mindestens so wichtig wie das Engagement der KG und der Vereine ist selbstredend das Herzblut der Gäste, das diese in ihre Kostüme und einen gelungenen Abend stecken. Der SV Morsbach könnte bald schon um eine Hobby-Horsing-Gruppe reicher sein, wenn es nach der siebenköpfigen Frauentruppe um Lorina und Marie geht. Im vergangenen Jahr noch als Rennfahrerinnen am Start, haben sie sich bei TikTok von der Trendsportart Hobby-Horsing begeistern lassen und ihre Steckenpferde für die Sitzung gesattelt. „Es soll jedes Jahr auch ein bisschen verrückt sein.“
[Hobby-Horsing: Ein Sport mit Zukunft in Morsbach - dank dieser Truppe.]
Zwischen den Zauberern, Elfen, Clowns oder Wikingern stach die Gruppe „Kappesjesichter“ als wandelnde Flammen besonders hervor. Fünf Stunden sitzt man an so einem Kostüm, erzählt Annika Baldus. Das zeigt schon: Die rund 20 Morsbacher brennen so richtig für den Karneval und lassen sich seit 22 Jahren immer was Neues einfallen. Sie werden auch beim Rosenmontagszug mit einem Wagen dabei sein. Dann läuft auch schon ihr Nachwuchs mit. Die Karnevalskultur in Morsbach muss sich also keine Sorgen machen.
Auf der Bühne im Festzelt sorgte die spektakuläre Athletik der Regimentstöchter Attendorn für offene Münder. Die Truppe ist den Morsbachern vom Tanzfestival bekannt, sie feierte im vergangenen Jahr tatsächlich ihre Prunksitzungspremiere. Die war so erfolgreich, dass sie dieses Jahr unbedingt wiederkommen sollten. Verzichten musste das Publikum auf die Showtanzgruppe des befreundeten KV Scheuerfeld. Die Krankheitswelle macht eben auch vor Karnevalisten nicht halt.
Flotte Sprüche hatte Klaus Rupprecht mit seiner Handpuppe Willi (Foto) auf Lager. Er bildete den Auftakt für die Säulen des gepflegten und manchmal auch ungepflegten Humors. Verlassen durften sich die Gäste auch auf Annäherungsversuche von Willi und Ernst. Willi hielt direkt nach Andrea Ausschau, die er im vergangenen Jahr hier kennengelernt hatte. „Warum hast du dich nie gemeldet?“ Die Angebetete, natürlich auch dieses Jahr wieder bei der Sitzung dabei, wurde von Willi kurzerhand links liegengelassen, und er suchte sich eine neue. Deren Name: wieder Andrea. Das Duo hatte die Lacher auf ihrer Seite. Krank abgemeldet hatte sich kurzfristig Lieselotte Lotterlappen, alias Joachim Jung. Machte aber nichts: Sein Ersatz Jörg Hammerschmidt lieferte ab.
Natürlich wurde auch gesungen und dazu getanzt. Die Messlatte hoch hingen Klüngelköpp (Foto unten), seit mehr als 20 Jahren eine Institution im Kölner Karneval und natürlich auch im Oberbergischen. Ihr Hitfeuerwerk aus unter anderem „Niemols ohne Alaaf“, „1.000 Nächte“ oder „Jedäuf met 4711“ ließ das Festzelt erbeben. Und mit einer Trommeleinlage gab es von Klüngelköpp schonmal einen Vorgeschmack auf die Drummerholics, die später am Abend nach Auftritten von Torben Klein, den Swinging Funfares und Bel Kantholz, der Karnevalsband aus den Reihen der Eintrachtjugend Morsbach, das Finale mit Prinz Patrick I. und seinem Gefolge einleiteten. Dort begeisterte die Funkengarde ebenso wie die Garde Blau-Weiß, die sich selbst und noch einmal das Publikum zu Höchstleistungen antrieben.
Die Morsbacher Karnevalisten sollten nach diesem sechsstündigen Abend jedenfalls warm gefeiert sein für das große Finale. Heute geht es mit dem Rathaussturm weiter. Bürgermeister Jörg Bukowski hatte sich extra dafür geschont und war der Sitzung ferngeblieben, um seine Familie gesund zu pflegen. Rosenmontag folgt dann das große Finale mit dem Zug.
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