POLITIK

Steuererhöhung: Bürgerproteste sorgen für Umdenken

ks; 06.02.2025, 15:00 Uhr
Foto: Katharina Schmitz --- Hunderte Lindlarer sind gestern zu einer Veranstaltung der Gemeinde ins Kulturzentrum gekommen.
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Steuererhöhung: Bürgerproteste sorgen für Umdenken

ks; 06.02.2025, 15:00 Uhr
Lindlar – Im Kulturzentrum hat gestern eine Informationsveranstaltung der Gemeinde zur Erhöhung der Grundsteuer stattgefunden – Dabei sorgte die CDU für eine Überraschung.

Ob Gelächter, Gegröle, Zwischenrufe, aber auch Applaus: das war kein gewöhnlicher Abend im Lindlarer Kulturzentrum. Vertreter der Verwaltung und der Politik waren gestern zusammengekommen, um mit den Bürgern über die Erhöhung der Grundsteuer B zu sprechen, die vom Gemeinderat in einer Sitzung am 17. Dezember 2024 beschlossen worden ist (OA berichtete). Zu der Informationsveranstaltung der Gemeinde sind am Abend hunderte Lindlarer ins Kulturzentrum geströmt. Die Stimmung war hitzig, nicht wenige machten ihrem Ärger Luft.

 

Bürgermeister Dr. Georg Ludwig begrüßte die Bürger im Kulturzentrum, moderiert wurde die Veranstaltung mit Manfred Kasper von einem Externen. Nachdem Kämmerin Cordula Ahlers den Sachstand erläuterte, waren die vier Lindlarer Ratsfraktionen an der Reihe. Dabei sorgte die CDU in ihrem Statement für eine Überraschung. Im Dezember hatten die Christdemokraten noch zusammen mit den Grünen für die Erhöhung der Hebesätze gestimmt – und sie damit durch den Rat gebracht. Gestern legten sie dann einen neuen Antrag vor, mit dem Zweck, den Hebesatz der Grundsteuer B von derzeit 1.245 Prozent auf den vom Land NRW vorgegebenen Wert von 1.048 Prozent zu senken.

 

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„Uns war wichtig, dass wir einen tragfähigen Haushalt bekommen“, sagte der CDU-Vorsitzende Hans Schmitz. Doch die Reaktionen aus der Bevölkerung – nach der Grundsteuerreform und der gleichzeitigen Erhöhung der Hebesätze – seien heftig gewesen. Zahlenmäßig hat sich das unter anderem in einer Petition von Rudolf Löffler niedergeschlagen (OA berichtete), der damit über 6.400 Unterschriften gegen die Erhöhung gesammelt hat. „Politische Entscheidungen brauchen Akzeptanz in der Bevölkerung. Das ist offensichtlich nicht gegeben“, sagte Schmitz. Der heftige Protest scheint die Politiker zum Umdenken bewegt zu haben. Geht es nach der CDU, soll ihr Antrag im nächsten Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde beraten werden.

 

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Scherer bezeichnete die Steuererhöhungen als „nicht zwingend nötig“. Dabei kritisierte er nicht nur die Entscheidung der CDU aus dem vergangenen Dezember, sondern auch den Kreis, der seine Kosten mit immer höheren Umlagen an die Kommunen weitergebe. „Wir haben nie gesagt, dass es ohne Steuererhöhungen geht“, sagte Scherer. Aber die Steuern in dieser Größenordnung und zweimal so kurz hintereinander anzuheben, bezeichnete der Sozialdemokrat als falsch. Das sieht auch die FDP so, wie deren Fraktionsvorsitzende Harald Friese in seinem Statement deutlich machte.

 

Für die Grünen stand auf der Bühne des Kulturzentrums Jörg Schlichtmann als stellvertretender Fraktionssprecher Rede und Antwort. Er sagte, dass selbst der aufkommensneutrale Hebesatz, den das Land NRW für Lindlar bei 1.048 Prozent, die Gemeinde hingegen bei 1.027 Prozent sieht, für viele Bürger eine Erhöhung der Grundsteuer bedeutet hätte. „Für die Kommune aber nicht“, sagte Schlichtmann. In seinem Statement gab er aber auch zu, dass die Grünen die Auswirkungen der Grundsteuerreform für die Bürger womöglich unterschätzt hätten.

 

Bei einem Pressetermin in der vergangenen Woche, bei dem SPD, Grüne und FDP Kämmerin Cordula Ahlers als gemeinsame Bürgermeister-Kandidatin für die nächste Kommunalwahl im September dieses Jahres vorgestellt haben, kündigten die Vertreter auch an, die Anhebung der Grundsteuer auf 1.245 Prozent sowie der Gewerbesteuer auf 540 Prozent „schnellstmöglich“ wieder absenken zu wollen (OA berichtete). Mit dem Antrag der CDU dürfte das Thema nun aber schon nächste Woche Mittwoch in einer Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses beraten werden. Laut Tagesordnung soll dann auch über die Petition von Rudolf Löffler gesprochen werden.

 

Nach einer Stunde hatten dann die Bürger die Gelegenheit, sich zu Wort zu melden. Der erste Wortbeitrag kam von Werner Kronenberg. Der Rentner aus der Ortschaft Finke sagte deutlich, dass er sich „grob getäuscht“ fühle, auch „ungeschützt“ fühle und sich „bedroht“ fühle von einer „willkürlichen Politik“. Kronenberg schilderte seinen Eindruck, wonach den Bürgern in die Tasche gegriffen werde, um ein Loch zu stopfen, das sie nicht verschuldet hätten. Er forderte die Rücknahme der Steuerhöhungen und erntete dafür tosenden Applaus.

 

Auch andere Bürger meldeten sich zu Wort, wollten unter anderem darüber sprechen, inwiefern an den Ausgaben der Gemeinde geschraubt werden könnte, so etwa an der Umsetzung des ISEK, den Betreuungen im Offenen Ganztag, der Schülerbeförderung, der Sportförderung, dem Kulturbereich oder auch der Bücherei – Themen, die schon häufig politisch beraten worden sind und auch in den kommenden Monaten wieder auf der Tagesordnung stehen dürften. Laut Bürgermeister Dr. Georg Ludwig handele es sich dabei aber nicht zuletzt um Leistungen, „die unser Lindlar lebenswert machen“. Der Verlust dieser Leistungen sei einschneidend, die finanziellen Einsparpotentiale hingegen gering.

 

Auch der Bürgermeister legte seine Position dar. Nach Ansicht der Verwaltung wäre der Haushalt auch ohne die massive Grundsteuer-B-Erhöhung ausgekommen. Stattdessen hätte die Gemeinde dann von ihrem Eigenkapital zehren und auch „schmerzhafte Einsparungen“ vornehmen müssen. Er plädierte dafür, erstmal abzuwarten, wie sich die Grundsteuerreform niederschlägt – dabei aber nicht aus den Augen zu verlieren, dass die Gemeinde mit dem Jahr 2027 ob der zu erwartenden Aufwendungen ein finanzielles Krisenjahr erleben dürfe. Ludwig war gegen die Erhöhung, bezeichnete sie als unverhältnismäßig. „Aber als Bürgermeister muss ich sie ausführen“, sagte er.

 

Cordula Ahlers zeigte den Bürgern dann noch auf, wie sie sich wehren können. Für den Fall, dass man nicht mit dem Grundsteuermessbetrag einverstanden ist und keinen fristgerechten Einspruch eingelegt hat, könne zumindest noch ein Antrag auf Überprüfung gestellt werden. Für den Fall, dass man nicht mit dem Hebesatz einverstanden ist, kann man bei der Gemeinde bis zum 14. Februar Widerspruch einlegen. Beides habe laut Ahlers aber keine aufschiebende Wirkung: „Sie sind trotzdem bis zur (Neu-)Entscheidung zur Zahlung verpflichtet.“

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