OBERBERGISCHER KREIS

Ein Jahr Krieg in Israel und Gaza - Interreligiöses Gedenken

us; 07.10.2024, 11:52 Uhr
Foto: Ute Sommer --- Als Repräsentanten der drei abrahamitischen Religionen appellierten sie für Frieden in der Welt: Christoph Bersch (v.li.), Abraham Lehrer, Rafet Öztürk und Michael Braun.
OBERBERGISCHER KREIS

Ein Jahr Krieg in Israel und Gaza - Interreligiöses Gedenken

us; 07.10.2024, 11:52 Uhr
Oberberg - Zur Erinnerung an den Jahrestag des Überfalls der radikalislamischen Hamas auf Israel hatten gestern Juden, Christen und Muslime aus dem Oberbergischen zu einer interreligiösen Gedenkveranstaltung eingeladen.

Von Ute Sommer

 

Seit dem 7. Oktober 2023, an dem Hamas-Terroristen 1.200 Menschen ermordeten und 251 weitere in Geiselhaft verschleppten, befinden sich Israel und Gaza im Kriegszustand. Die Auseinandersetzung forderte bisher mehrere Zehntausende Tote und löste eine riesige Flüchtlingswelle aus. Den gestrigen Jahrestag begingen Mitglieder der drei abrahamitischen Religionen mit einem gemeinsamen Innehalten in der Evangelischen Kirche Gummersbach. Man beabsichtige, die sich immer heftiger drehende Gewaltspirale zu durchbrechen und ein Zeichen für Nächstenliebe, Respekt und Offenheit setzen, hieß Michael Braun, als Superintendent des evangelischen Kirchenkreises an der Agger, die vielen Menschen im „Oberbergischen Dom“ willkommen. Er ermutigte dazu, aus seiner persönlichen „Bubble“ herauszutreten und in der Begegnung mit anderen an der Überwindung von Gewalt zu arbeiten.

 

Gemeinsam mit der Oberbergischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit und den Freundeskreisen Wiehl/Jokneam und Nümbrecht/Mateh Yehuda wolle man die unterschiedlichen Perspektiven von Juden, Muslimen und Christen auf den Nahostkonflikt vergegenwärtigen. In ihren sehr persönlichen Redebeiträgen erläuterten Abraham Lehrer, Vorsitzender der Synagogen-Gemeinde Köln und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Rafet Öztürk, Dialogbeauftragter der Türkisch-islamischen Union der Anstalt für Religion (DiTiB) Köln, und Christoph Bersch, Kreisdechant im Oberbergischen Kreis, ihre Sichtweise auf die Ereignisse des Terrorangriffs und die daraus resultierende, permanente Ausweitung des Krieges.

 

Mit verstörenden Augenzeugenberichten zweier Überlebender des Nova-Festivals - eines der Anschlagsziele am 7. Oktober - und dem Hinweis auf die Betroffenheit der eigenen Familie, machte Abraham Lehrer die Unmittelbarkeit der kriegerischen Gewalt im persönlichen Umfeld deutlich. „Die jüdische Gemeinschaft hier ist vielschichtig betroffen“, und die kriegerische Auseinandersetzung sei Treibstoff zur Radikalisierung vieler Menschen in Europa befürchtete Lehrer.

 

Kritik an Person oder Politik des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu seien zulässig, doch mit Forderungen nach Sanktionierungen oder Abschaffung des Staates Israel werde eine unzulässige Grenze übertreten. Mit Sorge beobachte man das Anwachsen des Antisemitismus und das Erstarken der AfD in Deutschland. „Zivilcourage in einfachster Form ist das, was wir uns wünschen“ forderte Lehrer Zeichen der Solidarität mit Minderheiten aus der Mitte der Gesellschaft.

 

Medienberichte von Hass, Hetze und Fanatismus dürften nicht zur Normalität und die moralische Erosion nicht hingenommen werden, ermahnte Rafet Öztürk die Zuhörer. Er sei erschüttert über das Leid aller Betroffenen auf beiden Seiten des Jahrtausende alten Konfliktes, der sich in seiner Komplexität dem menschlichen Verständnis entziehe. Als Geschöpf Gottes sei es die Pflicht jedes Einzelnen, sich aktiv gegen Krieg und Gewalt, für Pluralität und Freiheit einzusetzen, bat er, mit Worten des Korans, um das Erbarmen Gottes für die Welt.

 

„Wir alle sind Kinder des einen Gottes und der Respekt vor seinem Namen eint uns“, unterstrich Kreisdechant Christoph Bersch. In jeder Glaubensgemeinschaft gebe es Individuen, die Religion dazu benutzten, um anderen Menschen Schaden zuzufügen. Umso wichtiger sei es, den Dialog zwischen den Religionen zu fördern und sich persönlich zu fragen, „was will dieser Einzige und Eine Gott von uns?“. Den musikalischen Rahmen der interreligiösen Friedensbitte gestalteten Annette Giebeler und Stefan Aschenbrenner (Klavier und Saxophon), sowie Mucahit Evliyaoglu mit der arabischen Ney-Flöte.

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