LOKALMIX
Unternehmen in der Multikrise
Oberberg – In der IHK wurden heute die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage vorgestellt – Die Insolvenzgefahr steigt.
Ob der zunehmende Bürokratismus, die hohen Energiepreise, der Arbeits- und Fachkräftemangel, eine schwache Inlandsnachfrage oder auch hohe Zinsen: die Unternehmen der Region sehen sich derzeit mit diversen Herausforderungen konfrontiert. „Das ist eine Multikrise, die gerade auf die Unternehmen einwirkt“, sagte Michael Sallmann, Leiter der Geschäftsstelle Oberberg der IHK Köln, heute im Rahmen eines Pressegesprächs.
Zusammen mit Roland Lenzing, Geschäftsführender Gesellschafter des Hückeswagener Familienunternehmens Pflitsch, hat Sallmann heute über die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Köln gesprochen. „Insgesamt 20 Prozent aller Unternehmen in unserem IHK-Bezirk kämpfen mit Zahlungsengpässen“, sagte der Geschäftsstellenleiter.
Die Wirtschaft sei weiter in der Krise. Es herrsche eine allgemeine Unsicherheit, die Insolvenzgefahr nehme zu, der Arbeitsmarkt drohe instabil zu werden. „Besonders die Industrieunternehmen stehen zunehmend mit dem Rücken zur Wand, die Auslastung ihrer Produktionsanlagen sinkt immer weiter“, so Michael Sallmann.
Eine geringere Auslastung gebe es mittlerweile auch bei Pflitsch, laut eigenen Angaben internationaler Marktführer für das industrielle Kabelmanagement und zweitgrößter Arbeitgeber der Schloss-Stadt. „Seit dem vergangenen Oktober merken wir, dass sich das Bestellverhalten unserer Kunden ändert“, erzählte Lenzing. Die Bestellungen seien nicht mehr so umfangreich, würden kleiner ausfallen.
Auswirkungen auf die Arbeitsplätze
„Wir können kaum noch vorproduzieren“, erklärte der Hückeswagener. Die Anzahl der Schichten sei bereits reduziert worden, Gleitzeit mittlerweile ein Thema, Kurzarbeit noch nicht. „Wir möchten unsere Mitarbeiter halten, wir können sie nicht ziehen lassen“, sagte der Unternehmer mit Blick auf den Fachkräftemangel und die getätigten Investitionen in die Human Resources.
Nur 15 Prozent der befragten Unternehmen planen zusätzliche Arbeitsstellen, dem gegenüber stehen 25 Prozent der Unternehmen, die Personal abbauen werden. „Das ist ein schleichender Prozess“, sagte Sallmann. Eine Entlassungswelle befürchtet der IHK-Geschäftsstellenleiter allerdings nicht. Eher würde die Zeitarbeit in den Betrieben reduziert werden sowie freiwerdende Stellen nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt wieder besetzt werden.
Lage unverändert schlecht
Die Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn wurde vom 18. Dezember 2023 bis zum 11. Januar 2024 durchgeführt. Rund 2.400 Unternehmen aus dem IHK-Bezirk Köln wurden angefragt, 696 Unternehmen haben sich beteiligt. Im Oberbergischen haben 124 Unternehmen an der Umfrage teilgenommen, darunter 70 Industrieunternehmen.
Schon im Herbst 2023 beurteilten die Unternehmen die Geschäftslage deutlich negativ. Diese Einschätzung hält laut Umfrage an: Industrie und Handel bewerten die aktuelle Lage ganz besonders kritisch. Allein die Dienstleister schätzen die Lage als „gut“ ein. Branchenübergreifend melden 29 Prozent eine gute Lage, 47 Prozent eine befriedigende und rund ein Viertel der Unternehmen eine schlechte.
Im Oberbergischen Kreis ist die momentane Geschäftslage gleichbleibend: 26 Prozent der Unternehmen melden eine gute, 31 Prozent eine schlechte Lage. Mit Blick auf 2024 gehen allerdings nur noch zehn Prozent der Unternehmen von einer besseren Geschäftsentwicklung aus, 44 Prozent von einer schlechteren.
Die große Unsicherheit sorge bei den Unternehmen laut Sallmann für ein Abwarten. Investitionen würden deshalb zurückgestellt oder verstärkt im Ausland getätigt werden, wo die Bedingungen für Unternehmen attraktiver seien – eine Erfahrung, die auch Lenzing gemacht hat und den Aufbau eines Standortes in den USA in Erwägung zieht.
Blick auf die Politik
„Die Politik und die Bürokratie haben den Ernst der Lage nicht erkannt und machen so weiter wie bisher“, sagte Sallmann, spricht davon, dass die aktuelle Bundesregierung zeitgleich Regierungs- und Oppositionsarbeit leisten wolle. Doch „die Politik muss jetzt handeln, um den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen und unseren Unternehmen Hoffnung zu geben.“
Dazu gehöre der Bürokratieabbau, der die Wirtschaft fessele und der Transformation im Weg stehe. Weiterhin brauche die Wirtschaft laut Sallmann sichere und bezahlbare Energie und eine glaubwürdige Strategie für den Einstieg in die Erneuerbaren Energien. „Und vor allem gilt: Es muss wieder glaubwürdige und verlässliche Politik gemacht werden.“
Mit Blick auf 2024 erwartet der IHK-Geschäftsstellenleiter ein schwieriges ökonomisches Jahr. „Es gibt keinen Hinweis auf eine Trendumkehr in absehbarer Zeit.“ Die ausführlichen Ergebnisse des Konjunkturberichts zum Jahresbeginn sind auf der Website der IHK zu finden.
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