LOKALMIX

Botschaft hinter den Steinen reicht bis ins Hier und Jetzt

lw; 30.10.2024, 10:14 Uhr
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Fotos: Lars Weber --- Frank Bohlscheid (v.li.), Vorstand der Oberbergischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Bürgermeisterin Larissa Weber und Pfarrer Thomas Seibel setzten die Stolpersteine ein.
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Botschaft hinter den Steinen reicht bis ins Hier und Jetzt

lw; 30.10.2024, 10:14 Uhr
Waldbröl – Drei Stolpersteine wurden vor dem Haus in der Kaiserstraße 33 verlegt – Gedenken an Schicksale erhalten und Auftrag an die jetzige Generation.

Von Lars Weber

 

Hermann Salomon. Erich Salomon. Carolina Salomon. Albert Elias. Gustav Elias. Hedwig Elias. Dem Leben und dem Schicksal dieser jüdischen Bürger aus Waldbröl, die von den Nazis getötet wurden oder die Flucht ins Ausland ergreifen mussten, wird bereits mit Stolpersteinen aus Messing des Künstlers Gunter Demnig gedacht. In der Hochstraße vor dem Haus mit der Nummer 30 und der Querstraße 9 sind die sechs Steine zu finden. Gestern sind drei weitere Stolpersteine dazugekommen. In der Kaiserstraße 33 kamen zu diesem Zweck rund 50 Waldbröler und Interessierte zusammen. Dort wohnten einst Meta und Hermann Bettelheiser sowie Fritz Meyer. Die Eheleute wurden beide 1942 ermordet. Fritz Meyer, dem Neffen von Meta Bettelheiser, gelang 1939 die Flucht nach England. Es sind die letzten Stolpersteine, die in Waldbröl verlegt werden konnten.

 

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Bürgermeisterin Larissa Weber freute sich über die große Resonanz, um an jene Menschen zu erinnern, die „einst Teil unserer Gesellschaft waren und durch das Unrecht und die Verfolgung des nationalsozialistischen Regimes alles verloren haben – ihre Heimat, ihre Freiheit, ihre Würde, ihr Leben“. Die Stolpersteine sollen an die Bettelheisers und Meyer erinnern. Sie zeigten aber auch, „dass Hass und Gewalt, wenn wir sie nicht besonders zurückweisen, jederzeit und überall zu schrecklichem Leid führen können“, so Weber weiter, die auch an aktuelle Ereignisse in der Welt erinnerte. „Antisemitismus und jede Form von Hass dürfen keinen Platz in unserer Gesellschaft haben.“ Auch deshalb hätten sie die Verantwortung, das Gedenken an die Opfer des Holocausts lebendig zu halten und sich dafür einzusetzen, dass solche Verbrechen nie wieder geschehen.

 

Frank Bohlscheid (Foto), Vorstand der Oberbergischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, habe selber schon sehen müssen, wie auf Stolpersteine gespuckt oder auf sie getreten worden sei. Er habe aber ebenso gesehen, wie Menschen sie poliert hätten oder Blumen ablegten. Sie würden zum Nachdenken anregen darüber, welches Unrecht in der Zeit des Nationalsozialismus geschehen ist, und „dass wir uns keinesfalls sicher wähnen dürfen, dass so etwas niemals wieder geschieht – leider!“ Er forderte dazu auf, „klare Kante“ zu zeigen gegenüber jenen, die all dies verharmlosen, relativieren oder vergessen machen wollen. „Das Böse ist nicht weg, es lauert auf seine Chance, wieder Fuß zu fassen. Dem müssen wir uns widersetzen.“ Auch Pfarrer Thomas Seibel rief dazu auf, sich zu erinnern und für die Menschlichkeit einzustehen.

 

Die Schicksale hinter den Steinen

 

In den vergangenen Jahren hat die Gesamtschule im Rahmen des Maus-Projekts Informationen zur Familie Bettelheiser recherchiert. Auf Grundlage dieser Recherche trugen Ranya (11) und Alisa (17) eine Rede vor, die auf das Leben der Eheleute Meta (Jahrgang 1885) und Hermann (Jahrgang 1877) einging. Hermann und Meta Bettelheiser besaßen ein Hutgeschäft in der Kaiserstraße 47, heute hat das Gebäude die Nummer 33. Meta Bettelheiser, geborene Gärtner, war verwandt mit Hedwig Elias aus der Querstraße, sie waren wohl Geschwister. 1938 ging es der Familie Bettelheiser sehr schlecht, da die nichtjüdische Bevölkerung ihr Geschäft mied und sie selbst nicht mehr am öffentlichen Leben teilnehmen durften, wie die Schüler schreiben. Im Herbst 1938 waren sie dann die letzte jüdische Familie in Waldbröl. Während der Novemberpogrome vom 9. auf den 10. November 1938 wurde das Geschäft der Familie demoliert und Hermann Bettelheiser im Laufe des Tages auf offener Straße misshandelt und gedemütigt. Kurz darauf flohen Hermann und Meta zur Familie Elias nach Köln-Ehrenfeld. Von dort wurden sie am 22. Oktober 1941 nach Lodz deportiert. Im Vernichtungslager Chełmno (Kulmhof) wurden sie im Mai 1942 ermordet.

 

Fritz Meyer (Jahrgang 1905) war ein Neffe von Meta Bettelheiser und wohnte ebenfalls im Haus. Er wurde 1938 von den Nazis in „Schutzhaft“ genommen und in KZ Dachau gebracht, bevor er 1939 nach England flüchtete.

 

 

Dank ging von Bürgermeisterin Weber an alle an der Verlegung Beteiligten, unter anderem Christoph Thiel aus der Verwaltung, Frederik Grundmeier vom LVR, Kreisarchivar Manfred Huppertz, an die Stiftung Spuren von Gunter Demnig und an die Hauseigentümer Klaus Reinholf und Heinz Joachim Dehler. Besonders dankte sie auch den Schülern der Gesamtschule, der Realschule und des Hollenberg-Gymnasiums, die das Programm rund um die Verlegung mit Gedichten, Klezmer-Musik und einem Vortrag gestaltet hatten.

 

 

Waldbröler Schüler sind es auch, die an anderer Stelle in der Marktstadt ein weiteres wichtiges Zeichen für Toleranz und Menschlichkeit setzen. So erneuern aktuell Fünftklässler der Gesamtschule den „Nie wieder Krieg“-Schriftzug. „Dafür stehen wir in Waldbröl, in der Region“, so Bürgermeisterin Weber.

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