LOKALMIX

Raus aus dem alten Job, rein in den Bus

lw; 29.01.2025, 08:00 Uhr
Foto: Lars Weber/Video: Michael Kleinjung --- Sie nehmen gerne den Bus (v.li.): Quereinsteiger Michael Friesen, OVAG-Geschäftsführerin Corinna Güllner (hinter), Fahrlehrer und Fahrschuleninhaber Alex Boger, OVAG-Personalreferentin Nikola Scholz und hinterm Steuer Quereinsteiger Flemming Reimers.
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Raus aus dem alten Job, rein in den Bus

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lw; 29.01.2025, 08:00 Uhr
Oberberg – Seit einem Jahr gibt es das Quereinsteigerprogramm der OVAG – Aus Hunderten von Bewerbungen wurden 16 Männer und Frauen ausgewählt – Erste Erfahrungen gesammelt.

Von Lars Weber

 

Not macht erfinderisch, sagt man ja gerne mal. Und in einer Ausnahmesituation befand sich die OVAG vor etwas mehr als einem Jahr allemal. Damals hatte der Teufelskreis, von dem Geschäftsführerin Corinna Güllner bei der Schilderung der damaligen Probleme spricht, den Höhepunkt erreicht. Die OVAG hatte zu wenig Fahrer. Die wenigen, die da waren, wurden durch viele Krankmeldungen immer mehr beansprucht. Diese wurden ihrerseits krank – oder kündigten direkt. Damals war ein Sonderfahrplan die nötige Reaktion, um die Abwärtsspirale zu durchbrechen – zumindest kurzfristig. Mittel- und langfristig sollte eine Personaloffensive Abhilfe schaffen. Ganz neu aus der Taufe gehoben wurde dafür der von der OVAG finanzierte Quereinstieg. Ein Jahr später ist nicht nur wieder der Regelfahrplan aktiv, sondern auch die ersten Quereinsteiger sitzen hinterm Steuer. Die OVAG hat zusammen mit OA Bilanz gezogen.

 

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Ausgewählt wurden seit dem Start drei Frauen und 13 Männer. Einer von ihnen ist Flemming Reimers - er ist durchaus ein typisches Beispiel für einen Busfahrer, der den Quereinstieg bei der OVAG erfolgreich gemeistert hat, wie Personalreferentin Nikola Scholz während des Termins bei der Fahrschule CityDriver in Gummersbach-Windhagen erzählt. Der 29-Jährige war vorher Berufskraftfahrer. „Wir haben ein paar ehemalige Lkw-Fahrer mit dabei.“ Wie Reimers schätzen die Kollegen das Fahren zwar, wollten aber mehr Planbarkeit – und Kontakt mit Menschen. „Auch aus der Produktion kommen einige Quereinsteiger.“ Bei der OVAG gebe es zwar auch ein Schichtsystem, aber eben nur zwei statt wie häufig in der Industrie drei Schichten.

 

44 Jahre sei das Durchschnittsalter der 16 Personen. Was zeigt: Die OVAG nimmt auch gerne Menschen mit mehr Lebenserfahrung. Oder bietet eben jungen Menschen wie dem Sicherheitstechniker Michael Friesen eine Chance (siehe Video), der gerade in den letzten Zügen des Programms ist und es kaum erwarten kann, auf die Strecke zu kommen.

 

Hunderte Bewerbungen hatte es zum Start des neuen Angebots gegeben, erinnert sich OVAG-Geschäftsführerin Corinna Güllner. Dieses ist verlockend für Menschen, die zwar Arbeit haben, sich aber verändern möchten: Die ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber bekommen den Führerschein der Klasse D zu 100 Prozent finanziert, wenn sie anschließend drei Jahre für die OVAG unterwegs sind. Sonst kostet der Führerschein 10.000 Euro. Die Vergütung erfolgt nach Tarif. Voraussetzungen sind ein Pkw-Führerschein der Klasse B, ein Mindestalter von 24 Jahren und gute Deutschkenntnisse.

 

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Die Ausbildungsdauer beträgt drei Monate, die ebenfalls vergütet ist. Diese Zeit verbringen die Bewerber vor allem in der Fahrschule CityDriver in Gummersbach-Windhagen bei Inhaber und Fahrlehrer Alex Boger. Nachdem der Papierkram erledigt ist – unter anderem wird ein Führungszeugnis eingeholt – laufen Theorie und Praxis parallel. Es gilt, eine Menge Stoff zu vermitteln, und das in Vollzeit. Wenn man den Führerschein der Klasse B schon zwei Jahre oder länger besitzt, stehen 58 Fahrstunden auf dem Programm. Sind es weniger, sind es sogar 89 Stunden. Wer wie Flemming Reimers bereits ein Lkw-Führerschein hat, der muss mindestens 22 oder 44 Stunden hinters Steuer eines Busses.

 

Die reine Führerscheinausbildung, so erzählt Boger, ist nach etwa sieben Wochen beendet für die Quereinsteiger. Dem schließt sich dann noch etwa vier Wochen die Ausbildung zum Berufskraftfahrer an, die bei der IHK mit einer Prüfung abgeschlossen wird. Eine sehr intensive Zeit. „Man merkt: Die Menschen wollen das, sie wollen arbeiten!“, so Boger. Von den 16 Personen, die im Laufe des Jahres an den Start gegangen sind, habe aber nur eine Person abgebrochen. Eine andere Person wolle das Unternehmen verlassen, was allerdings auch bedeuten wird, dass die OVAG die Kosten nicht vollständig übernehmen wird. Trotzdem sind alle Beteiligten mit dieser Quote sehr zufrieden.

 

Das Quereinsteigerprogramm ist selbstredend nicht der einzige Weg auf den Fahrersessel. Wer arbeitssuchend ist, kann sich über die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter informieren. Auch die Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb kann absolviert werden. Über die klassischen Wege bekommt die OVAG rund 30 Kräfte pro Jahr, die die natürliche Fluktuation bei aktuell insgesamt 260 Fahrerinnen und Fahrern gut auffangen können. Die Quereinsteiger wiederum sollen dazu beitragen, auch in schwierigen Zeiten mit hohen Krankenständen auf der Straße präsent bleiben zu können – und gar nicht erst wieder in solche Notsituationen zu geraten wie vor einem Jahr.   

 

Weitere Informationen zum Quereinsteigerprogramm gibt es hier.

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