POLITIK
Kreishausanbau: Es köchelt auf dem Herd
Oberberg – Bei der Sitzung des Kreistags schlug die SPD-Fraktion ein weiteres Mal ein Moratorium vor – Grüne starteten Petition – Kreis informiert in sozialen Netzwerken.
Von Lars Weber
Ende März fasste der Kreistag mehrheitlich den Baubeschluss für den ersten Bauabschnitt des dreiteiligen Projekts Kreishauserweiterung, mit der bekanntlich Teile der Kreisverwaltung am Standort Moltkestraße zentralisiert und aus teils alten, ungeeigneten und in der Unterhaltung teuren 22 Liegenschaften in Gummersbach herausgeholt werden sollen (OA berichtete). Während das Ziel an sich im Laufe der vergangenen Jahre wenig Diskussionen entfachte, tun dies die berechneten Kosten nun umso mehr. 143 Millionen Euro für alle drei Abschnitte, allein rund 93 Millionen Euro für den ersten Anbau, in dem allen voran das Jugendamt eine neue Heimat finden soll. Insgesamt sollen allein im ersten Bauabschnitt 19 Liegenschaften aufgegeben werden können. Obwohl nun der Beschluss gefasst wurde, bleibt die Diskussion um den „Glaspalast“, wie der Anbau von der Opposition ob der Architektur nur noch bezeichnet wird, auf der Herdplatte. Und da köchelt sie weiter: In den Diskussionsbeiträgen von Oberbergern in den sozialen Netzwerken, besonders aber auch dank Anfragen und Petitionen im Schatten der Kommunalwahl im September. Und auch die Kreisverwaltung ist inzwischen in die Informationsoffensive gegangen. OA sammelt Eindrücke aus der Diskussion.
OBK startet Info-Kampagne
Seit Anfang Juni greift die Pressestelle des Oberbergischen Kreises das Thema offensiv in den sozialen Medien auf. Interessierte können sich dort durch Bilder und Videos klicken, wo die Hintergründe für die Notwendigkeit einer Zentralisierung aus Sicht der Verwaltung aufbereitet werden. Auf den Plattformen werden auch Fragen direkt vom Kreis beantwortet. Zuletzt wurden Erklärvideos bei Facebook gepostet, in denen es um die Finanzierungsweise geht – der Kreis gibt sich bekanntlich gewissermaßen selbst einen Kredit unter anderem aus Mitteln, die aus der Pensionsrücklage vorliegen (OA berichtete). Dadurch soll auch die Kreisumlage nicht steigen, betont der Kreis stets. Zudem hat die Verwaltung hier eine Informationsseite ins Netz gestellt.
SPD wiederholt Angebot
Dr. Sven Lichtmann, SPD-Fraktionschef und auch Landratskandidat am 14. September, sprach bei der Kreistagssitzung am Donnerstag in Lindlar angesichts der Kampagne in den sozialen Medien von einer „Charmeoffensive“. Dazu zählte er auch das Angebot des Kreises, in kommunalen politischen Gremien vorstellig zu werden und das Projekt Kreishausneubau zu erklären. „Jetzt! Nach Jahren der Debatte!“ Dass dieses Angebot nicht vor der Kreistagsentscheidung kam, wertete Dr. Lichtmann als Beweis für das „zerrüttete Verhältnis“ zwischen Kreisverwaltung und Kommunen. Er wiederholte zudem seine Kritik eines im Vorfeld der Entscheidung intransparenten Vorgehens des Kreises, besonders im Umgang mit den Zahlen – so wurde beispielsweise der Quadratmeterpreis erst „auf den letzten Drücker“ mündlich vorgelegt, aber nicht einmal zu Protokoll genommen, so ein Vorwurf (Hier gibt es eine Antwort des Kreises auf die SPD-Anfrage). Lichtmann wiederholte seinen Vorschlag für ein Moratorium, für einen Stopp der Planungen, um ein besseres und günstigeres Konzept zu erarbeiten. „Sonst wird der 14. September eine Abstimmung über das Kreishaus werden und sie werden die Mehrheit verlieren“, sagte er Richtung CDU, FDP und UWG.
Das sagt die CDU
Bei der Sitzung verzichtete Fraktionschef Michael Stefer darauf, ans Rednerpult zu treten. Auf Nachfrage gab er Auskunft, zwar darauf vorbereitet gewesen zu sein. Man habe sich vor der Sitzung aber dagegen entschieden, um die Diskussion nicht „künstlich aufzublasen“, indem immer wieder dieselben Argumente bemüht werden. Auch wenn der Kreishausanbau sicherlich ein bestimmendes Thema bei der Kommunalwahl werde, stehe die CDU voll hinter dem Beschluss, dem jahrelange Diskussionen und Planungen vorausgegangen seien. Und mit dem Wettbewerbsgewinner gebe es auch rechtliche Verpflichtungen für den Kreis, was Planer und Architekten angehe. „Man sollte nicht so tun, als ob man die Uhr jetzt einfach auf Null drehen könnte.“ Die CDU sei darauf vorbereitet, bis September mit den Oberbergern ins Gespräch zu gehen und die Argumente für dieses Projekt auf den Tisch zu legen. Zum Thema Moratorium sagte Stefer: „Das hört sich immer gut an“. Auch weil sie natürlich wissen, dass es um viel Geld geht, hatte die CDU Ende März deshalb den Antrag eingebracht, vor der Ausschreibung die Kosten nochmal unter dem Aspekt weiterer Einsparpotenziale zusammen mit Experten zu prüfen. „Genau das geschieht jetzt.“
Kreis holt sich weitere Expertise an Bord
Darüber informierte Kreisbaudezernent Felix Ammann bereits einmal den Bauausschuss, er wiederholte seine Ausführungen am Donnerstag aber noch einmal. So habe der Kreis Prof. Dr. Bert Bielefeld mit der Prüfung der vorliegenden Kostenschätzung beauftragt. Dr. Bielefeld ist Professor für Baumanagement und Bauökonomie an der Universität Siegen, außerdem Mitglied im Normungsausschuss der DIN 276 – Kosten im Hochbau und Mitglied im Beirat des Baukosteninformationszentrums für Architekten. Darüber hinaus stehe der Kreis auch zu Volker Müller in Kontakt, der ebenfalls die Kostenschätzung fachkundig prüfen möchte. Müller hatte im Vorfeld des Baubeschlusses die Planung des Kreises öffentlich kritisiert und angegeben, dass solch ein Projekt günstiger umzusetzen sei. Darüber hinaus wird die Expertise aus anderen großen Bauvorhaben wie zum Beispiel der IHK zu Köln herangezogen, wie Ammann sagte.
Grünen gehen online auf Stimmenfang
Bernadette Reinery-Hausmann, die ebenfalls im Herbst Landrätin des Kreises werden möchte, fehlte am Donnerstag zwar entschuldigt. Sie hat allerdings bereits am 23. Mai für die Grünen Oberberg eine Petition gestartet mit dem Titel „Stoppt den Glaspalast – kein 143 Millionen Euro Kreishausumbau in Gummersbach“. Dort fordern die Grünen einen sofortigen Stopp der Planungen und unter anderem eine „umfassende und transparente Neubewertung aller verfügbaren Optionen“. Die Petition richtet sich direkt an Landrat Jochen Hagt. Bis zum 7. September, also eine Woche vor der Wahl, läuft die Petition. Die Unterschriften sollen vor dem Wahltag an Hagt übergeben werden. Neben den Unterschriften sammeln sich unter dem Beitrag bereits mehr als 1.000 Kommentare.
Bürgermeister geben Statement ab
Auch die oberbergischen Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sprechen über den Kreishausanbau. Zuletzt trafen sie sich turnusmäßig vor drei Wochen – mit dabei waren dieses Mal auch Kreisdirektor Klaus Grootens (zugleich Landratskandidat für die CDU im September) und Baudezernent Ammann. „Das Baurecht muss an dieser Stelle noch geschaffen werden. Die Bürgermeisterkonferenz rät der Kreisverwaltung, die Zeit bis dahin zu nutzen, um die Planung transparenter zu gestalten, Einsparmöglichkeiten und Alternativen zu prüfen“, so das Statement der Stadt- und Gemeindeoberhäupter laut Bergneustadts Bürgermeister Matthias Thul, aktuell Sprecher der Bürgermeister. Dass Baurecht erst durch die Stadt Gummersbach durch die Aufstellung eines Bebauungsplans geschaffen werden muss, darüber wurde im März im Kreisbauausschuss berichtet.
Nachgefragt beim Kreis wird Ammann konkreter. Im Rahmen der Genehmigungsplanung für die Zentralisierung ist vorgesehen, einen Bebauungsplan für das Areal zwischen Moltkestraße, Am Wiedenhof und der Lochwiese aufzustellen. Zwar sei die Stadt Gummersbach verantwortlich für die Durchführung des Verfahrens, der Kreis habe aber zur Unterstützung das Planungsbüro ISR beauftragt. Mit der Stadt sei vereinbart, dass der Aufstellungsbeschluss für den B-Plan im nächsten Stadtentwicklungsausschuss am 1. Juli vorgelegt werden soll. Die Einreichung des Bauantrags sei für Anfang 2026 geplant. Dass ein B-Planverfahren innerhalb nur eines halben Jahres abgeschlossen wird, ist unüblich. Der Kreis zeigt sich aber trotzdem „zuversichtlich, dass das Verfahren bis zur Genehmigungsreife des Bauantrages abgeschlossen werden kann“. Anschließen würde sich das Vergabeverfahren an einen Generalunternehmer. Anvisiert wird ein Baustart im Oktober 2027 und die Fertigstellung im Oktober 2030 – für den ersten Bauabschnitt wohlgemerkt.
KOMMENTARE
1
350 Mitarbeiter passen ins ehemalige Aptiv Gebäude. 8mio Euro gegen 143mio Euro. Hört auf unsere Gelder zu verschwenden.
Der melle, 13.06.2025, 22:49 Uhr2
Kreishausanbau ist reine Geldverschwendung. Durch KI werden 50% der Mitarbeiter überflüssig. Wie dumm sind die Politiker? Uns wird demnächst die Grundsteuer B erhöht. Wenn die Politiker in Regress genommen würden, passierte so ein Schwachsinn nicht.
Uwe Märtens, 14.06.2025, 10:27 Uhr3
Statt dieses Protzbaus saniert erst mal die Straßen in Gummersbach.
Ulrich , 15.06.2025, 13:24 UhrLinks zu fremden Internetseiten werden nicht veröffentlicht. Die Verantwortung für die eingestellten Inhalte sowie mögliche Konsequenzen tragen die User bzw. deren gesetzliche Vertreter selbst. OA kann nicht für den Inhalt der jeweiligen Beiträge verantwortlich gemacht werden. Wir behalten uns vor, Beiträge zu kürzen oder nicht zu veröffentlichen.
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