BERGNEUSTADT
Bergneustadts Politik positioniert sich gegen den Verkauf des Wasserwerks
Bergneustadt – Eine deutliche Mehrheit will nicht die Hoheit über das eigene Wasserwerk verlieren – Antrag für öffentliche Trinkwasserspender erneut vertagt.
Von Peter Notbohm
Finanziell geht es der Stadt Bergneustadt schlecht. 6,7 Millionen Euro beträgt allein das Defizit für den Ende Januar eingebrachten Haushalt 2025 (OA berichtete), die Schuldenlast droht die Stadtkasse in den kommenden Jahren zu erdrücken. Bürgermeister Matthias Thul (CDU) sprach in seiner Haushaltsrede von einer „katastrophalen Situation“, die die Stadt in das Haushaltssicherungskonzept (HSK) zwingen wird. Gespart werden muss an allen Ecken und Enden.
Einer dieser möglichen Sparvorschläge: Die Vergabe des städtischen Wasserwerks an die AggerEnergie. Gleichzeitig soll die Beteiligung der Stadt an dem Unternehmen (derzeit 3,0859 Prozent) erhöht werden. Von Bergneustadts Politik wird dieser Vorschlag allerdings weitgehend abgelehnt. Vertreter mehrerer Fraktionen äußerten sich am Dienstagabend im Betriebsausschuss Wasserwerk kritisch über eine mögliche Vergabe – auch wegen der schlechten Erfahrungen aus der Vergangenheit.
Zur Geschichte: Bereits 2005 hatte es unter dem damaligen Bürgermeister Gerhard Halbe Verhandlungen mit den an der Stromversorgung Aggertal und der Gasgesellschaft Aggertal beteiligten Gemeinden und der GEW RheinEnergie über die Gründung eines Energie-Verbundunternehmens gegeben. 2007 wurde schließlich beschlossen, die Einbringung des Wasserwerks als Sacheinlage nicht weiter zu verfolgen. Abgeschlossen wurde lediglich ein Dienstleistungsvertrag mit der AggerEnergie für die Geschäftsführung. 2015 ging die Geschäftsführung unter enormen Aufwand schließlich wieder in die Hand des Bergneustädter Rathaus.
Stephan Hatzig (SPD) erinnerte an die Gründe dafür: „Wir haben als Stadt ganz schlechte Erfahrungen gemacht. Es gab ein Chaos bei den Abrechnungen. Ich sähe dieselben Probleme wiederkommen.“ Die aktuelle Führung des Wasserwerks arbeite dagegen nahezu störungsfrei, zudem führe das Wasserwerk jährlich einen mittleren sechsstelligen Betrag an den städtischen Haushalt ab. „Ein wichtiger Grund es im eigenen Haus zu halten“, so Hatzig.
Ähnlich äußerte sich Isolde Weiner (CDU), die Stadt profitiere in nicht unerheblichem Ausmaß: „Wir reden von einem Betrag von 300.000 bis 600.000 Euro. Das muss uns erstmal jemand sicherstellen. Außerdem würde wir viel von unserer Hoheit abgeben.“ Der Ausschussvorsitzende Roland Wernicke (Grüne) verwies darauf, dass die Stadt bei einer Vergabe jeglichen Einfluss auf die Preisentwicklung verlieren würde: „Am Ende muss es der Bürger zahlen.“ Zudem kritisierte er, dass die Gewinne des Wasserwerks bei einer Vergabe fortan zu über 60 Prozent erst einmal an die Aktionäre der rhenag Rheinische Energie AG, dem Hauptgesellschafter der AggerEnergie, gehen würden.
Kämmerin Janina Hortmann verwies darauf, dass Anteile an der AggerEnergie sehr wertvoll seien. Wenn man diesen Wert steigern könne, würde sich die Haushaltslage verbessern. Im noch zu beschließenden Haushaltssicherungskonzept stehe bislang aber nur die Prüfung einer möglichen Vergabe, keine vollendeten Tatsachen. Das sei für die Prüfung des HSK durch die Bezirksregierung Köln zwingend notwendig: „Diese würde eine Prüfung auf jeden Fall veranlassen. Wenn wir das HSK genehmigt haben, können wir eine Vergabe unter eigenen Gesichtspunkten prüfen.“
Öffentliche Trinkwasserspender könnten zu teuer werden
Der CDU-Vorstoß für öffentliche Trinkwasserspender im Bergneustädter Stadtgebiet (OA berichtete) wurde erneut vertagt. Aus Reihen der Verwaltung hieß es am Dienstag, dass sich die Sachlage seit der letzten Sitzung nicht verändert habe. Zum Problem wird weiterhin die Finanzierung. Im Rathaus prüfe man derzeit die Möglichkeit eines Förderprogramms. Für eine Umsetzung sei es aber ohnehin noch zu früh, da man die Wasserspender aufgrund der aktuellen Witterung vor Mai nicht installieren könne.
Isolde Weiner (CDU) dazu: „Was uns erdrücken wird, sind die Folgekosten. In Nachbarorten gibt es bereits Überlegungen, Trinkwasserspender wieder abzuschaffen, weil die Folgekosten nicht tragbar sind.“ Nach gesetzlichen Vorgaben müssen Trinkwasserspender einmal täglich desinfiziert und einmal wöchentlich beprobt werden. Eine Anfrage, ob KI zu Personalersparnissen bei der technischen Prüfung der Spender hilfreich sein könnte, ergab, dass die Technik noch nicht so weit entwickelt sei. „Hoffentlich wissen wir im Mai mehr, was unseren Haushalt angeht“, so Weiner.
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