REICHSHOF

Differenzierte Hebesätze für Reichshof? Bürgermeister Gennies rät davon ab

pn; 09.10.2024, 16:40 Uhr
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Symbolfoto: Pixabay auf Pexels
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Differenzierte Hebesätze für Reichshof? Bürgermeister Gennies rät davon ab

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pn; 09.10.2024, 16:40 Uhr
Reichshof – Auch Kämmerer Gerd Dresbach spricht sich wegen rechtlicher Unabwägbarkeiten für die Beibehaltung des alten Grundsteuer-Systems aus – Gemeinde reagiert auf einbrechende Gewerbesteuereinnahmen mit neuen Krediten.

Von Peter Notbohm

 

Bis Ende des Jahres muss Reichshofs Politik den Haushalt für 2025 und eine neue Hebesatzung verabschieden. Eine wichtige Frage, die sich dann stellt: Will die Gemeinde mit den von der NRW-Regierung ermöglichten differenzierten Hebesätzen arbeiten oder nicht? In der Ratssitzung am Dienstag hat Kämmerer Gerd Dresbach den Ratsmitgliedern einen ersten Zwischenbericht zur Grundsteuerreform abgegeben.

 

Zur Erinnerung: Vom Jahr 2025 an darf die alte Grundsteuer nicht mehr erhoben werden. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Frist gesetzt, weil die bisherigen Berechnungen auf veralteten Werten von 1964 in Westdeutschland und 1935 in Ostdeutschland beruhen, was zu einer ungerechten Besteuerung geführt hat. Die Grundsteuer B wird auf bebaute und bebaubare Grundstücke erhoben und ist eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen.

 

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Nach dem Wunsch der Bundesregierung sollen die Sätze so anpasst werden, dass möglichst weder mehr noch weniger Einnahmen (aufkommensneutral) generiert werden. Die Gemeinde ist somit gehalten, den Hebesatz so festzulegen, dass die Summe der Steuereinnahmen gegenüber der alten Grundsteuerform nicht steigt.

 

Mit dem Ergebnis der Grundsteuerreform, die Eigenheimer-Besitzer zunächst einmal unverhältnismäßig mehr belasten, dafür Besitzer von Gewerbeimmobilien weniger zur Kasse bittet, ist im politischen Raum allerdings auch längst nicht jeder einverstanden. Als Kompromisslösung wurde das Mittel der differenzierten Hebesätze eingeführt, mit denen das Ungleichgleichgewicht wieder ein Stück zugunsten der Eigenheimbesitzer korrigiert werden soll.

 

Zumindest in Reichshof sieht man aber noch längst nicht alle Fragen – vor allem juristischer Natur – geklärt. Dresbach arbeitet derzeit mit zwei Listen, damit die Gemeinde aufkommensneutral wird. Einer sogenannten Prognoseliste und einer dynamischen Liste. Das Problem: Beide sind nicht übereinanderzulegen, weil das Finanzamt andere wirtschaftliche Einheiten für die Messbeträge gebildet hat. Während die Prognoseliste statisch und im Sommer quasi stehengeblieben ist, hat die dynamische Liste 1.100 Fälle mehr.

 

Sollte sich die Gemeinde für die Option mit differenzierten Hebesätzen entscheiden, müsste man auch die Spreizung begründen, die sich daraus ergibt. In Reichshof läge diese Spreizung bei 1,3, dem zweitkleinsten Wert im Oberbergischen. Dresbach sprach von einer „für das Land einfachen Lösung“: „Das Rechtsrisiko wird hierdurch vom Land NRW auf die Kommunen verlagert.“

 

Das Problem, das der Kämmerer sieht: Es gibt derzeit zwei Rechtsgutachten. Eins, durch das sich das Land NRW bestätigt fühlt, dass unterschiedliche Hebesätze für Wohn- und Geschäftsgrundstücke rechtlich unproblematisch umsetzbar sind. Und eins vom Städtetag NRW, das zu einer komplett gegenteiligen Rechtsauffassung kommt. Dresbachs Fazit: „Ob das Ganze verfassungswidrig ist, kann heute niemand sagen. Damit werden sich die Gerichte noch lange beschäftigen müssen. Uns bleibt nur, das Beste daraus zu machen.“ Im schlimmsten Fall drohen Steuerausfälle. In Reichshof seien von dieser Rechtsfrage rund 8.000 Haushalte mit einem Steuervolumen von 3,75 Millionen Euro betroffen.

 

Bürgermeister Rüdiger Gennies (CDU) vertrat anschließend eine klare Meinung: „Für uns als Gemeinde sollten wir das Klagerisiko so weit wie möglich ausschließen und das können wir nur mit einem einheitlichen Hebesatz.“ Ähnlich sah dies sein Kämmerer, der dazu riet, „andere den Weg austreten zu lassen“: „Es gibt keine Pflicht zur Anwendung der differenzierten Hebesätze.“ Viel Diskussionsstoff für Reichshofs Politik bis Ende Dezember.

 

Gewerbesteuer bricht ein

 

Unerfreuliche Zahlen musste Kämmerer Dresbach auch in seinem aktuellen Haushaltsbericht verkünden. Hatte die Gemeinde für 2024 im Rahmen der Haushaltsplanungen im vergangenen Jahr noch mit einem Minus von 2,4 Millionen Euro geplant, steht sie aktuell bei einem Minus von 4,3 Millionen Euro. Bis zum Jahresende rechnet Dresbach nach Auflösung von Sonderposten und Abschreibungen sogar noch einmal mit einer Verschlechterung von bis zu 700.000 Euro.

 

Als Grund nannte der Kämmer die einbrechenden Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinde. Waren diese im vergangenen Jahr mit 23,6 Millionen Euro noch außergewöhnlich hoch, plante man für das aktuelle Haushaltsjahr vorsichtig mit 18,5 Millionen Euro. Aktuell fehlen aber selbst zu diesem Wert 4,1 Millionen Euro. Das Schicksal der Gewerbesteuer entscheide sich zwar stets im letzten Quartal, die Entwicklung in diesem Jahr bezeichnete Dresbach aber als „mehr als schleppend“. Erst am Dienstag habe er zwei „erhebliche Abgänge“ gehabt, die das Quartalsergebnis einbrechen lassen.

 

Das hinterlässt Spuren in der Liquidität der Gemeinde. Nach den Höhenflügen im vergangenen Jahr ist man nun wieder unter die Minuslinie gerutscht und muss Kassenkredite in Höhe von 5,1 Millionen Euro in Anspruch nehmen. Konnte man die Investitionskredite im Jahr 2024 bislang noch aus dem Kassenbestand finanzieren, ist für das letzte Quartal eine Kreditaufnahme geplant, um die Lücke zumindest ein wenig zu schließen. Im Ergebnis: Reichshofs Schulden werden wieder steigen.

KOMMENTARE

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Ich denke, es wird beim Thema Grundsteuer in jedem Fall zu Aufregungen in der Bevölkerung kommen, da die Grundsteuerlast ungerecht in der Bevölkerung verteilt ist. Bei ähnlich großem Grundstück und Haus bezahlen Besitzer deutlich älterer Häuser tendentiell teils deutlich weniger Grundsteuer als die Besitzer neuer Häuser. An sich okay, aber die Verhältnisse zwischen den Gruppen stimmen nicht. Ein Verwandter bezahlt bei ähnlicher Konstellation (Größe Haus und Grundstück) aber großem Altersunterschied der Häuser z.B. nur etwa die Hälfte wie bei uns mit dem neuerem Haus. Heißt nach der Reform werden die Verhältnisse etwas angeglichen und fairer verteilt. Ärgert aber natürlich manche Hausbesitzer, die jetzt mehr zahlen müssen.

Andreas , 10.10.2024, 07:36 Uhr
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Wir haben genau so ein älteres Haus. Bei uns steigt der Satz voraussichtlich um 91,46 %! Bei uns wurde der Garten der zuvor als Waldgebiet zählte als normales Bauland gerechnet. Da bei uns Außengebiet ist, darf überhaupt nichts gebaut werden. Dazu Ist es ein Steilhang an dem technisch auch nichts gebaut werden könnte. Auch das Baudatum des Hauses wurde falsch angenommen und somit die Restnutzungsdauer. Die Mieten sind nicht gleich hoch und die Erhaltungskosten sind höher als bei Neubauten. Wir mussten deswegen Einspruch einlegen. Bisher keine Antwort! Für mich stellt sich am Ende die Frage, bei wem ich dann Klage einreichen muss. Ich habe das Gefühl, dass die Gemeinde nur versucht um eigene Klagen herum zu kommen, statt die Sätze so an zu passen, dass es das fairste ist für die Bürger.

Daniel Meissner, 11.10.2024, 07:37 Uhr
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Herr Meissner, ich kann sie gut verstehen, allerdings zahlen das wir das, was sie beklagen jetzt schon etliche Jahre. Bei ihren +91 % hätte mein Verwandter immer noch weniger, als wir jetzt schon zahlen (bei ähnlicher Grundstücks- und Hausgröße). Natürlich ist die Lage komplex, aber vorher war es auch nicht richtig und auch unfair.... ich denke auch, diese Grundsteuerreform wird auch nicht die letzte gewesen sein ...
Die Gemeinde kann allerdings nur bedingt dafür. Würde man eine klageintensive Variante nehmen, würde das letztlich auch nur der Gemeinde kosten verursachen und damit die Grundsteuer erhöhen. Klagen sollte man wenn nötig, dann gegen den Messbescheid. Das wird langfristig vermutlich am ehesten helfen....

Andreas, 12.10.2024, 14:15 Uhr
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