POLITIK
Haushalt trotz 2,5 Millionen-Loch verabschiedet
Reichshof – Mit den Stimmen von CDU, FDP und Grünen werden Reichshofs Finanzen für 2023 verabschiedet – Sanierung der Schwimmhalle in Wildbergerhütte bleibt Reizthema zwischen den Parteien.
Von Peter Notbohm
Einigkeit herrschte bei der Verabschiedung des Reichshofer Haushalts in dieser Woche nur selten. Kaum einer der zusätzlichen Anträge der Parteien passierte den Gemeinderat einstimmig. Auch der Haushalt selbst wurde nur mehrheitlich mit Stimmen der CDU, FDP und Grünen verabschiedet. SPD und FWO stimmten mit ihren sieben Vertretern gegen das Zahlenwerk von Kämmerer Gerd Dresbach, die ÖSL-Fraktion enthielt sich.
Das strukturelle Defizit von 4,46 Millionen Euro wird durch die weiterhin mögliche Isolierung von Mehrkosten durch die Corona-Pandemie sowie den Ukraine-Krieg zwar fast halbiert. Um das 2,47 Millionen-Loch für 2023 auszugleichen, ist trotzdem der Griff in die Ausgleichsrücklage vonnöten. Eingeplanten Einnahmen von 48,94 Millionen Euro stehen Ausgaben in Höhe von 51,41 Millionen Euro gegenüber. Zu den letzten Beratungen aus dem Haupt- und Finanzausschuss (OA berichtete) äußerte Reichshofs Politik im Rahmen der Haushaltsreden noch einige Wünsche für die kommenden Monate.
„Wir können stolz auf unsere Wirtschaft sein“, sagte Thomas Funke (CDU) angesichts von 24,2 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen – ein absolutes Rekordniveau für die Gemeinde. Entsprechend stellten die Christdemokraten gemeinsam mit der FDP den Antrag, auf die für 2025 vorgesehenen Steuererhöhungen zu verzichten. Dies wurde bei einer Gegenstimmte und sieben Enthaltungen durchgewunken. Mehr Gegenwind gab es für den Antrag, die 125.000 Euro für Förderung von Photovoltaikanlagen im kommenden Jahr nur für die Installation von Anlagen auf gemeindlichen Gebäuden zu verwenden. Die Gegenstimmen von FWO und SPD reichten allerdings nicht aus.
Mehr Zustimmungen fanden die CDU-Anträge, 90.000 Euro für Investitionen im Bürgerpark Brüchermühle vorzusehen und zusätzliche 10.000 Euro für die Ausbildung der Feuerwehr einzuplanen (auch die Grünen hatten dies beantragt). Beidem wurde einstimmig zugestimmt. Kritische Worte fand Funke dagegen für die FWO. Die Sanierung des Schwimmbades in Wildbergerhütte „um jeden Preis“ bezeichnete er als „unverantwortlichen, finanzpolitischen Wahnsinn“. Man stehe zwar hinter der Sanierung, eine sachliche Diskussion müsse aber weiterhin möglich bleiben.
Mehr Klimaschutz forderten indessen die Sozialdemokraten. „Wir sind ein kleines Rädchen in einer globalisierten Welt, aber wir können viel bewegen“, sagte Anja Theis (SPD), man müsse klotzen und nicht kleckern, um den menschengemachten Klimawandel in den Griff zu kriegen. Der Antrag, den Beschluss des Verbots der Nettoneuverschuldung zugunsten des Klimaschutz aufzugeben, fand allerdings nur bei der ÖSL-Fraktion Zustimmung und wurde abgelehnt. Auch die Forderung nach der Einstellung eines Klimaschutzmanagers wurde mit Gegenstimmen der CDU, FDP und FWO verhindert.
Reinhard Krumm (FWO) nutzte die Haushaltsrede, um sich erneut für die Sanierung des Schwimmbads in Wildbergerhütte stark zu machen. „Die Sanierung muss ohne Wenn und Aber durchgeführt werden. Nur damit kann das beschädigte Vertrauen in bestehende Absprachen wiederhergestellt werden!“ Seine Partei sehe dies als absolutes K.o.-Kriterium für die diesjährigen, aber auch künftige Haushaltsüberlegungen: „Wir werden extrem kritisch über jede weitere größere Investition nachdenken, die durch Einsparungen beim Schwimmbad in den Genuss eingesparter Gelder kommt.“ Eine übereilte Schließung wie in Brüchermühle dürfe sich nicht wiederholen. Auch ohne eine deutliche Reduzierung der Kreisumlage werde die FWO dem Haushalt weiterhin nicht zustimmen, so Krumm.
Jürgen Barth (Grüne) wehrte sich anschließend gegen den Vorwurf, auf die Schließung des Schwimmbades gezielt hinzuarbeiten, betonte aber, dass die Diskussion gezeigt habe, „dass die Notwendigkeit besteht, dem Nutzen einer solchen Einrichtung auch einen angemessenen Kostenrahmen zu gestatten“. Kritik äußerte er auch am Wirtschaftsplan für das Wasserwerk und Abwasserwerk. Die Verschuldung werde 2023 mehr als 40 Millionen Euro betragen. „Eine Entspannung ist nicht zu erwarten, eher das Gegenteil“, so Barth. Der Grünen-Antrag, der Musikschule Werdin einen 90.000 Euro-Zuschuss mit Sperrvermerk zu bewilligen, wurde mehrheitlich abgelehnt.
Für Anja Krämer (FDP) sind die goldenen Zeiten dagegen endgültig vorbei: „Es sind nicht mehr alle Wünsche zu erfüllen.“ Angesichts des Sanierungsstaus bei Schulen, Straßen und Brücken müsse man bei zukünftigen Investitionen sehr genau abwägen, was machbar sei und was nicht. Stark machte sie sich zudem für den Erhalt der Kultur- und Touristikangebote: „Sie sind nicht nur Aushängeschilder, sondern tragende Säulen der Lebensqualität in Reichshof.“
Christine Brach (ÖSL) sah sich nach den dynamischen Veränderungen der Eckdaten für den Haushalt in den letzten Wochen nicht in der Lage eine Haushaltsrede zu halten und beließ es bei einem Statement. Sie kritisierte, dass fast alle Beratungen in den Ausschüssen von unterschiedlichen Haushaltsplanentwürfen ausgingen und die Fraktionen über die vorgenommenen Änderungen nicht zeitgerecht informiert worden wären. Während der ÖSL-Antrag den LED-Ausbau bei der Straßenbeleuchtung zu beschleunigen mehrheitlich bei einer Gegenstimme angenommen wurde, wurden die Vorschläge zur Einrichtung einer geförderten Stelle einer externen Fachkraft zum Thema „Klima/Klimawandelfolgen“ bei der Wirtschaftsförderung sowie die Einführung eines interaktiven Haushalts wie in Lindlar, Morsbach, Radevormwald und Wipperfürth an den Bauausschuss und den Haupt- und Finanzausschuss verwiesen.
Erhöht wurde auf Antrag der Verwaltung zudem der Betriebskostenzuschuss für das monte mare von 630.000 auf 810.000 Euro (7 Gegenstimmen und 4 Enthaltungen). Der Zuschuss für das Tierheim wurde um 30 Cent pro Einwohner angehoben, zudem Zuschüsse von jährlich 25.000 Euro bis 2026 für den Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ bewilligt (beides einstimmig). Bei sechs Enthaltungen angehoben wurden außerdem die Sitzungsgelder für den Gemeinderat um 15.000 auf 195.000 Euro. Hier hatte die Reichshofer Politik allerdings keine echte Wahl, da es sich um eine Vorgabe der Landesregierung handelt.
KOMMENTARE
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„Jürgen Barth (Grüne) wehrte sich anschließend gegen den Vorwurf, auf die Schließung des Schwimmbades gezielt hinzuarbeiten, betonte aber, dass die Diskussion gezeigt habe, „dass die Notwendigkeit besteht, dem Nutzen einer solchen Einrichtung auch einen angemessenen Kostenrahmen zu gestatten“.“ und gleichzeitig:
„Erhöht wurde auf Antrag der Verwaltung zudem der Betriebskostenzuschuss für das monte mare von 630.000 auf 810.000 Euro“
Fühlt sich außer mir eigentlich sonst niemand aus Reichshof absolut verschaukelt von unserer Gemeinde? Wildbergerhütte wird kaputtgespart wo es nur geht. Hauptsache die Perle Eckenhagen strahlt. Und trotzdem wird seit Jahrzehnten weiter brav CDU gewählt… Wer dieser den Steigbügel hält ist irrelevant.
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