REICHSHOF
Hitziger Streit im Gemeinderat um Schwimmbad-Aus in Wildbergerhütte
Reichshof - Scharfe Kritik und Zwischenrufe bestimmten die Vorstellung des Bürgerbegehrens zum Schwimmbad Bergerhof im Reichshofer Gemeinderat - Die Fronten wirken verhärtet.
Von Peter Notbohm
Die Diskussion um das Aus für die Sanierung des Schwimmbades Bergerhof in Wildbergerhütte (OA berichtete) nimmt weiter Fahrt auf. Am Dienstagabend kam es im Reichshofer Gemeinderat zu hitzigen Diskussionen zwischen Verwaltung, Lokalpolitik und Unterstützern der Bürgerinitiative, die sich für den Erhalt des Lehrschwimmbeckens einsetzen.
Selten dürfte eine Ratssitzung im Denklinger Rathaus so viel Interesse hervorgerufen haben. Etwa 80 Bürger füllten den Saal. Um ihnen Gehör zu verschaffen, wich die Politik sogar von den selbst auferlegten Spielregeln ab. Auf Antrag der FWO beschlossen die Fraktionen einstimmig, den Bürgern das Rederecht zu erteilen – abweichend von der sonst gültigen Geschäftsordnung. „Aus wichtigem Grund“, wie es der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Funke betonte. Zeit nahm man sich dann auch viel für das Thema. Rund zweieinhalb Stunden wurde diskutiert und gestritten.
Noch bevor die in Teilen emotionale und nicht immer sachliche Diskussion begann, stellten Natascha Leienbach, Liane Prübusch und Tanja Hacke, die drei Initiatorinnen der Bürgerinitiative, ihr Anliegen noch einmal vor (OA berichtete und OA berichtete). Sie warfen der Politik unter anderem vor, dass niemand mit den Ehrenamtlern gesprochen habe, was ein Aus des kleinen Lehrschwimmbeckens für Kinder in Reichshof und die DLRG-Ortsgruppe, die nun um ihre Zukunft bangt, bedeuten würde.
Hinterfragt wurde auch die Kostenschätzung der Gemeinde, die auf dem an alle Bürger versandten Info-Flyer „nicht korrekt dargestellt“ sei. Die Folgekosten seien „bewusst schlecht hochgerechnet“ worden. Gemutmaßt wurde außerdem, dass das Schwimmbad der Gemeinde aufgrund des Sanierungsstaus „schon immer ein Dorn im Auge“ gewesen sei. Hinterfragt wurden zudem die Ausgaben für den Denklinger Dreiklang (Eigenanteil: 1,28 Millionen Euro), die die Gemeinde weiterhin bereit sei, zu tragen.
Es gebe „genug Fragen, die Sie beantworten sollten“, meinte Natascha Leienbach in Richtung von Verwaltung und Politik. Die Wut vieler Bürger richtete sich vor allem gegen die CDU, die mit ihrem Antrag für das Schwimmbad-Aus das Ergebnis der Gespräche mit dem zweiten Fördermittelgeber nicht abgewartet habe. Bei einer Bewilligung wäre der Eigenanteil der Gemeinde für das 7,87 Millionen Euro teure Projekt auf 1,4 Millionen Euro geschrumpft.
Sarah Schmidt, Allgemeine Vertreterin des Bürgermeisters, stellte anschließend den Bürgern die Kostenschätzung im Detail vor und verwies darauf, dass der Gemeinde aufgrund des öffentlichen Vergabeverfahrens weitgehend die Hände gebunden seien, die Kosten seien durch die Bäder- und Gebäudeausrüstungs-Spezialisten „soluto plan“ erstellt worden. Auch sei aus ihrer Sicht das vielfach zitierte Schwimmbad in Arnsberg, das einige Millionen Euro billiger im Bau war, nicht mit dem in Wildbergerhütte zu vergleichen, da hier zum einen keine Fördergelder geflossen seien und der Bau zum anderen durch einen privaten Bäderbetrieb durchgeführt wurde. Zudem müsse auch die Stadt Arnsberg jährlich einen Betriebszuschuss von 400.000 Euro leisten.
Thomas Funke (CDU) nannte die Kritik der FWO „populistisch, zumal einige Falschinformationen gestreut wurden, die zu Verunsicherung der Bürger geführt haben“. Das Bad-Aus bezeichnete er als „schwierigste Entscheidung“ seiner politischen Karriere, „wir können die aktuellen Rahmenbedingungen aber nicht ausblenden“. Vor allem die jährlichen Folgekosten in Höhe von 400.000 Euro als Betriebszuschuss hätten die CDU angesichts der angespannten Haushaltslage dazu gezwungen.
Bürgermeister Rüdiger Gennies (CDU) ergänzte, dass allein die Folgekosten ungefähr 70-Grundsteuer B-Punkte mehr für den Steuerzahler bedeutet hätten. Anja Krämer (FDP) sparte nicht mit Kritik an ihren Ratskollegen, die es im Dezember „verpennt haben“, eine Vertagung der Thematik zu beantragen.
Anja Theis (SPD) warf CDU, FDP, Bürgermeister Gennies und „seinem Schattenbürgermeister“ René Kauffmann Entscheidungen in „Gutsherrenart in Hinterzimmern“ vor. Die Entscheidung, den 2,5 Millionen Euro schweren Förderbescheid zurückzugeben und den zweiten Förderantrag zurückzuziehen, nannte sie einen „Schelmenstreich“ und eine „Ohrfeige für das Land NRW, die uns als Gemeinde als unzuverlässig dastehen lässt“. Den Bürgermeister forderte sie auf, die Sanierung wieder aufzunehmen und unmittelbar nach neuen Fördermitteln zu suchen. Ein entsprechender Antrag wurde vom Rat mehrheitlich abgelehnt. Ebenso ein Antrag, eine Folgekostenrechnung für den Denklinger Dreiklang aufzustellen.
Christine Brach (ÖSL) erinnerte daran, dass es einen Ratsbeschluss von 2015 zum Erhalt aller Schwimmbäder in Reichshof gebe, der im Gegensatz zum Verbot der Netto-Neuverschuldung nie aufgehoben worden sei. Karl Bodo Leienbach (FWO) appellierte an CDU, FDP, Grüne und Bürgermeister, die Bad-Sanierung wieder aufleben zu lassen und gemeinsam nach einer kostengünstigen Lösung zu suchen.
Das Bürgerbegehren läuft noch bis zum 21. März. Bis dahin müssen 1.397 Unterstützer-Unterschriften (Quorum: neun Prozent) gesammelt werden, damit sich der Rat erneut mit der Thematik auseinandersetzen muss. Die Initiatoren der Bürgerinitiative konnten am Mittwoch auf OA-Nachfrage keine genauen Zahlen nennen, wie viele Unterschriften man bereits gesammelt habe, da noch etliche Listen im Umlauf seien. Die Ratssitzung mit ihrer offenen Diskussionsrunde und den Wortbeiträgen aus Reihen der Politik würden dem Bürgerbegehren enormen Rückenwind verleihen: „Es war ein Wachrütteln und ein großer Hilferuf an alle Reichshofer, die Sache selbst nochmals kritisch zu beäugen.“
KOMMENTARE
1
Wird das Schwimmbad vergoldet für den Preis? Sollen diejenigen die es wollen bezahlen wenn sie das Geld dafür haben ! Laẞt mich als Rentner mit den Belastungen in Ruhe!
U.N, 20.02.2025, 10:25 Uhr2
Kann die Gemeinde etwas zur Höhe der Beförderungskosten der Schulkinder sagen, die mit privaten Busunternehmen zum Schwimmen gefahren werden müssen? Wird eine zusätzliche Klimaschutzabgabe erwogen?
Manuela , 20.02.2025, 21:31 Uhr3
Das für einige wenige Interessenten die Allgemeinheit nur noch mehr belastet werden soll finde ich eine Frechheit. Dann muß man auf andere vorhandene Schwimmbäder ausweichen, mussten wir beim Schwimmenlernen damals auch!!
Uwe, 25.02.2025, 07:35 Uhr4
Die Bürgerinitiative sollte vielleicht Geld statt Stimmen sammeln. Schwimmen kann man den Kindern auch selber beibringen, auch wenn kein Schwimmbad im eigenen Ort vorhanden ist. Eigene Erfahrungen, reicht sogar der Urlaub.
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